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22. Der junge dardus
(Galer
W
gangenen Zeiten spielenden Ein¬
Vergangenheit. Schönherrs Tragö¬
aktern J. V. Widmanns („Lysan¬
die eines Volkes versetzt in die Zeit
ders Mädchen" und „Das Urteil
der Gegenreformation, Artur
des Paris“) zu einem kulturhistori¬
Schnitzlers dramatische Historie
schen Lustspielabend zusammenge¬
„Der junge Medardus“ will ein
spannt wurde, und das andere Mal
Stück Alt=Wien im farbigen Ab¬
entführte er uns gar in die Nie¬
glanz jener bewegten Tage veran¬
derlande der Rubenszeit, um in
schaulichen, da Napoleon seine Resi¬
einem mit Rudolf Lothar gemein¬
denz in Schönbrunn aufgeschlagen
sam skandierten Reimspiel „Die drei
hatte; in seiner bizarren Komödie
Grazien“ eine Lanze für die Nackt¬
„Königin Christine“ unternimmt es
kultur zu brechen. Ziehe ich noch
August Strindberg, ein dramatisches
das von Joseph Kainz nachgelassene
Gemälde der vielverlästerten Frau
Fragment einer biblischen Tragö¬
zu entwerfen, der Tochter des
die „Saul“ hinzu und geselle ich
schlichten Soldatenkönigs Gustav
ihm E. von Keyserlings Komödie
Adolf, die einen Gelehrten= und
„Benignens Erlebnis“ eine fein
Minnehof um Schwedens Thron
und innig wiedergegebene Episode
versammelte und, als der heimische
aus dem Wiener Revolutionsjahr,
Puritanismus ihr ihre Liebhabe¬
dann mag daraus ersehen werden,
reien und Liebeleien wehren wollte,
daß es der Spielplan der Wiener
beherzt den Kronreif hinwarf, um
Bühnen an historisch=ethnographi¬
zu Innsbruck katholisch zu werden;
scher Buntscheckigkeit nicht fehlen ließ.
Otto Anthes erweckt in seinem dra¬
Man wird sich vor allzu ein¬
matischen Versuch, dem Lustspiel
fachen Verallgemeinerungen hüten.
„Frau Juttas Untreue", Erinne¬
Aber der Zufall allein genügt doch
rungen an jene Zeit, da die Fürsten
nicht als Erklärungsgrund für diese
der deutschen Kleinstaaten ihr Leben
Hingabe unsrer dramatischen Dich¬
im Rokokostil vertändelten; Eduard
ter an die Vergangenheit. Da ist
Stucken beschwört in „Lanväl“, dem
doch wohl das starke allgemeine Be¬
zweiten seiner drei Gralsdramen,
streben am Werke, die Bewegungs¬
die ritterliche Tafelrunde des Kö¬
freiheit in der Darstellung von all¬
nigs Artus; und Hans Müller ist
gemein=menschlichen Ideen, Leiden¬
mit seinem romantischen Schauspiel
schaften und Charakteren wiederzu¬
„Das Wunder des Beatus“ der
erlangen. Die Gegenwart und ihre
Sonne des Bayreuther Genius zu
Darstellung ist einer zu strengen
nahe geraten und, einmal aus der
Aussicht unsres durch den Natura¬
Bahn seiner im Alltäglichen wur¬
lismus geschärften und anspruchs¬
zelnden Begabung geworfen, nicht
voll gewordenen Wirklichkeitssinnes
mehr aus der Anziehungssphäre
unterworfen. Und dazu kommt ein
des „Lohengrin“ gekommen, wie leb¬
äußerer Grund: der Fortschritt uns¬
haft er auch bemüht war, moderne
rer Ausstattungs= und Inszenie¬
psychologische Wege zu beschreiten.
rungstechnik, die nach neuen Stil¬
Selbst Oskar Blumenthal ist uns
prinzipien, nach einem Ausgleich
heuer im Kostüm der Vergangenheit
zwischen zu viel und zu wenig sucht.
gekommen. Sogar schon zweimal,
Und beides, jenes dichterische wie
weil es ihm die Konjunktur zu ge¬
dieses theatralische Bestreben, ar¬
bieten schien. Einmal allein in
beiten zunächst mit verworrenen
einem einaktigen Nokokospiel „Der
und oft haltlosen Mitteln.
schlechte Ruf“, das vom Burgtheater
Die meisten der angeführten
mit zwei gleichfalls in längst ver¬
231
Ii. Märzbeit bu.
