II, Theaterstücke 22, Der junge Medardus. Dramatische Historie in einem Vorspiel und fünf Aufzügen (Altwiener Stück, Doppelselbstmord), Seite 600

22. Derjunge Nedandus
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Inzwischen verschlimmert sich die leidige In= sich diesmal aber gründlich verrechnet und
den a
slationswirtschaft fortgesetzt. Die Reichsbank hat geht jetzt mit Bangen der für den 18. Mai
Wiener Warenbörse.
stützur
auch in der ersten Maiwoche abermals mehr l. J. einberufenen außerordentlichen General¬
Zum öffentlichen Verkauf gelangt morgen Wille
als zwei Milliarden Mark neues Papiergeld versammlung entgegen, denn man weiß noch um 10 Uhr ein Waggon Hanf.
stützun
von der Schwelle des ihm anvertrauten! Einzelschicksals, enthüllt sich österreichi=ger
„Der junge Medardus.“
Hauses fortwies. Und es war eines der scher Menschenwert und österreichische druck
Dramatischke Historie von Artur Schnitzler.
dümmsten Worte, das sich über den Erbärmlichkeit. Es zeigt sich jetzt, da dieses
irre,
Burgtheater.
„Jungen Medardus“ sagen ließ. Nur Stück nach mehr als zehn Jahren wieder
geiste
einem orthodoxen, vor der phantastischen
auf die Bühne gelangt, daß es Lebens¬
In diesem Werk seiner Hochreife sind
Roko
Bilderfülle einer „dramatischen Historie“ kraft für eine lange, für eine sehr lange
alle Elemente vereinigt, alle die beson= ratlos entsetzten Naturalisten konnte Zukunft in sich birgt.
deren Farben und Kräfte, die das Wesen dieses Wort entschlüpfen.
Scho
Es zeigt sich ferner auch, daß eine un¬
Artur Schnitzlers bilden. Da sind in
noch
Als dann Alfred Freiherr v. Berger trennbare Einheit dieses Stück und das
licher
Liebe und Liebelei seine jungen Wiener ins Burgtheater kam, führte er den Burgtheater verbindet, Wie der Stoff zu ständ
Mädchen, wie er sie voll Andacht, voll
„Jungen Medardus“ auf. In dieser un= diesem Werk aus der österreichischen Erde
Skepsis, immer jedoch mit großer Zärt¬
noch
vergeßlichen Vorstellung, in der Ernst empfangen wurde, wird das Werk für seinen
lichkeit darstellt. Da sind die jungen
Hartmann den alten Herzog=Präten= das Burgtheater komponiert, aufgebaut
Männer, berauscht von der Süße des
zu #
denten zum Vorbild echter Majestät er¬
und geschrieben. Man kann sagen, das
Lebens, umweht von der Ahnung des
licher
hob, in der Balajthy mit dem Eschen¬
Burgtheater hat inspirierend selber an
bachen
Todes und dabei in einem überwachen bacher eine Prachtgestalt bürgerlichen
diesem Stück mitgearbeitet. Keine andre
auch
Bewußtsein beständig auf der Hut vor Heldentums schuf, und die Wohlgemuth
Bühne wäre imstande, den „jungen Me¬
sich selbst. Da sind die merkwürdigen
nicht
als Helene v. Valois künstlerisch entdeckt
dardus“ so zu spielen, wie er am Burg= in ei
Verknüpfungen des Schicksals, die tragi¬
wurde, kehrte das Burgtheater gleichsam
theater gespielt wird.
sches Erleben ins Groteske zerren, heiteres
auch
wieder zu sich selbst zurück.
Das bliebe auch dann noch wahr, volle
Getändel zu tragischen Abenteuern
Jetzt hat Anton Wildgans dieses Werk wenn die Einzelleistungen weniger gut
steigern und immer den tiefen Sinn
finde
ausgewählt, um Schnitzlers sechzigsten
wären. Auch dann noch wäre der Ge¬
jeglichen Geschehens enthüllen. Da ist das
einfa
Geburtstag zu feiern. Seit wir diese
samtton, wäre der Glanz, der alle diese einfa#
Phantastische, das breit ausholende
„dramatische Historie“
nicht gesehen
fünfzehn Bilder überschimmert, etwas
Spiel mit den Möglichkeiten der Szene,
gar
haben, sind mehr als zehn Jahre ver¬
Einziges.
das sich in Schnitzlers frühesten Ent¬
in sel
gangen und wir häben unterdessen so
Von der ersten Besetzung ist ja heute, Vorn
würfen anmeldet. Und da ist ein großes,
manche dramatische Historie selber mit¬
farbenbuntes, gestaltenreiches Abbild
nach zehn Jahren, nicht mehr so sehr viel von
erlebt, selber mit erlitten. Es zeigt sich, das übrig, aber doch noch manches Wichtige.
von Oesterreich. Menschen, Landschaft,
Frau
Schnitzlers Werk in diesen zehn Jahren
Geschichte und Geschick, zusammengefaßt
Vor allem Frau Bleibtreu, die als Mutter
als
910
jünger geworden ist und lebendiger. Als Klähr ebenso viel menschliche Einfachheit
mit dem wunderbar formenden Griff
repräh
hätte es das Blut dieser zehn Jahre in sich als seelischen Reichtum entfaltet. Dann
einer hohen Meisterschaft.
neral
gezogen, pocht nun in diesem Werk der
die Agathe der Frau Medelsky, die er¬
Vor etwa vierzehn Jahren hat Paul
fiebernde Puls unsrer Zeit. Alle Zu¬
Tiefe
schütternd wirkt. Dann der uralte Herr,
Schlenther dieses Werk „ein liebens¬
sammenhänge treten deutlicher hervor. den Herr Straßny mit seiner fahlen Ein¬
lang
würdiges Monstrum“ genannt und hat Was hier poetisch gestaltete Vergangen=dringlichkeit zeichnet, mit jener Kraft, die stellu
es abgelehnt. Es war eine der vielen, heit ist, dramatisierte Geschichte, erscheint der äußersten Blässe so viel Plastik zu Lang
leichtfertigen Entscheidungen, mit denen jetzt fast wie Prophetentum. Furchtbar geben vermag. Ferner die Helene von Stim
dieser Direktor des Burgtheaters gerade begreiflich enthüllt sich das Walten der Valois der Frau Wohlgemuth, die an
Zwisch
die wichtigsten und wertvollsten Stücke rücksichtslosen Gewalt, die Ohnmacht des schauspielerischer Vollendung und adeli¬
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