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22 junge —dardus
Das Komödienhaus frischte ein älteres österreichisches Militär=]
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lustspiel „Das Heiratsnest“ von Gustav Davis auf. Das
st.
äußerst anspruchslose Spiel führt uns in eine entlegene, jetzt unser
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aller Interesse so nahe gerückte, Garnisonstadt Galiziens, in der
es für Offiziere keine andere Zerstreuung gibt, als zu heiraten.
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Natürlich gibt es ein räudiges Huhn, und zwar in der Gestalt des
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äußerst schneidigen weiberfeindlichen Regimentsobersten, der aber
in den drei Akten gehorsam zu Krenze kriechen und gar für seines h
Offiziere den Heiratsvermittler spielen muß. Das Komödienhaus jd
liegt in der Nähe der Charité — den rekonvaleszenten Feldgrauen. so
die abends zu ihm herüberkommen, wird das freundliche Stückchen ei
vom bundesbrüderlichen Zweierlei=Buch nicht übel gefallen.
Auch wohl nicht die heiteren Bilder aus ernster Zeit, die das je
„Berliner Theater“ unter dem Titel „Extrablätter“ zu¬
sammengestellt hat. (Die Autoren sind die alten dieses Theaters:
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Bernauer, Schanzer, Gordon, die Musik stammt von Kollo und
er
Bredschneider.) Nach dem Muster der früheren Metrovoltheater¬
Revuen gibt es da viel zu sehen. Ein Mannschafteneisenbahnzug
*
rollt über die Bühne, Oscar Sabo und Lisa Weise schweben
n
in einer Taube über Paris, und gar in ein Unterseeboot, das einen
englischen Kreuzer torpediert, blicken wir hinein. An Satire und
d
Witz fehlt es nicht, an Rührsamkeit ebenfalls nicht, und wenn von
den beiden deutschen Kaiserreichen gesungen wird (nach Friedrich
Halms alten Versen) „Zwei Völker und ein Gedanke usw.“ oder
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der deutsche Storch verherrlicht wird, so ist das Zuschauerhaus mit
dem Bühnenhaus ganz einig. Und so kann denn nun, wem die
Zeit zu schwer wird und der sie sich durch ernste geistige Kost nicht
∆
noch schwerer machen will, im Berliner Theater seine Bürde ablegen,
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ohne sie doch ganz zu vergessen. Wenigstens kann er es versuchen.
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Ob es ihm gelingt, das hätte ich gerne den bleichen, ernst drein¬
blickenden jungen verwundeten Offizier gefragt, der geschmückt mit
M. A.
dem Eisernen Kreuz erster Klasse in der Loge saß.
Das Landhaus von Peter Paul Rubens im Kriege. 58
§§ Die erbitterten Kämpfe zwischen der Armee des Generals
n.
on Beseler und den belgischen Besatzungstruppen haben sich zum
großen Teile in der Nähe des Landsitzes Hellewijt oder
9.
Elejewizt bei Vilvoorden abgespielt. Hier hat einst der Gro߬
9.
meister der niederländischen Kunst, Peter Paul Rubens, einen
großen Teil seiner letzten Lebensjahre in seiner glücklichen zweiten
Ehe mit Helene Fourment zugebracht. In seinen Gemälden aus 1#
de
jener Zeit bildet die Landschaft von Hellewijt vielfach den Hinter¬
3.
grund. Noch ist an Ort und Stelle das Aktenstück über den Ver¬
kauf des Grundstückes an den großen Maler vorhanden. Sein
d#
Schloß, Rubens=Steen genannt — Steen war im mittelalterlichen
Flandern die Bezeichnung für die aus Steinen aufgeführten
Burgen, so heißt auch die ehemalige Burg von Antwerpen heute
n.
noch Steen — ist noch ziemlich gut in dem Zustande der Zeit von
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Rubens erhalten. Neuerdings ist es in den Besitz des schwerreichen
e
Stärkefabrikanten und Senators de Becker=Remy in Löwen über¬
al
gegangen. Dieser hat das Bauwerk mit anerkennenswerter
vi
Schonung seines geschichtlichen Charakters erneuern lassen.
da
Während nun das Dorf Elewijt in den Kämpfen zwischen Deutschen!
und Belgiern arg mitgenommen worden ist, hat das Schloß von
Rubens fast gar nicht gelitten. Ein Berichterstatter des „Nieuwe
Pl
Rotterdamsche Courant“ schildert seinen Besuch in Rubens=Steen
fe
folgendermaßen:
„Trotz des unangenehmen Regens verliert die Allee, die zu
dem Schlosse hinführt, nichts von ihrer Großartigkeit. Alle
we
Bäume sind erhalten. In der schwülen Luft hängen unter der
de
Last des Wassers die goldenen. Herbstzweige herab. Blickt man
wieder nach der Erde, dann merkt man unter der ruhigen Maiestät
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Das Komödienhaus frischte ein älteres österreichisches Militär=]
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lustspiel „Das Heiratsnest“ von Gustav Davis auf. Das
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äußerst anspruchslose Spiel führt uns in eine entlegene, jetzt unser
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aller Interesse so nahe gerückte, Garnisonstadt Galiziens, in der
es für Offiziere keine andere Zerstreuung gibt, als zu heiraten.
