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22. Der junge Medandus
den Buchhändlerssohn erwartei, ist der eigentliche Höhe= hat. Aber wenn es Leute gegeben hat, die Napoleon zu¬
en Medardus. Vadranno
punkt des Dramas. In ihrem Monologe erhebt sich die jubelten, war es sicher nur eine Minderheit, und man
tut dem Wiener Volke vom Jahre 1809 Unrecht, wenn
schrift eines Altösterreichers. 7%
Sprache zu dithyrambischem Schwunge, in rauschenden
und klingenden Worten schlägt das hohe Lied der Anschein erweckt wird, als habe es sich in seiner
bgeschiedenheit des Landlebens gehen mir
sinnlichen Liebe an unser Ohr. Diese Gänze so weit vergessen. Seit Schillers Tagen ist es
der
icht aus dem Kopfe, welche die Aufführung
herkömmlich, die Schaulust der Wiener literarisch zu
letzte
Liebesgeschichte bestimmt unabwendbar das
hnitzlers neuestem Bühnenwerke: „Der junge
geißeln, und das geschieht auch reichlich in unserem Stücke
Schicksal des jungen Medardus; nach solchem Er¬
weckt hat; ich muß sie aussprechen,
— als ob Schaulust nicht eine rein menschliche Eigenschaft
lebnis hat er nichts mehr zu gewinnen und nichts mehr
sie ein Echo auch bei anderen.
wäre, die als Massenerscheinung naturgemäß besonders in
zu verlieren. Blinde Leidenschaft hat ihm den Mordstahl
Schriftsteller sind gleichgiltig gegen den
Großstädten, hervortritt! Muß der Drang, zu sehen und
in die Hand gedrückt und nur infolge eines Zufalles
auch das Publikum ist es, wenn anders
zu hören, notwendig auf Gedankenlosigkeit und Leichtjnn
wechselt er den Gegenstand seines Anschlages. Tiefere
Rechnung kommt. Das Stück macht trotz
beruhen? Noch erinnere ich mich der Erzählung einer im
Teilnahme vermag sein Ende nicht zu erwecken. Die
kholung volle Häuser und hält die Zuschauer
hohen Greisenalter verstorbenen Verwandten, die als
Salve, die ihn zu Boden streckt, ruft keine Rachegeister
ls vier Stunden in atemloser Spannung
Kind mit dabei war, als die Wiener auf den Basteien
wach.
Parodie nichts ändern, die sich der krassen
sich drängten, um dem Donner von Aspern zu lauschen,
Führt das Stück mit Recht die Bezeichnung „Dra¬
chtigt hat, welche sich darin abspielen; und
in banger Sorge um den Ausgang der Schlacht. Hieher
matische Historie"? Ist es nicht vielmehr eine dramatisierte
hdie Bemerkung eines Spötters nicht allzu
gehört auch, was Grillparzer in seiner Selbstbiographie
Novelle mit historischem Hintergrund? Wer dazu erzogen
n, der den Aufbau des Stückes mit dem
aus jenen Tagen berichtet. Dieser große Wiener schreibt:
ist, die vaterländische Geschichte nachzuleben, begeistert sich
elverse gekrunzeichnet hat: „Dieses ist der
„Ich selbst war kein geringerer Franzosenfeind, als mein
nicht bloß an den großen Gestakten und Ereignissen der¬
soch der zweite folgt sogleich.“ Einmal gibt
Vater, und demungeachtet zog Napoleon mich mit magi¬
selben, er empfindet auch mit tiefem Seelenschmerze das
zu sehen und zum anderen vollzieht sich
scher Gewalt an. — Mit dem Haß im Herzen und zu
Unglück und die Schmach des Vaterlandes.
