box 26/
Medar
22. Der junge uadandus
8
Ie
N
VN.
##9
1
*
1800
35 Sagtsten
aus mähren und Schlesien.—.
S
61. Jahrgang.
Samstag den 1. April 1911.
S
heraus. Gäbe es keine Hoftheaterzensur, die der Burg jede
Seele durch ihre Reue aus den Verstrickungen der Lüge,
Neuheit von eigener Art raubt, so brächte uns Berger viel¬
g- und vom kleinen der Stnde
leicht auch Eulenburg, Schmidt=Bonn, Wedekind, Shaw und
So völlig ifflandisch=kotzebueisch=birchpfeifferisch, wie
andere. So muß man eben Werke, wie „Medardus“ drei¬
entheater.
man nach der bloßen Inhaltsangabe glauben könnte, ist das
sach zählen, gute Engagements, wie das des Fräuleins Mar¬
Schauspiel nun doch nicht. Es hat, wie fast alle aus Eng¬
tung" von Alfred Sutro und
berg, doppelt buchen und Stücke, wie „Dorothys Rettung“,
stzlers Historie „Der junge Me¬
land kommenden Stücke der letzten Jahre, gewisse Qualitäten,
von
„Der tapfere Cassian“
als Bringer dankbarer Rollen für die guten Kräfte mit in
durch die es sich von der Marktware, die deutsche Komödien¬
Bastien und Bastienne“.)
den Kauf nehmen.
fabrikanten produzieren, wohltuend unterscheidet: Menschen¬
Wilhelm v. Wymetal.
klugheit, Menschenwitz und sogar ein bißchen Menschenweis¬
* Einen ganz besonders reizvollen Premierenabend hat
g.“2 Ist das ein genitivus
heit. Eine behagliche alte Tante Dorothys wandelt durch
swiederum Paul Brauns Marionettentheater der Münchener
us objectivus? Rettet Do¬
die vier Akte, die der allzu üppig wuchernden Rührung und
Künstler in der „Urania“ veranstaltet. Die niedlichen Fi¬
r gerettet? Beides geschieht.
dem allzu reich gedeihenden Edelmut immer wieder höchst
gürchen spielten Artur Schnitzlers Puppenspiel „Der
rd gerettet. Retten und retten
willkommene Dämpfer aufsetzt. Ihrem gemütlichen Witz
tapfere Cassian“ und hierauf Wolfgang Amadeus
Alfred Sutros, des Verfassers
steht als angenehmer Kontraft der scharfe, schneidende Sar¬
Mozarts einaktiges Singspiel „Bastien und Ba¬
Schauspiels! Fehlt aber noch
kasmus (selbstverständlich ist auch dahinter lauter Edelmut
stienne". Schnitzlers Aufzug ist einem seiner anmut= und
s Hofburgtheater durch solche
verborgen) des Chofs von Arnold und Edward gegenüber.
geistvollsten Bücher, der (1906 bei S. Fischer in Berlin
2 Erlaubt die gefürchtete Hof¬
Aber auch in den Charakteren der vier Träger der Hand¬
erschienenen) Einaktersammlung „Marionetten“ entnommen.
