II, Theaterstücke 22, Der junge Medardus. Dramatische Historie in einem Vorspiel und fünf Aufzügen (Altwiener Stück, Doppelselbstmord), Seite 564

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22. Derjunge-Medardus
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1Prinzip der eintheitrichen Reise der der □
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gegeben; es hat darauf verzichtet, bei de
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Eigenschaft von Schiffen fortan die
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Tteine hoheren Werte kennt als das liebe Ich, als und ihn auch dann noch in Ehren begn
egoistische Gelüste und Eitelkeiten. Wenn man ihn
Berliner Theater.
er gesteht, wie und aus welchen Grün
seiner
im ersten Akt so daherkommen sieht, in
schehen. Aber Medardus will keine
Von Dr. Friedrich Düsel.
schmucken Uniform, den jungen Herrn Medardus
will den Tod Den nutzlosen Tod vor 5
Berlin, Anfang November.
„Klähr, ist man wohl einen Augenblick versucht, an
läufen der Füsiliere. Mehr war ihm
„Der junge Medardus“ von Arthu###ni#le Theodor Körner zu denken; aber bald schämt man
schieden.
Kotzebues „Deutsche Kleinstädter" und Louis
sich des Vergleiches: von entschlossenem Tatenmut
Gerade diese wehrlose Resignatio
Angelys „Fest der Handwerker“. — „Der große und
lebt gar nichts in diesem Zweifler und Zauderer;
Stücke noch in der vorigen Spielzeit de
der kleine Klaus“ von Gustaf af Geijerstam.
was ihn in flackernde Bewegung setzt, ist nicht mehr
sondrer echtmenschlicher Seelenkenntnis!
Als das Lessingtheater sich jetzt, fünf Jahre nach
als eine romantisch erhitzte Ehr- und Abenteuersucht,
hätte, macht es jetzt vor dem Richter
der Entstehung des Stückes, zu der Aufführung des
die von dem Dichter mehr willkürlich als charakter¬
starken Wirklichkeit stumpf. Sein Wert
„„Jungen Medardus“ von Arthur Schnitzler ent¬
treu und überzeugend mit verwegenen Erfindungen nur noch von kulturhistorischer Bedeutu
schloß, hegte es wohl die Hoffnung, der Weltkrieg und Verwickelungen genährt wird. Das erste ist, sich ein feines lyrisches Aroma, wie
werde dem im Wien des Jahres 1809 spielenden
daß Medardurs
sich aus einem Vaterlands=aus alten Familientruhen, mischt. Sehr
Drama unter die Arme greifen und ihm die verteidiger in einen Rächer seiner Schwester ver¬
namentlich die zarten Bilderbogen
Wirkung ganz verschaffen, die das Gedenkjahr ihm wandelt, die gemeinsam mit dem ihr nicht be¬
malerei, die das freundnachbarliche
nur halb gegönnt hatte. Aber darin täuschte es sich. stimmten Liebhaber in die Donau gegangen ist.
aus dem Wien von 1809 illustrieren
Ein Krieg von der Größe des gegenwärtigen stellt Mit diesem Liebhaber hat es eine eigne Bewandt=heimischen werden sie durch ihre liebevo
Maßstäbe des Gefühls und der Gesinnung auf, die
nis: es ist ein Prinz, ein Valois, und er hat eine
dringliche Echtheit noch mehr entzücken
allem was sich vorher, ohne Kenntnis dieses Er¬
Schwester, die ganz erfüllt ist von dem königlichen
Fremden. Aber das sind Friedensschö
lebnisses, aus der Kriegssphäre seinen Stoff geholt
Schicksal und Beruf ihres entthronten Geschlechts.
einem Kriegsstück: sie sind „fehl am Orte
hat, höchst gefährlich werden müssen. Es geht Das hindert sie freilich nicht — wie andre Gegen¬
Zeit soll erst wieder kommen.