kschieht, auf dem Hintergrunde gewaltiger
aller Zeit kein Liebhaber von militörischem Schaugspränge,
Gewiß ist dem Verfasser nichts ferner gelegen, als
in deren Mittelpunkte Wien, das gute, alte
versäumte ich doch keine seiner Musierungen in Schön¬
seinem Werke eine Richtung zu geben, welcho das
ssen Kunstgeschmack und Mode erst in unseren
brunn und auf dem Felde der sogenannten Schmelz. —
patriotische Gefühl verletzen könnte; gewiß war es sein
eine Auferstehung gefeiert hat. Dieser Um¬
Noch sehe ich ihn, die Freitreppe des Schönbrunner
Bestreben, Licht und Schatten möglichst gleich zu ver¬
klärt zur Genüge die Vorliebe des Publi¬
Schlosses mehr herablaufen als gehen, die beiden Kron¬
teilen, und wohl deshalb bezeichnet er sein Werk als
länzend ausgestattete und mit aller Meister¬
prinzen von Bayern und Württemberg als Adjutanten
Historie. Entspricht es aber wirklich den Tatsachen der
ligten Künstlerschar gespielte Stück. Es tut
hinter sich, und nun mit auf dem Rücken gefalteten
Geschichte, daß in der Charakterisierung des Verhaltens
he, daß der junge Medardus ein sonder¬
Händen eisern dastehen, seiie vorüberziehenden Gewalt¬
der Wiener die patriotischen Momente gegenüber jenen
und als Charakler recht eigentlich ein Ritter
haufen mit den unbewegten Blicken des Meisters über¬
abfallen, welche das Herz des Oesterreichers bedrücken?
gen Gestalt; trotz zeitweiser heroischer An¬
schauend... Er bezauberte mich, wie die Schlange den
Das packendste Szenenbild ist zweifellos jenes vor der
ibt er doch immer ein Spielball des Eros!
Vogel.“
derstehlichen härmt sich in schüchterner Liebe] Schloßtreppe von Schönbrunn. Der Frieden, der die Mon¬
Ost trügt der Schein. Dies gilt auch bezüglich des
ärchie ihter Großmächisiellung beraubt, wird proklamiert,
Mädchen; die Dirne hört nicht auf, um
Oesterreichertums in Oesterreich und des Wienertums, über
und die Bürger der Hauptstadt jubeln dem Bedrücker zu.
buhlen; und auch das Ueberweib des
welches sich Graf Mensdorff, angeregt durch eine Figur
dessen Erscheinen die Wachen ankündigen. Die Lokal¬
lze Prinzessin Helene erliegt seinem Zauber.
unseres Stückes, in seinem bemerkenswerten Leitartikel in
geschichte jener Tage ist mir zu wenig bekannt, um beur¬
einlichste, hier wird's Ereignis! Die Szene.
Nummer 37 des „Vaterland“ verbreitet hat. Beschränkte
Erbin der Valois in ihrei Schlafgemache teilen zu können, ob solcher Zuruf wirklich stattgefunden
22. Der junge Medandus
den Buchhändlerssohn erwartei, ist der eigentliche Höhe= hat. Aber wenn es Leute gegeben hat, die Napoleon zu¬
en Medardus. Vadranno
punkt des Dramas. In ihrem Monologe erhebt sich die jubelten, war es sicher nur eine Minderheit, und man
tut dem Wiener Volke vom Jahre 1809 Unrecht, wenn
schrift eines Altösterreichers. 7%
Sprache zu dithyrambischem Schwunge, in rauschenden
und klingenden Worten schlägt das hohe Lied der Anschein erweckt wird, als habe es sich in seiner
bgeschiedenheit des Landlebens gehen mir
sinnlichen Liebe an unser Ohr. Diese Gänze so weit vergessen. Seit Schillers Tagen ist es
der
icht aus dem Kopfe, welche die Aufführung
herkömmlich, die Schaulust der Wiener literarisch zu
letzte
Liebesgeschichte bestimmt unabwendbar das
hnitzlers neuestem Bühnenwerke: „Der junge
geißeln, und das geschieht auch reichlich in unserem Stücke
Schicksal des jungen Medardus; nach solchem Er¬
weckt hat; ich muß sie aussprechen,
— als ob Schaulust nicht eine rein menschliche Eigenschaft
lebnis hat er nichts mehr zu gewinnen und nichts mehr
sie ein Echo auch bei anderen.
wäre, die als Massenerscheinung naturgemäß besonders in
zu verlieren. Blinde Leidenschaft hat ihm den Mordstahl
Schriftsteller sind gleichgiltig gegen den
Großstädten, hervortritt! Muß der Drang, zu sehen und
in die Hand gedrückt und nur infolge eines Zufalles
auch das Publikum ist es, wenn anders
zu hören, notwendig auf Gedankenlosigkeit und Leichtjnn
wechselt er den Gegenstand seines Anschlages. Tiefere
Rechnung kommt. Das Stück macht trotz
beruhen? Noch erinnere ich mich der Erzählung einer im
Teilnahme vermag sein Ende nicht zu erwecken. Die
kholung volle Häuser und hält die Zuschauer
hohen Greisenalter verstorbenen Verwandten, die als
Salve, die ihn zu Boden streckt, ruft keine Rachegeister
ls vier Stunden in atemloser Spannung
Kind mit dabei war, als die Wiener auf den Basteien
wach.