Bedeutenderes? Also Dorothy
lung finden sich neben den kolportagehaft=romantischen
Von den drei Schauspielen, die in diesem Buche vereinigt
AArnold Faringay. Dieser im
Hauptzügen so viel mit feinem Blicke dem tieferen Innen¬
sind, sind das erste, die Studie „Der Puppenspieler“, und
hmpathisch erscheinende junge
leben abgelauschte echte Züge, daß im Zuschauer eine ver¬
das dritte, die Burleske „Zum großen Wurstel“ nicht rich¬
ndelhaftes Animierbureau zu
ärgerte Stimmung nicht aufkommt, daß vielmehr in ihm
tige Marionettenspiele, sondern Dramen für die gewöhn¬
verführen lassen und hat, als
den größeren Teil des Theaterabends ein Gefühl des un¬
liche Schaubühne. Als solche wurden sie auch in Wien schon
hschuß gefordert wurde, drei¬
gemischten Behagens herrscht. Und seien wir ehrlich! Daß
aufgeführt: den „Puppenspieler“ hat 1904 Jarno und 1906
rn seiner Firma veruntreut,
sich zwei, die einander lieb haben, zuletzt fürs Leben be¬
Bassermann verkörpert, und der symbolische Spaß „Zum
anen genießt. (Das Geschäft¬
kommen, daß ein einmal Gefallener durch seinen Fehl¬
großen Wurstel“ ist ebenfalls 1906 im Lustspieltheater zum
Drama steht auf sehr schwa¬
tritt nicht für immer vernichtet, sondern von einer gütigen
unheimlichen Leben erweckt worden. Wenn diese zwei Ein¬
der Defraudation brav bis
Hand wieder auf den rechten Weg geleitet wird, daß der
akter in einem Marionettenbuch erscheinen, so ist der Titel
in Schwesterchen Dorothy sind
Dichter nicht den Tod der schönen Sünderin will, sondern
mit einem bei Schnitzler oft wiederkehrenden Gedanken nur
rothy in aufopferungsvollster
daß sie lebe und sich bekehre: das freut uns auf der Bühne
metaphorisch gemeint: wir alle gleichen in unserem Tun
ater ersetzt. Darum hat Do¬
siets, wenn es vom Verfasser nur einigermaßen so arran¬
und Leiden so häufig Mationetten, deren Drähte der große
bedanken: ihn zu retten. Nur
giert wird, daß es sich mit unserem modernen Empfinden
Unsichtbare lenkt! Und gerade dem Auge des Dichters
sfield kann bei einer bevor¬
verträgt!
Schnitler stellt sich das Leben gern als ein seltsames S#el
lagung entdecken. Thursfield
Als Dorathn dobsitierto Fräulein Warberg, die sich
dar, dessen Zweck, Verlauf und Ausgang keiner der Mit¬
sich beim Wintersport elbas
im Deutschen Volkstheater langsam zu einem Liebling der!
tuenden kennt oder gar bestimmen kann. Man denke an den
i nach, sucht seine Bekannt¬
Wiener emporgearbeitet hat. Ihr fehlt der große tragische
„Grünen Kakadu“ oder an die „Letzten Masken“. Im be¬
nd verlobt sich mit ihm. Sie
Aufschrei, wahrscheinlich auch (im eigenen Leben) die Lei¬
sonderen ist „Der Puppenspieler“ ein Dichter, der dein
kine Bitte abschlagen wird.
denschaft des Herzens. Aber sie besitzt dafür einen fast voll¬
lieben Gott ins Handwerk pfuscht und sich vermißt, mit
r Schneck! — mit einem Ju¬
wertigen Ersatz: die mertwürdige Gabe, auf dem Theater
Menschenschicksalen zu spielen; in der Burleske des Wurstel¬
alter Gresham, verlobt. Aber
immer so zu erscheinen, als sei sie aller Leidenschaften des
theaters aber erscheinen auf einer Bühne auf der Bühne Dar¬
tgewissen Revision wird Do¬
menschlichen Herzens randvoll und als hindere sie in jedem
steller, die an Drähten zu hängen und Marionetten darzu¬
schied geben. Es handelt sich
einzelnen Augenblicke nur eine übermenschliche Selbstzucht,
stellen haben. „Der tapfere Cassian“ ist das erste und ein¬
sitigam nicht zufällig von der
eine durch hohe Kultur erworbene Vändigung seelischer
zige wirkliche Puppenspiel, das Schnitzler bisher geschrieben
ahre und umgekehrt. So viel
Eruptionen, das Meer ihres Herzens überfließen und aus¬
hat. Es ist ein entzückendes, ein bezauberndes Spiel. Dieses
- bei Rührkomödien, die gut
strömen zu lassen. So sagt diese Künstlerin mit einem
freundliche Urteil wird dadurch kaum beeinträchtigt, daß an
es Herzens alle handelnden
schlichten Wort, einem leisen Zucken um die Mundwinkel
gewissen technischen Mängeln zu erkennen ist, daß der Dichter
in der ersten Aufregung und
dem Zuschauer oft mehr als eine stelzbeinige Tragödin mit
da auf einem ihm noch neuen Felde gearbeitet hat. Er mutet
Bruders zutage. Doch schon
zehn Wonwüherien. Fränkein Marhera wurde von Publi¬
Medar
22. Der junge uadandus
8
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N
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##9
1
*
1800
35 Sagtsten
aus mähren und Schlesien.—.
