Mec
22. Der junge ardus
box 27/4
Traum von der Königskrone der Valois. Durch ihre Liebe will sie
ihn an sich fesseln, er soll ihr den Napoleon ermorden. Und Medar¬
dus greift nach dieser Liebe, als hätte ein Gott sie ihm gesandt als
Werkzeug seiner Rache. Die Prinzessin will er nehmen, um ihre
Schande vor allem Volk herauszuschreien: „Die Diener ruf ich zu¬
sammen und die Mägde und schrei es durch den Flur und lasse den
Herzog rufen und die Herzogin und zerre die Prinzessin aus dem
zerwühlten Bett, nackt über die Treppen ...
Den Träumer Medardus aber überragt die Prinzessin in ihrer
diabolischen Frauengröße um Haupteslänge. Sie verliert sich nicht,
ihre Augen sind nur immer auf das Eine gerichtet, das ganz Große,
während Medardus der Zanderer hin= und herschwankt zwischen
rseiner Rache, dem Haß gegen Napoleon und — seinem eigenen Her¬
zen, das er in einer heißen Liebesnacht an die schöne Helene ver¬
loren hat.
Medardus ist uns fast fremd geworden, und wie er so seine
Rache und seine großen Pläue auf den Basteien des von Napoleon
belagerten Wiens spazieren führt, möchte man etwa an den jungen
Grillparzer denken. Medardus, der im Kreis seiner Freunde
einst die Zeit nicht mehr erwarten konnte, daß sie in den Krieg zö¬
gen, weiß heute von nichts anderem mehr als seiner Prinzessin He¬
leue, und als Wien kapituliert, fühlt er nicht die Schmach der Nie¬
derlage, sein Herz jauchzt auf, daß ihm der Weg geöffnet ist, — zu
ihr, die draußen ist, außerhalb der Mauern der belagerten Stadt.
Medardus wird immer kleiner, die Prinzessen immer größer, riesen¬
hafter, dämonischer.
Aus ihrem eigenen Munde muß Medardus erfahren, um wie
viel stärker sie ist, als er. Er wollte an ihr Nache nehmen für seine
entehrte Schwester, Helene aber gab sich ihm, um in ihm den Mör¬
der Napoleons zu gewinnen. Medardus sieht alle seine Pläne zer¬
schlagen, seine Schwester konnte er nicht rächen, Napoleon darf er
nicht mehr töten: „An dem Morgen, da wir ihn begraben hatten,
lauerte sie mir auf. Und so geschah das Närrisch=Furchtbare — daß
von einer Minute zur anderen aus dem Rächer seines Vaterlandes
458
—
22. Der junge ardus
box 27/4
Traum von der Königskrone der Valois. Durch ihre Liebe will sie
ihn an sich fesseln, er soll ihr den Napoleon ermorden. Und Medar¬
dus greift nach dieser Liebe, als hätte ein Gott sie ihm gesandt als
Werkzeug seiner Rache. Die Prinzessin will er nehmen, um ihre
Schande vor allem Volk herauszuschreien: „Die Diener ruf ich zu¬
sammen und die Mägde und schrei es durch den Flur und lasse den
Herzog rufen und die Herzogin und zerre die Prinzessin aus dem
zerwühlten Bett, nackt über die Treppen ...
Den Träumer Medardus aber überragt die Prinzessin in ihrer
diabolischen Frauengröße um Haupteslänge. Sie verliert sich nicht,
ihre Augen sind nur immer auf das Eine gerichtet, das ganz Große,
während Medardus der Zanderer hin= und herschwankt zwischen
rseiner Rache, dem Haß gegen Napoleon und — seinem eigenen Her¬
zen, das er in einer heißen Liebesnacht an die schöne Helene ver¬
loren hat.
Medardus ist uns fast fremd geworden, und wie er so seine
Rache und seine großen Pläue auf den Basteien des von Napoleon
belagerten Wiens spazieren führt, möchte man etwa an den jungen
Grillparzer denken. Medardus, der im Kreis seiner Freunde
einst die Zeit nicht mehr erwarten konnte, daß sie in den Krieg zö¬
gen, weiß heute von nichts anderem mehr als seiner Prinzessin He¬
leue, und als Wien kapituliert, fühlt er nicht die Schmach der Nie¬
derlage, sein Herz jauchzt auf, daß ihm der Weg geöffnet ist, — zu
ihr, die draußen ist, außerhalb der Mauern der belagerten Stadt.
Medardus wird immer kleiner, die Prinzessen immer größer, riesen¬
hafter, dämonischer.
Aus ihrem eigenen Munde muß Medardus erfahren, um wie
viel stärker sie ist, als er. Er wollte an ihr Nache nehmen für seine
entehrte Schwester, Helene aber gab sich ihm, um in ihm den Mör¬
der Napoleons zu gewinnen. Medardus sieht alle seine Pläne zer¬
schlagen, seine Schwester konnte er nicht rächen, Napoleon darf er
nicht mehr töten: „An dem Morgen, da wir ihn begraben hatten,
lauerte sie mir auf. Und so geschah das Närrisch=Furchtbare — daß
von einer Minute zur anderen aus dem Rächer seines Vaterlandes
458
—