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Natürlich gibt es ein räudiges Huhn, und zwar in der Gestalt des
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äußerst schneidigen weiberfeindlichen Regimentsobersten, der aber
in den drei Akten gehorsam zu Krenze kriechen und gar für seines h
Offiziere den Heiratsvermittler spielen muß. Das Komödienhaus jd
liegt in der Nähe der Charité — den rekonvaleszenten Feldgrauen. so
die abends zu ihm herüberkommen, wird das freundliche Stückchen ei
vom bundesbrüderlichen Zweierlei=Buch nicht übel gefallen.
Auch wohl nicht die heiteren Bilder aus ernster Zeit, die das je
„Berliner Theater“ unter dem Titel „Extrablätter“ zu¬
sammengestellt hat. (Die Autoren sind die alten dieses Theaters:
14
Bernauer, Schanzer, Gordon, die Musik stammt von Kollo und
er
Bredschneider.) Nach dem Muster der früheren Metrovoltheater¬
Revuen gibt es da viel zu sehen. Ein Mannschafteneisenbahnzug
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in einer Taube über Paris, und gar in ein Unterseeboot, das einen
englischen Kreuzer torpediert, blicken wir hinein. An Satire und
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Witz fehlt es nicht, an Rührsamkeit ebenfalls nicht, und wenn von
den beiden deutschen Kaiserreichen gesungen wird (nach Friedrich
Halms alten Versen) „Zwei Völker und ein Gedanke usw.“ oder
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der deutsche Storch verherrlicht wird, so ist das Zuschauerhaus mit
dem Bühnenhaus ganz einig. Und so kann denn nun, wem die
Zeit zu schwer wird und der sie sich durch ernste geistige Kost nicht
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ohne sie doch ganz zu vergessen. Wenigstens kann er es versuchen.
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Ob es ihm gelingt, das hätte ich gerne den bleichen, ernst drein¬
blickenden jungen verwundeten Offizier gefragt, der geschmückt mit
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dem Eisernen Kreuz erster Klasse in der Loge saß.
Das Landhaus von Peter Paul Rubens im Kriege. 58
§§ Die erbitterten Kämpfe zwischen der Armee des Generals
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on Beseler und den belgischen Besatzungstruppen haben sich zum
großen Teile in der Nähe des Landsitzes Hellewijt oder
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Elejewizt bei Vilvoorden abgespielt. Hier hat einst der Gro߬
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meister der niederländischen Kunst, Peter Paul Rubens, einen
großen Teil seiner letzten Lebensjahre in seiner glücklichen zweiten
Ehe mit Helene Fourment zugebracht. In seinen Gemälden aus 1#
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jener Zeit bildet die Landschaft von Hellewijt vielfach den Hinter¬
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grund. Noch ist an Ort und Stelle das Aktenstück über den Ver¬
kauf des Grundstückes an den großen Maler vorhanden. Sein
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Schloß, Rubens=Steen genannt — Steen war im mittelalterlichen
Flandern die Bezeichnung für die aus Steinen aufgeführten
Burgen, so heißt auch die ehemalige Burg von Antwerpen heute
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noch Steen — ist noch ziemlich gut in dem Zustande der Zeit von
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Rubens erhalten. Neuerdings ist es in den Besitz des schwerreichen
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Stärkefabrikanten und Senators de Becker=Remy in Löwen über¬
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gegangen. Dieser hat das Bauwerk mit anerkennenswerter
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Schonung seines geschichtlichen Charakters erneuern lassen.
da
Während nun das Dorf Elewijt in den Kämpfen zwischen Deutschen!
und Belgiern arg mitgenommen worden ist, hat das Schloß von
Rubens fast gar nicht gelitten. Ein Berichterstatter des „Nieuwe
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Rotterdamsche Courant“ schildert seinen Besuch in Rubens=Steen
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folgendermaßen:
„Trotz des unangenehmen Regens verliert die Allee, die zu
dem Schlosse hinführt, nichts von ihrer Großartigkeit. Alle
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Bäume sind erhalten. In der schwülen Luft hängen unter der
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Last des Wassers die goldenen. Herbstzweige herab. Blickt man
wieder nach der Erde, dann merkt man unter der ruhigen Maiestät