II, Theaterstücke 22, Der junge Medardus. Dramatische Historie in einem Vorspiel und fünf Aufzügen (Altwiener Stück, Doppelselbstmord), Seite 354

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1
Aber auch in den Charakteren der vier Träger der Hand¬
erschienenen) Einakt
theaterzensur denn gar nichts Bedeutenderes? Also Dorothh
lung finden sich neben den kolportagehaft=romantischen
Von den drei Schau
reitet. Wen? Ihren Bruder Arnold Faringay. Dieser im
Hauptzügen so viel mit seinem Blicke dem tieferen Innen¬
sind, sind das erste,
Schauspiel selbst nicht sehr sympathisch erscheinende junge
leben abgelauschte echte Züge, daß im Zuschauer eine ver¬
das dritte, die Burl
Mann hat sich durch ein schwindelhaftes Animierbureau zu
ärgerte Stimmung nicht aufsommt, daß vielmehr in ihm
tige Narionettenspie
gewagten Börsenspekulationen verführen lassen und hat, als
den größeren Teil des Theaterabends ein Gefühl des un¬
liche Schaubühne. 20
die Sache schief ging und Nachschuß gefordert wurde, drei¬
gemischten Behagens herricht. Und seien wir ehrlich! Daß
aufgeführt: den „Pu#
tausend Pfund aus den Geldern seiner Firma veruntreut,
sich zwei, die einander lieb haben, zuletzt fürs Leben be¬
Bassermann verkörp
bei der er unglaubliches Vertrauen genießt. (Das Geschäft¬
kommen, daß ein einmal Gefallener durch seinen Fehl¬
großen Wurstel“ ist
liche und Kaufmännische in dem Drama steht auf sehr schwa¬
tritt nicht für immer vernichtet, sondern von einer gütigen
unheimlichen Leben
chen Füßen.) Arnold war vor der Defraudation brav bis
Hand wieder auf den rechten Weg geleitet wird, daß der
akter in einem Mari
zur Bewußtlosigkeit. Er und sein Schwesterchen Dorothy sind
Dichter nicht den Tod der schönen Sünderin will, sondern
mit enem bei Schnit
Waisen, und er hat seiner Dorothy in aufopferungsvollster
daß sie lebe und sich bekehre: das freut uns auf der Bühne
metaphorisch gemeint
Weise die Mutter und den Vater ersetzt. Darum hat De¬
steis, wenn es vom Verfasser nur einigermaßen so arran¬
und Leiden so häufig
rothy jetzt nur den einen Gedanken: ihn zu retten. Nur
giert wird, daß es sich mit unserem modernen Empfinden
Unsichtbare lenkt! 1
Herr Ingenieur Edward Thursfield kann bei einer bevor¬
verträgt!
stehenden Revision die Unterschlagung entdecken. Thursfield
Schnitler stellt sich d
Ale Dorothy debülierte Fräulein Marberg, die sich
dar, dessen Zweck, V
fährt eben nach St. Morit, um sich beim Wintersport etwas
im Deutschen Volkstheater langsam zu einem Liebling der
tuenden kennt oder g
zu erholen. Dorothy reist ihm nach, sucht seine Bekannt¬
Wiener emporgearbeitet hat. Ihr fehlt der große tragische
„Grünen Kakadu“ o
schaft, macht ihn toll verliebt und verlobt sich mit ihm. Sie
Aufschrei, wahrscheinlich auch (im eigenen Leben) die Lei¬
sonderen ist „Der
weiß, daß er ihr nunmehr keine Bitte abschlagen wird.
