II, Theaterstücke 22, Der junge Medardus. Dramatische Historie in einem Vorspiel und fünf Aufzügen (Altwiener Stück, Doppelselbstmord), Seite 408

marleineren lollen. Aneine ähnliche Szeue, von Reinhardt
intzeniert, durfte mun nicht denken. Die Kriegslieder
wurden gelingen, ganz im Stile der alten Gelangsverein¬
lnszenierung. Einer lprang auf den Tilch und lang die
Strophe, die andern langen in guteingelerntem Chor den
Refrain. Das lebendige Durcheinander, das prachtvolle
Gewoge und Geprallel der feurigen und anfeuernden
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Seelen fehlte. Wo Reinhardt die Geburt eines Liedes,
das prachtvolle Chaos der Stimmen zu geben weill, da
wußlte Baron Berger nur eine laubere Chorleiltung zu
bieten. Schmitzler bringt noch ändere Mallenszenen, die
einen wirklichen Beherricher der Mallen zu lebenslprühen¬
den Bildern und Bewegungen reizen müßten. Da wird
eine Szene auf den Balteien und Feltungswällen von All¬
Wien gezeigt. Die bewaffnete Bürgerwehr seht neben
den Kanonen, in Mallen drängen die Neugierigen vor,
die Wiener, die überall dabei lein müllen, die Offiziere
der Bürgerwehr hören die erlten Kanonenichülle und wollen
die Müßliggänger abdrängen, die nur im Wege stehen.
Darauf wird ihnen mit wienerilchen Frotzeleien geant¬
wortet. Am Ende wirdt den Offizieren zu bunt und lie
lallen, während die ersten Granaten donnern, die Balteien
räumen. Baron Berger begnügte lich hier mit zehn oder
zwölf Statilten, die das müßige Herumstehen der Bürger¬
schaft darktellen follten. Der Kontralt zwilchen den
loldatilch-erntten Bürgeroflizieren und den Flaneuren kam
pur ganz matt und ichwächlich heraus. Es fehlte nicht nur
die Malle, die bei lolchem Anlaß auf die Bühne mullte.
Esfehlte auch der große Schwung, die dirigierende Mallen¬
herrichaft des Regilleurs. Selblt die Vorichriften, die der
Dichter angibt, wurden ins Mittelmäßige herabgestimmt.
Kainz als Hamlet 7 Statue von Bildhauer Sandor Jaray
konitruiert; wehe, wenn ein Darlteller diele Konstruktion
nicht durch leinen Ueberichwang zu verkleiden weisl! Und
wieder wird Medardus lich lelber untreu, denn die Liebe
ilt Rärker als alle Rachepläne. Medardus wirkt belächelns¬
wert, wenn der Zulchauer nicht fühlt, wie die Flammen
einer großen Leidenlchaft über ihm zulammenichlagen.
Dann plötzlich wird Medardus wieder Krieger. Der Trou¬
badour wird wieder hart, der Senlitive wird wieder
heroilch. Er tötet nicht nur Helene von Valols, er will
auch die Gnade von Napoleon nicht annehmen, er fordert
lein Todesurteil. Dieles Ziekzuckgehen des Medardus kann
nur ein innerlich Reicher verkörpern! Das Burgtheaterist
an der einen Rolle, die mehr als einen Epilodillen fordert,
gelcheitert. Man wird die Alt-Wiener Tragödie anderswo
unwienerlich geben, mit weniger lchönen Szenenbildern,
aber innerlich glaubwürdiger. Fier fehlte ein Moilli oder
Kayfller, ein Kainz oder auch nur ein Harry Walden.
Bei jeder Burgtheater-Premiere gibt es eine Anzahl
alter Herren, die im Parkett lpazieren gehen und ver¬
lichern: Eine lolche Vorstellung ilt doch nur im Burg¬
theater möglich. Das ilt wahr und auch nicht wahr. Richtig
ist, daß den PMedarduse überhaupt nicht viel deutiche
Theater werden geben können. — Es gehört ein Enlemble
von etwa liebzig Perlonen dazu und es gibt natürlich nicht
viel Bühnen, die lo reich beletzt lind. Die Malle tut es!
Andererleits hat der Vorstellung als Regieleillung außer¬
ordentlich viel gefehlt. Wie mittelmällig war dieles Bei¬
lammenlein der Soldaten, die gegen Papoleon ams- Beert Deetjen und Gultav Matzner im PPuppenmädel¬
Immerhin brachte der Abend eine Ichaulpielerilche
Entdeckung. Eugenie Wohlgemuth, die noch Schlenther
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