solchen Stücken wie der Semele, die an der Er=sätze, so liegen bei Schnitzler auch Stolz und
Doch wie? Sehnt sich die vom Sch
scheinung des Göttervaters dahinschmelzen muß,
Schamlosigkeit, Eis und Feuer eng beieinander-
ermüdete Welt nicht gerade jetzt
sobald er sich ihr in seiner unverhüllten Macht und sich dem jungen Medardus, dem Beleidiger ihres
Friedensseligkeiten aus den Zeiten, da
Gewalt zeigt. Den Erinnerungsfeiern der Be= Stolzes, nachdem eine Kugel ihres ebenbürtigen
vater die Großmutter nahm? Manchmal
freiungskriege, wie wir sie noch vor fünf Jahren Verlobten im Duell ihn nur gestreift hat, in dirnen¬
scheinen. Der Zuschauer des gewalt
auffaßten, mag Schnitzlers Stück einigermaßen
hafter Anwandlung hinzugeben. Medardus hat
theaters, das sich Tag um Tag vor un
genügt haben; aber wie sich schon im Sommer 1913
seine ganz besonderen Absichten bei dem Liebesspiel:
möchte es abends einmal, wenn die
unser gleichsam von der Ahnung des Kommenden
wenn die Prinzessin ganz die Seine geworden, will
Schatten sich auf die Erde senken, ganz
aufgerütteltes Verantwortungsgefühl gegen Haupt¬
er hingehen und ihre Schande vor aller Welt aus¬
friedlich haben. Da erinnert er sich an
manns Breslauer Festspiel auflehnte, so erst recht schreien. Aber auch dazu bringt er's nicht, teils
und seine Pfahlbürgerkomödien, die der
jetzt das Bewußtsein der Wirklichkeit gegen eine
weil er selbst zu sehr zum Sklaven seiner erotischen
von Weimar in seiner großen Güte un
undramatische Bilderfolge, die nirgends in den
Gefühle wird, teils weil er sich von ihr betrogen neben den Werken eines Goethe un
innern Kreis der Kriegsstimmung hineindringt, ge¬
glaubt. Denn bald wird ruchbar, daß die stolze
duldete, ja sogar zu „Lieblingen des
schweige denn an ihren Herzpunkt rührt.
Hélene von Valois als Geliebte Napoleons in
werden ließ, und wenn die Kammen
Was begibt sich denn eigentlich? Der junge Schönbrunn bei ihm ein= und ausgeht. Nun könnte
Deutschen Theaters sich und den Schauf
verwöhnte Wiener Buchhändlerssohn, nach dem die
Medardus ja vielleicht auf einem Wege zu seinen Erholung die „Deutschen Klein
fünf Akte nehst Vorspiel getauft sind, zieht gleich
beiden Zielen gelangen, aber kaum daß er die aufführen, so wird der Deutsche von heu
andern Standes= und Altersgenossen die Uniform
Treulose erstochen, muß er erfahren, daß sie gerade Welt gegen sich in Waffen sieht für ein
an, singt Vaterlandslieder und schwört dem sein
auf dem besten Wege war, den Tyrannen und Biedermeier mit den Biedermeiern, P
Vaterland bedrohenden Napoleon Tod und Ver-Räuber ihres Thrones, eine moderne Judith, inden Philistern. Und er lacht und kreisch
derben — damit aber ist sein patriotischer Herois¬
Liebesarmen zu erwürgen So hat er im Gegen= aus vollem Halse, wenn Lucie Hö
mus auch schon erschöpft. Was sonst noch geschieht teil verhindert, was der Zweck und Inhalt seinesl übrigen nicht einmal die ergötzlichste unt
— und es ist sehr viel Abenteuerliches, Romanti¬
Lebens sein sollte: Napoleon, dem er Tod und Ver¬
„komischen Alten“, zu denen sich mit
sches und Romanhaftes —, gehört zu dem, was
derben schwor, lebt durch ihn!... Es heißt zu viel
Laune die Schönheiten des Deutschen Th
Schnitzler und mit ihm eine ganze Wiener Schule in verlangt, wenn uns nach der Entwirrung solchen In= geben, als Frau Stadt=Akzise=Kassa¬
vermeintlich höherem Sinne Leben und Menschlich=trigennetzes zugemutet wird, dennoch an den tragi= vor der Frau Unter=Steuer=Einnehmerin
keit nennt: ein immer mit dem Tode und andern schen Heroismus dieses Unhelden zu glauben. Ober=Floß- und Fischmeisterin, dem H
letzten Dingen kokettierendes Spiel, das aber doch Napoleon will ihn für die „Rettuntstat“ belohnen Berg= und Weginspektors=Substitut um