denschaft des Herzens. Aber sie besitzt dafür einen fast voll¬
lieben Gott ins Han
Zwar ist Dorothy — ein lieber Schneck! — mit einem Ju¬
wertigen Ersatz: die mertwürdige Gabe, auf dem Theater
Menschenschicksalen zu
gendfreunde Arnolds, Herrn Walter Gresham, verlobt. Aber
immer so zu erscheinen, als sei sie aller Leidenschaften des
theaters aber erscheine
das tut nichts. Gleich nach der gewissen Revision wird Do¬
menschlichen Herzens randvoll und als hindere sie in jedem
steller, die an Drähte
rothy dem Ingenieur den Abschied geben. Es handelt sich
einzelnen Augenblicke nur eine übermenschliche Selbstzucht,
stellen haben. „Der t
bloß darum, daß der eine Bräutigam nicht zufällig von der
eine durch hohe Kultur erworbene Bändigung seelischer
zige wirkliche Puppen
Existenz des andern etwas erfahre und umgekehrt. So viel
Eruptionen, das Meer ihres Herzens überfließen und aus¬
hat. Es ist ein entzüch
Niedertracht fördert die gute — bei Rührkomödien, die gut
strömen zu lassen. So sagt diese Künstlerin mit einem
freundliche Urteil wir
ausgehen, sind im Grunde ihres Herzens alle handelnden
schlichten Wort, einem leisen Zucken um die Mundwinkel
gewissen technischen M
Personen gut — Dorothy nur in der ersten Aufregung und
dem Zuschauer oft mehr als eine stelzbeinige Tragödin mit
da auf einem ihm noc
Sorge um das Schicksal des Bruders zutage. Doch schon
zehn Wolterschreien. Fräulein Marberg wurde vom Publi¬
nämlich den Püppcher
im ersten Akte erkennt der in solchen englischen Geschichten
kum sehr gefeiert. Als Debütantin durfte sie ja nach altem
und nutzt anderseits
halbwegs bewanderte Zuschauer, wo der Autor hinaus will,
Burgtheaterbrauche vor den Zuschauern erscheinen, eine
der Holz= oder Porze
und braucht in sich deshalb nicht mehr viel Furcht und Mit¬
Gunst, die den Hofschauspielern Wiens sonst versagt ist und
rionette kann nicht „
leid erwecken zu lassen. Dorothy hat den Jugendfreund gar
die diesmal Herrn Sutro sehr zustatten kam. Neben ihr
dreinschauen, wie Sch
nicht wirklich geliebt. Das war eine Selbsttäuschung. Erst
bewährten sich Thimig, der in der fein angelegten Ge¬
nur sehr schwer eine
durch den Ingenieur ... Das frevle Spiel wird für sie
stali des sarkastischen Chefs zeigte, daß er an der Hand
eine Halskrause küsser
Ernst und .... Ein Bräutigamwechsel muß demnach ohne
einer tauglichen Rolle sofort aus seiner Erstarrung heraus¬
nicht, sie allzu lyrisch
Wortbruch (denn, bitte! wir sind im korrekten England)
findet, und — überraschenderweise — Frau Lewinsky,
ihr gar nicht genug
vorgenommen werden. Das macht sich Sutro leicht. Edward
die ihre Tante mit gutem Humor gestaltete und die nur
Ausdruck der verschied
— der reinste Gegensatz zu dem vom Blute so roten Edward;
nicht mehr dadurch lächerlich gemacht werden sollte, daß man
geben. Wo es Schnitzle
nie war ein Edward so edel! — ist noch viel großmütiger,
sie klassische Heroinen spielen und Verse sprechen läßt. Herrn
pretation kräftig na
als Dorothy und irgendein Zuschauer gedacht hat. Er wartet
Paulsens edle Männlichkeit ist in der Figur des Thurs¬
der tapfere Cassian
Dorothys Bitte nicht erst ab und zahlt den defraudierten
field ziemlich glaubhaft und erträglich. Ganz unmöglich
miles gloriosus. Se
Betrag, der seine Ersparnisse um mehr als die Hälfte min¬
bleibt nach wie vor der hilflose Herr Frank, dem der
dent, und das Fräul
dert, wobei er Arnold befiehlt. Dorothy diesen Edelmut zu
Sündenbock Arnold zugesallen war. Die Regie Thimigs
der Handlung dem
verschweigen. Das ist Dorothy zu viel. Sie fordert von
übersah nichts und Leflers Gestaltung des Bühnenbildes
lyrisch ausgefallen. A
Walter, er möge das Geld beschaffen. Walter hat schon ein¬
ließ auch keinen Wunsch unerfüllt.