S
61. Jahrgang.
Samstag den 1. April 1911.
S
heraus. Gäbe es keine Hoftheaterzensur, die der Burg jede
Seele durch ihre Reue aus den Verstrickungen der Lüge,
Neuheit von eigener Art raubt, so brächte uns Berger viel¬
g- und vom kleinen der Stnde
leicht auch Eulenburg, Schmidt=Bonn, Wedekind, Shaw und
So völlig ifflandisch=kotzebueisch=birchpfeifferisch, wie
andere. So muß man eben Werke, wie „Medardus“ drei¬
entheater.
man nach der bloßen Inhaltsangabe glauben könnte, ist das
sach zählen, gute Engagements, wie das des Fräuleins Mar¬
Schauspiel nun doch nicht. Es hat, wie fast alle aus Eng¬
tung" von Alfred Sutro und
berg, doppelt buchen und Stücke, wie „Dorothys Rettung“,
stzlers Historie „Der junge Me¬
land kommenden Stücke der letzten Jahre, gewisse Qualitäten,
von
„Der tapfere Cassian“
als Bringer dankbarer Rollen für die guten Kräfte mit in
durch die es sich von der Marktware, die deutsche Komödien¬
Bastien und Bastienne“.)
den Kauf nehmen.
fabrikanten produzieren, wohltuend unterscheidet: Menschen¬
Wilhelm v. Wymetal.
klugheit, Menschenwitz und sogar ein bißchen Menschenweis¬
* Einen ganz besonders reizvollen Premierenabend hat
g.“2 Ist das ein genitivus
heit. Eine behagliche alte Tante Dorothys wandelt durch
swiederum Paul Brauns Marionettentheater der Münchener
us objectivus? Rettet Do¬
die vier Akte, die der allzu üppig wuchernden Rührung und
Künstler in der „Urania“ veranstaltet. Die niedlichen Fi¬
r gerettet? Beides geschieht.
dem allzu reich gedeihenden Edelmut immer wieder höchst
gürchen spielten Artur Schnitzlers Puppenspiel „Der
rd gerettet. Retten und retten
willkommene Dämpfer aufsetzt. Ihrem gemütlichen Witz
tapfere Cassian“ und hierauf Wolfgang Amadeus
Alfred Sutros, des Verfassers
steht als angenehmer Kontraft der scharfe, schneidende Sar¬
Mozarts einaktiges Singspiel „Bastien und Ba¬
Schauspiels! Fehlt aber noch
kasmus (selbstverständlich ist auch dahinter lauter Edelmut
stienne". Schnitzlers Aufzug ist einem seiner anmut= und
s Hofburgtheater durch solche
verborgen) des Chofs von Arnold und Edward gegenüber.
geistvollsten Bücher, der (1906 bei S. Fischer in Berlin
2 Erlaubt die gefürchtete Hof¬
Aber auch in den Charakteren der vier Träger der Hand¬
erschienenen) Einaktersammlung „Marionetten“ entnommen.
