II, Theaterstücke 22, Der junge Medardus. Dramatische Historie in einem Vorspiel und fünf Aufzügen (Altwiener Stück, Doppelselbstmord), Seite 386

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22. Der junge Nedardus
Ein Theaterbrief aus Wien. 1223431333383 409
und ruhig zum erwachsenen Künstler heran= die hier dank der glänzenden Darstellung ein
freundlicheres Schicksal hatte als in Berlin.
zureifen.
Auch das Repertoire des zweiten Wiener Namentlich Lili Marberg war an diesem
Abend vortrefflich; es war dies gleichsam
Operninstituts, der Volksoper, zeigt heuer
ihre Reifeprüfung für das Burgtheater, in
minder hochstrebende und eifrige Absichten
dessen Verband sie im Frühjahr tritt. Von
als sonst. Jean Rongnés' Oper „Quo vudis“
sonstigen Erfolgen sind der zum erstenmal
ein musikalisches Effekt= und Ausstat¬
ist
tungsstück, das die große Beliebtheit des Ro= vollständig gegebene „Anatol“=Zyklus Artur
Schnitzlers zu nennen ferner Gavaults
mans und seiner zahlreichen dramatischen Be¬
„Kleines Schokoladenmädchen“ und Tristan
arbeitungen noch einmal auszunützen sucht. In
dieser Oper gibt es mehr Sehens= als Hörens=, Bernards Lustspiel „Der unbekannte Tänzer“,
wertes, unter anderem
die Schau eines echten
des
Berufsathleten,
derzeit stärksten Man¬
nes von Wien, der in
der Rolle des Barba¬
ren Ursus muskulös
mitwirkt ... Ferner er¬
schien hier ein junger
österreichischer Kompo¬
nist, Alexander von
Zemlinsky, mit einer
komischen Oper „Klei¬
der machen Leute“.
Das Textbuch hat der
Wiener Dramatiker Leo
Feld nach Gottfried
Kellers entzückender
Novelle sehr geschickt
und sauber gearbeitet.
Nur hätte es von einem
andern vertont werden
müssen als von Zem¬
Seine Musik
linsky.
ist zwar geistreich und
durch und durch mo¬
dern, aber alles eher
als komisch, und ihre
schwere Monotonie er¬
drückt das Ganze.
Das einzige Wiener
n dem es
Theater,
jedes Jahr ein paar
wirkliche Publikums¬
erfolge gibt, ist das
Deutsche Volkstheater.
Allerdings verbraucht
diese Bühne mehr No¬
vitäten als irgendeine
andere und drei Viertel
davon verschwinden
nach ein paar Auffüh¬
Schon die
rungen.
bloße Aufzählung der

Titel und der Autoren
würde zu viel Raum
einnehmen. Es seien
nur die wichtigsten No¬
vitäten genannt: Karl
Ge Tte
Slobodas Lehrerstück
„Der kleine Herrgott“
das durch seine frei¬
heitliche Tendenz eine

gewisse Wirkung aus¬
übte. Dann Vatailles
Lili Marberg in Vatailles „Törichte Jungfrau“ im Deutschen Volkstheater.
Nach einer Photographie von Prof. Hans Lenhard in Wien.
„Törichte Jungfrau“,