Uniform, Cassian, de
mal abgelehnt, da man ihm nur von Spekulationsverlusten
Einige Tage vor dieser Premiere hat das Burgtheater
war, zwei Räuber to
Arnolds erzählte. Er will auch für den Dieb Arnold nicht
die 25. Aufführung des „Jungen Medardus“ feiern
nicht mehr wert ist
ohne weiteres seine Ersparnisse von zweitausend Pfund
können Es ist darüber geklagt worden, daß der „Medardus“
der wahre Marionett
opfern und — Drei von Zwei geht nicht; daher muß ich
in Wien nicht das Echo gefunden habe, das dem „Odipus“.
der tapfere Cassian
Eins borgen — Schulden machen. Das klärt alles: Walter
Reinhardts in Berlin beschieden war. Nun — ganz abge¬
teuer schildert, nachde
ist kleinlich, er hat Dorothy, sie hat ihn niemals wahrhaft
sehen davon, daß eine vom regulären Theaterbetriebe voll¬
steinerne Gast, bei sein
geliebt, sie gibt ihm den Laufpaß; und strahlend tritt
ständig abweichende Aufführung einer griechischen Tragödie
Mädel Sophie einge
Edward bei der Tür, durch die Walter eben entrüstet fort¬
in einem Zirkus vor Tausenden von amphitheatralisch
Schlacht, wo mir z
gerannt ist, ein, um Walters Platz einzunehmen. Noch ist
gesetzten Zusehern und mit einem mitwirkenden Chore von
aber der Theaterabend nicht so weit vorgeschritten, daß der
Hunderten von Statisten schon infolge dieser äußeren, äußer¬
komm' ich aus der G
Autor das Generalgeständnis, zu dem sich Dorothy rüstet,
lichen Umstände mehr Aufsehen erregen muß als eine in
meraden verhungert 1
gestatten könnte. Er läßt Walter, der sich die Sache über¬
gewöhnlichem Theaterrahmen ablaufende Vorstellung
sind. Ferner vom Rie
legt hat und das Geld hergeben will, zurückkommen und
man wird nicht leicht eine Burgtheaternovität ausfindig
füsiliertund ich mit
die beiden Bräutigame ganz unaufgeklärt aufeinanderplatzen.
machen, der in einer so kurzen Frist (kaum vier Monate
fen wurde, obwohl a
Jetzt tagt es fürchterlich, und am Schlusse des dritten Aktes
sind seit der Premiere verstrichen gewesen!) so viele Vor¬
waren. Ferner aus d
steht Dorothy gänzlich entbräutigamt da. Aber Sutro ver¬
stellungen gegönnt waren, wenn man überhaupt eine findet.
für Aas hielt, wie di
läßt die Seinen nicht. Fast den ganzen vierten Akt schweben
Was will man da sonst noch für ein Echo? Jede Aufführung
bereit hielten zu vern
wir zwar mit Dorothy in der entsetzlichen Sorge, Edward
des „Medardus“ war bisher und ist noch immer ausver¬
auf die Erde herunte
werde schon morgen ohne Dorothy zu Rhodesias Wasser¬
kauft. Essans darüber (über das Werk, seine Stellung in
einen Heuschober. Fer
fällen ziehen; allein zu ihrem, unserem und des Autors
Schnitzlers Schaffen, seine Inszenierung, seinen Erfolg, seine
paar Kaufleute für
Glück gebingt es Dorothy in zwölfter Stunde doch noch,
historischen Voraussetzungen usw.) sind in Menge geschrie¬
ihrem Schrecken allerl
ben worden. In den Rauchtheatern spielte man mehr oder
Edwars von ihrer echten Gegenliebe zu überzeugen, und
ließen. Ferner aus ein
minder gelungene Parodien. Herz, was willst du noch mehr?
ils seine Gattin wird sie ihn nach Rhodesia begleiten.
nen und Tscherkessin
Eins muß der Gerechte Herrn Direktor Berger zu¬
mit den Dolchen aufe
ülles gerettet! Das ist „Dorothys Rettung“! Gerettet ist
mich umbringen wollte
gestehen: gearbeitet wird rastlos unter seinem Regiment,
las erle Gled, der Bruder, vom Bösen; gerettet ist ferner
und in der gleichen Zeit, wie sein Vorgänger, bringt der
fang aufs Dach flüch
dorothy aus der Gefahr, in aller Ahnungslosigkeit einen
kur: un
ing Minn zu heirgten; gerattet ist auch Dorothys! peue Mann ungefähr daupelt so viel neue Vorstellungen Isprang,
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