22. Der junge Medandus box 26/6
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Lockenkopf Gunthers gar nicht vornehm aus. Auch hier die künst¬
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lerische Intention in allen Ehren. Der Sohn Gibichs ist gewiß keine beson¬
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dere geistige Potenz. Immerhin aber nächst Siegfried die bedeutendste
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Heldengestalt seiner Sphäre. Es ist uns unklar, warum Weide¬
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mann, früher in dieser Rolle so vortrefflich, diesmal so im Apa¬
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thischen befangen blieb. Der Siegfried Schmedes hob sich nament¬
lich in der großen Erzählung vor der Todesszene zu bedeutendster dar¬
stellerischer und gesanglicher Höhe. Keine besonders glückliche Figur
ist die Gutrune der Frau Gutheil-Schroder; neu bewährt haben
sich Frau Cahier (Erda) und Haydter (Alberich). Die Damen
Kiurina, Pohlner und Kittel präsentierten ein bis auf kleine
Intonationsschwankungen schönklingendes Rheintöchterterzett. Die Auf¬
führung wurde mit unendlichem, größtenteils berechtigtem Jubel auf¬
genommen. Nur daß beim jedesmaligen Erscheinen Weingartners die
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Klatscher und Zischer ihr albernes Wesen trieben, war ein ebenso
lächerlicher als unwürdiger Introitus zu den drei Akten der Götter¬
Wann werden die Wiener endlich einige Lebensart an¬
dämmerung.
A.
nehmen?
Der junge Medardus.
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Dramatische Historie von Arthur Schnitzler.
Burgtheater, 24. November 1910.
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Medardus Klähr: „Gott wollte ihn zum Helden schaffgh, der Lauf
der Dinge machte einen Narren aus ihm“. Nein, Gott wollte ihw hicht
zum Helden schaffen. Medardus Klähr verblutet nach fürfzehn be¬
*
stattungsreichen Bildern an dem Mißverständnis: Gott wollte ihn zum
Helden schaffen. Ein Opfer mehr in dem nekrophilen Massacre, Das
Drehen und Sichwinden nützt nichts. Man kommt dieser dramätischen
Historie nicht bei mit hypothetischen Sätzen, umgürten wir uns mit
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dem ganzen Stolze schöner Adversativbemerkungen, sagen wir tausend¬
mal, freilich aber, allerdings ...: der junge Medardus ist doch am
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24. November 1910 am Glacis gefallen, weil Arthur Schnitzler einen
Helden aus ihm machen wollte, indeß der Lauf der Dinge sich anders
entschied. Es ist ja nicht leicht, das zu sagen, tritt doch diesem Be¬
kenntnis die Bewunderung gegenüber, die wir für den Dichter haben, der
Schritt um Schritt immer mehr und mehr in die Tiefe ging, mit immer
genialerer Zusammenraffung und immer helisichtigeren Augen das Ge¬
heimste gewahrte, wenn wir noch ein wenig geblendet vor dem Ge¬
heimen verweilten.
Der Atem einer großen Zeit rauscht auf. Wien, das Jahr 1809.
Alles in eine unruhige, flirrende, mit dem rein Bildhaften überschwem¬
mende Fülle aufgelöst. Das Schicksal des jungen Medardus soll sich wie
dunkler Samt, der in schweren, traurigen Falten fließt, von diesem
scheckigen Flick-Flack heben. Die große Zeit wird zur Folie für
ein Schicksal, das so seltsam ist, daß ihm ein nüchterner Rahmen,
*
eine Zeit ohne Gebärden, nicht unterlegt werden darf. Eine Zeit, die
selbst ein Schicksal bedeutete, wird zum Kostüm, in dem sich ein
persönliches Schicksal bewegen soll. Es ist zu viel Kostüm geworden,
das die Nacktheit eines Schicksals, das es einspannt, nicht mehr ahnen
läßt. Schnitzler hat sich an das Milieu verschwendet. Ein Porträt war
hier versprochen und man hat Halsbinde und Knöpfe, Faltenwurf und
Armkrause bekommen. Hier ist das Jahr 1809 und darunter auch Me¬
dardus Klähr. Aber es hätte doch der junge Medardus im Jahre 1809
werden sollen. Diese Hingabe an das Milieu trug die Gefahr einer
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bekömmlichen Billigkeit in sich.