Bedeutenderes? Also Dorothy
lung finden sich neben den kolportagehaft=romantischen
Von den drei Schauspielen, die in diesem Buche vereinigt
AArnold Faringay. Dieser im
Hauptzügen so viel mit feinem Blicke dem tieferen Innen¬
sind, sind das erste, die Studie „Der Puppenspieler“, und
hmpathisch erscheinende junge
leben abgelauschte echte Züge, daß im Zuschauer eine ver¬
das dritte, die Burleske „Zum großen Wurstel“ nicht rich¬
ndelhaftes Animierbureau zu
ärgerte Stimmung nicht aufkommt, daß vielmehr in ihm
tige Marionettenspiele, sondern Dramen für die gewöhn¬
verführen lassen und hat, als
den größeren Teil des Theaterabends ein Gefühl des un¬
liche Schaubühne. Als solche wurden sie auch in Wien schon
hschuß gefordert wurde, drei¬
gemischten Behagens herrscht. Und seien wir ehrlich! Daß
aufgeführt: den „Puppenspieler“ hat 1904 Jarno und 1906
rn seiner Firma veruntreut,
sich zwei, die einander lieb haben, zuletzt fürs Leben be¬
Bassermann verkörpert, und der symbolische Spaß „Zum
anen genießt. (Das Geschäft¬
kommen, daß ein einmal Gefallener durch seinen Fehl¬
großen Wurstel“ ist ebenfalls 1906 im Lustspieltheater zum
Drama steht auf sehr schwa¬
tritt nicht für immer vernichtet, sondern von einer gütigen
unheimlichen Leben erweckt worden. Wenn diese zwei Ein¬
der Defraudation brav bis
Hand wieder auf den rechten Weg geleitet wird, daß der
akter in einem Marionettenbuch erscheinen, so ist der Titel
in Schwesterchen Dorothy sind
Dichter nicht den Tod der schönen Sünderin will, sondern
mit einem bei Schnitzler oft wiederkehrenden Gedanken nur
rothy in aufopferungsvollster
daß sie lebe und sich bekehre: das freut uns auf der Bühne
metaphorisch gemeint: wir alle gleichen in unserem Tun
ater ersetzt. Darum hat Do¬
siets, wenn es vom Verfasser nur einigermaßen so arran¬
und Leiden so häufig Mationetten, deren Drähte der große
bedanken: ihn zu retten. Nur
giert wird, daß es sich mit unserem modernen Empfinden
Unsichtbare lenkt! Und gerade dem Auge des Dichters
sfield kann bei einer bevor¬
verträgt!
Schnitler stellt sich das Leben gern als ein seltsames S#el
lagung entdecken. Thursfield
Als Dorathn dobsitierto Fräulein Warberg, die sich
dar, dessen Zweck, Verlauf und Ausgang keiner der Mit¬
sich beim Wintersport elbas
im Deutschen Volkstheater langsam zu einem Liebling der!
tuenden kennt oder gar bestimmen kann. Man denke an den
i nach, sucht seine Bekannt¬
Wiener emporgearbeitet hat. Ihr fehlt der große tragische
„Grünen Kakadu“ oder an die „Letzten Masken“. Im be¬
nd verlobt sich mit ihm. Sie
Aufschrei, wahrscheinlich auch (im eigenen Leben) die Lei¬
sonderen ist „Der Puppenspieler“ ein Dichter, der dein
kine Bitte abschlagen wird.
denschaft des Herzens. Aber sie besitzt dafür einen fast voll¬
lieben Gott ins Handwerk pfuscht und sich vermißt, mit
r Schneck! — mit einem Ju¬
wertigen Ersatz: die mertwürdige Gabe, auf dem Theater
Menschenschicksalen zu spielen; in der Burleske des Wurstel¬
alter Gresham, verlobt. Aber
immer so zu erscheinen, als sei sie aller Leidenschaften des
theaters aber erscheinen auf einer Bühne auf der Bühne Dar¬
tgewissen Revision wird Do¬
menschlichen Herzens randvoll und als hindere sie in jedem
steller, die an Drähten zu hängen und Marionetten darzu¬
schied geben. Es handelt sich
einzelnen Augenblicke nur eine übermenschliche Selbstzucht,
stellen haben. „Der tapfere Cassian“ ist das erste und ein¬
sitigam nicht zufällig von der
eine durch hohe Kultur erworbene Vändigung seelischer
zige wirkliche Puppenspiel, das Schnitzler bisher geschrieben
ahre und umgekehrt. So viel
Eruptionen, das Meer ihres Herzens überfließen und aus¬
hat. Es ist ein entzückendes, ein bezauberndes Spiel. Dieses
- bei Rührkomödien, die gut
strömen zu lassen. So sagt diese Künstlerin mit einem
freundliche Urteil wird dadurch kaum beeinträchtigt, daß an
es Herzens alle handelnden
schlichten Wort, einem leisen Zucken um die Mundwinkel
gewissen technischen Mängeln zu erkennen ist, daß der Dichter
in der ersten Aufregung und
dem Zuschauer oft mehr als eine stelzbeinige Tragödin mit
da auf einem ihm noch neuen Felde gearbeitet hat. Er mutet
Bruders zutage. Doch schon
zehn Wonwüherien. Fränkein Marhera wurde von Publi¬