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22. Der junge dardus
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gangenen Zeiten spielenden Ein¬
Vergangenheit. Schönherrs Tragö¬
aktern J. V. Widmanns („Lysan¬
die eines Volkes versetzt in die Zeit
ders Mädchen" und „Das Urteil
der Gegenreformation, Artur
des Paris“) zu einem kulturhistori¬
Schnitzlers dramatische Historie
schen Lustspielabend zusammenge¬
„Der junge Medardus“ will ein
spannt wurde, und das andere Mal
Stück Alt=Wien im farbigen Ab¬
entführte er uns gar in die Nie¬
glanz jener bewegten Tage veran¬
derlande der Rubenszeit, um in
schaulichen, da Napoleon seine Resi¬
einem mit Rudolf Lothar gemein¬
denz in Schönbrunn aufgeschlagen
sam skandierten Reimspiel „Die drei
hatte; in seiner bizarren Komödie
Grazien“ eine Lanze für die Nackt¬
„Königin Christine“ unternimmt es
kultur zu brechen. Ziehe ich noch
August Strindberg, ein dramatisches
das von Joseph Kainz nachgelassene
Gemälde der vielverlästerten Frau
Fragment einer biblischen Tragö¬
zu entwerfen, der Tochter des
die „Saul“ hinzu und geselle ich
schlichten Soldatenkönigs Gustav
ihm E. von Keyserlings Komödie
Adolf, die einen Gelehrten= und
„Benignens Erlebnis“ eine fein
Minnehof um Schwedens Thron
und innig wiedergegebene Episode
versammelte und, als der heimische
aus dem Wiener Revolutionsjahr,
Puritanismus ihr ihre Liebhabe¬
dann mag daraus ersehen werden,
reien und Liebeleien wehren wollte,
daß es der Spielplan der Wiener
beherzt den Kronreif hinwarf, um
Bühnen an historisch=ethnographi¬
zu Innsbruck katholisch zu werden;
scher Buntscheckigkeit nicht fehlen ließ.
Otto Anthes erweckt in seinem dra¬
Man wird sich vor allzu ein¬
matischen Versuch, dem Lustspiel
fachen Verallgemeinerungen hüten.
„Frau Juttas Untreue", Erinne¬
Aber der Zufall allein genügt doch
rungen an jene Zeit, da die Fürsten
nicht als Erklärungsgrund für diese
der deutschen Kleinstaaten ihr Leben
Hingabe unsrer dramatischen Dich¬
im Rokokostil vertändelten; Eduard
ter an die Vergangenheit. Da ist
Stucken beschwört in „Lanväl“, dem
doch wohl das starke allgemeine Be¬
zweiten seiner drei Gralsdramen,
streben am Werke, die Bewegungs¬
die ritterliche Tafelrunde des Kö¬
freiheit in der Darstellung von all¬
nigs Artus; und Hans Müller ist
gemein=menschlichen Ideen, Leiden¬
mit seinem romantischen Schauspiel
schaften und Charakteren wiederzu¬
„Das Wunder des Beatus“ der
erlangen. Die Gegenwart und ihre
Sonne des Bayreuther Genius zu
Darstellung ist einer zu strengen
nahe geraten und, einmal aus der
Aussicht unsres durch den Natura¬
Bahn seiner im Alltäglichen wur¬
lismus geschärften und anspruchs¬
zelnden Begabung geworfen, nicht
voll gewordenen Wirklichkeitssinnes
mehr aus der Anziehungssphäre
unterworfen. Und dazu kommt ein
des „Lohengrin“ gekommen, wie leb¬
äußerer Grund: der Fortschritt uns¬
haft er auch bemüht war, moderne
rer Ausstattungs= und Inszenie¬
psychologische Wege zu beschreiten.
rungstechnik, die nach neuen Stil¬
Selbst Oskar Blumenthal ist uns
prinzipien, nach einem Ausgleich
heuer im Kostüm der Vergangenheit
zwischen zu viel und zu wenig sucht.
gekommen. Sogar schon zweimal,
Und beides, jenes dichterische wie
weil es ihm die Konjunktur zu ge¬
dieses theatralische Bestreben, ar¬
bieten schien. Einmal allein in
beiten zunächst mit verworrenen
einem einaktigen Nokokospiel „Der
und oft haltlosen Mitteln.
schlechte Ruf“, das vom Burgtheater
Die meisten der angeführten
mit zwei gleichfalls in längst ver¬
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Ii. Märzbeit bu.
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