Parodie nichts ändern, die sich der krassen
sich drängten, um dem Donner von Aspern zu lauschen,
Führt das Stück mit Recht die Bezeichnung „Dra¬
chtigt hat, welche sich darin abspielen; und
in banger Sorge um den Ausgang der Schlacht. Hieher
matische Historie"? Ist es nicht vielmehr eine dramatisierte
hdie Bemerkung eines Spötters nicht allzu
gehört auch, was Grillparzer in seiner Selbstbiographie
Novelle mit historischem Hintergrund? Wer dazu erzogen
n, der den Aufbau des Stückes mit dem
aus jenen Tagen berichtet. Dieser große Wiener schreibt:
ist, die vaterländische Geschichte nachzuleben, begeistert sich
elverse gekrunzeichnet hat: „Dieses ist der
„Ich selbst war kein geringerer Franzosenfeind, als mein
nicht bloß an den großen Gestakten und Ereignissen der¬
soch der zweite folgt sogleich.“ Einmal gibt
Vater, und demungeachtet zog Napoleon mich mit magi¬
selben, er empfindet auch mit tiefem Seelenschmerze das
zu sehen und zum anderen vollzieht sich
scher Gewalt an. — Mit dem Haß im Herzen und zu
Unglück und die Schmach des Vaterlandes.
kschieht, auf dem Hintergrunde gewaltiger
aller Zeit kein Liebhaber von militörischem Schaugspränge,
Gewiß ist dem Verfasser nichts ferner gelegen, als
in deren Mittelpunkte Wien, das gute, alte
versäumte ich doch keine seiner Musierungen in Schön¬
seinem Werke eine Richtung zu geben, welcho das
ssen Kunstgeschmack und Mode erst in unseren
brunn und auf dem Felde der sogenannten Schmelz. —
patriotische Gefühl verletzen könnte; gewiß war es sein
eine Auferstehung gefeiert hat. Dieser Um¬
Noch sehe ich ihn, die Freitreppe des Schönbrunner
Bestreben, Licht und Schatten möglichst gleich zu ver¬
klärt zur Genüge die Vorliebe des Publi¬
Schlosses mehr herablaufen als gehen, die beiden Kron¬
teilen, und wohl deshalb bezeichnet er sein Werk als
länzend ausgestattete und mit aller Meister¬
prinzen von Bayern und Württemberg als Adjutanten
Historie. Entspricht es aber wirklich den Tatsachen der
ligten Künstlerschar gespielte Stück. Es tut
hinter sich, und nun mit auf dem Rücken gefalteten
Geschichte, daß in der Charakterisierung des Verhaltens
he, daß der junge Medardus ein sonder¬
Händen eisern dastehen, seiie vorüberziehenden Gewalt¬
der Wiener die patriotischen Momente gegenüber jenen
und als Charakler recht eigentlich ein Ritter
haufen mit den unbewegten Blicken des Meisters über¬
abfallen, welche das Herz des Oesterreichers bedrücken?
gen Gestalt; trotz zeitweiser heroischer An¬
schauend... Er bezauberte mich, wie die Schlange den
Das packendste Szenenbild ist zweifellos jenes vor der
ibt er doch immer ein Spielball des Eros!
Vogel.“
derstehlichen härmt sich in schüchterner Liebe] Schloßtreppe von Schönbrunn. Der Frieden, der die Mon¬
Ost trügt der Schein. Dies gilt auch bezüglich des
ärchie ihter Großmächisiellung beraubt, wird proklamiert,
Mädchen; die Dirne hört nicht auf, um
Oesterreichertums in Oesterreich und des Wienertums, über
und die Bürger der Hauptstadt jubeln dem Bedrücker zu.
buhlen; und auch das Ueberweib des
welches sich Graf Mensdorff, angeregt durch eine Figur
dessen Erscheinen die Wachen ankündigen. Die Lokal¬
lze Prinzessin Helene erliegt seinem Zauber.
unseres Stückes, in seinem bemerkenswerten Leitartikel in
geschichte jener Tage ist mir zu wenig bekannt, um beur¬
einlichste, hier wird's Ereignis! Die Szene.
Nummer 37 des „Vaterland“ verbreitet hat. Beschränkte
Erbin der Valois in ihrei Schlafgemache teilen zu können, ob solcher Zuruf wirklich stattgefunden