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Da ist eine Zeit, glühend wohl, aber ohne die nötigen Kalorien,
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um die Metalle großer Schicksale schmelzen zu können. Nur kleine
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Schicksale kamen in Fluß, aber sie stockten in Schönbrunn. Dort ver¬
kühlte die Lava vor der eisigen Hoheit Bonapartes, der Europa seine
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Heldengestalt seiner Sphäre. Es ist uns unklar, warum Weide¬
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thischen befangen blieb. Der Siegfried Schmedes hob sich nament¬
lich in der großen Erzählung vor der Todesszene zu bedeutendster dar¬
stellerischer und gesanglicher Höhe. Keine besonders glückliche Figur
ist die Gutrune der Frau Gutheil-Schroder; neu bewährt haben
sich Frau Cahier (Erda) und Haydter (Alberich). Die Damen
Kiurina, Pohlner und Kittel präsentierten ein bis auf kleine
Intonationsschwankungen schönklingendes Rheintöchterterzett. Die Auf¬
führung wurde mit unendlichem, größtenteils berechtigtem Jubel auf¬
genommen. Nur daß beim jedesmaligen Erscheinen Weingartners die
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Klatscher und Zischer ihr albernes Wesen trieben, war ein ebenso
lächerlicher als unwürdiger Introitus zu den drei Akten der Götter¬
Wann werden die Wiener endlich einige Lebensart an¬
dämmerung.
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Der junge Medardus.
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Dramatische Historie von Arthur Schnitzler.
Burgtheater, 24. November 1910.
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Medardus Klähr: „Gott wollte ihn zum Helden schaffgh, der Lauf
der Dinge machte einen Narren aus ihm“. Nein, Gott wollte ihw hicht
zum Helden schaffen. Medardus Klähr verblutet nach fürfzehn be¬
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stattungsreichen Bildern an dem Mißverständnis: Gott wollte ihn zum
Helden schaffen. Ein Opfer mehr in dem nekrophilen Massacre, Das
Drehen und Sichwinden nützt nichts. Man kommt dieser dramätischen
Historie nicht bei mit hypothetischen Sätzen, umgürten wir uns mit
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dem ganzen Stolze schöner Adversativbemerkungen, sagen wir tausend¬
mal, freilich aber, allerdings ...: der junge Medardus ist doch am
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24. November 1910 am Glacis gefallen, weil Arthur Schnitzler einen
Helden aus ihm machen wollte, indeß der Lauf der Dinge sich anders
entschied. Es ist ja nicht leicht, das zu sagen, tritt doch diesem Be¬
kenntnis die Bewunderung gegenüber, die wir für den Dichter haben, der
Schritt um Schritt immer mehr und mehr in die Tiefe ging, mit immer
genialerer Zusammenraffung und immer helisichtigeren Augen das Ge¬
heimste gewahrte, wenn wir noch ein wenig geblendet vor dem Ge¬
heimen verweilten.
Der Atem einer großen Zeit rauscht auf. Wien, das Jahr 1809.
Alles in eine unruhige, flirrende, mit dem rein Bildhaften überschwem¬
mende Fülle aufgelöst. Das Schicksal des jungen Medardus soll sich wie
dunkler Samt, der in schweren, traurigen Falten fließt, von diesem
scheckigen Flick-Flack heben. Die große Zeit wird zur Folie für
ein Schicksal, das so seltsam ist, daß ihm ein nüchterner Rahmen,
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eine Zeit ohne Gebärden, nicht unterlegt werden darf. Eine Zeit, die
selbst ein Schicksal bedeutete, wird zum Kostüm, in dem sich ein
persönliches Schicksal bewegen soll. Es ist zu viel Kostüm geworden,
das die Nacktheit eines Schicksals, das es einspannt, nicht mehr ahnen
läßt. Schnitzler hat sich an das Milieu verschwendet. Ein Porträt war
hier versprochen und man hat Halsbinde und Knöpfe, Faltenwurf und
Armkrause bekommen. Hier ist das Jahr 1809 und darunter auch Me¬
dardus Klähr. Aber es hätte doch der junge Medardus im Jahre 1809
werden sollen. Diese Hingabe an das Milieu trug die Gefahr einer
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bekömmlichen Billigkeit in sich.
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Da ist eine Zeit, glühend wohl, aber ohne die nötigen Kalorien,
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um die Metalle großer Schicksale schmelzen zu können. Nur kleine
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Schicksale kamen in Fluß, aber sie stockten in Schönbrunn. Dort ver¬
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