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22. beardus
box 27/4
„DBSERVER‘
— Wien, I., Wollzeile Nr. 5
Talefon R-29-0.42
680
— Neue Preie P##
Abenanlatt
46. MT. 634
Stummes
Bur
atheater.—
Zwischen Kulissengassen und Möbelspeichern.
Eine riesige düstere Halle mit schmalen Gängen und
Bei einem Rundgang, dessen Führung der Transport¬
mächtigen Gestellen, die neben= und übereinander lange
leiter Josef Hobl, ein auch in den kleinsten Details ver¬
Leinwandrollen aufgewickelt tragen. Dann hochgestellt und
blüffend genau informierter Beamter, übernimmt, gibt es
zusammengerückt Hunderte von Tür= und Fensterstöcken aus
mehr als ein überraschendes Wiedersehen. Hier der klassische
Furnierholz, Wände für Schlösser und Elendsquartiere, ge¬
Streitwagen, in dem man als Aushilfsstatist aus nächster
malter Wald und kaschierte Baumstämme, hoch aufstrebende
Nähe die prachtvoll einprägsame Julius=Cäsar¬
Säulen und massive Portale. Urber schmale Stiegen in
Gestalt Max Devrients bewundern durfte, die zwei
höhere Stockwerke, wo ein Allerlei buntester Vielfalt den
schimmernd weiße Lipizzaner auf die Bühne zogen. Dasselbe
Blick fesselt: Armselige Eisenbetten neben in Gold und
Fahrzeug wird auch in „Sappho“ und in „Sieben gegen
Purpur strotzenden Thronsesseln, Musik und Tod brüderlich
Theben“ verwendet. Dieser kohlschwarz und feuerrot ge¬
vereint: zwischen Spinett und Pianino stehen Särge. Gleich
sprenkelte Balken schmetterte auf die Bühne, als man in
gegenüber haben sich Geburt und Wissenschaft verbündet:
der Nachmittagsvorstellung für Mittelschüler schaudernd den
eine kleine Holzwiege schmiegt sich in den Schatten, den ein
Schloßbrand in „Käthchen von Heilbronn“
Riesenglobus wirft. Daneben ein Stückchen Gartenkultur,
erlebte. Die einsame Pracht zweier Doppelsäulen weckt die
Rosensträucher, deren Blätter aus Leinwand und deren
Erinnerung an die letzte Neuinszenierung des „Fiesco“.
Blüten aus Kreppapier sind, ein Kaktus, der prätentiös seine
Aber gab es damals nicht sechs solcher Säulenpaare? Die
stacheligen Arme ausbreitet, Rote Ziegelkamine und bunte
übrigen fünf schmücken jetzt den Saal in „Maria Theresia
Bauernöfen, Bibliotheksschränke, zwar ohne Bücher, aber
und Friedrich II“. Vor dieser Friedhofsmauer traf die junge
immerhin mit verschiedenfarbigen Bücherrücken aus Pappe,
Glut von Artbur Schnitzlers „Medaxdus“ mit dem
Fahnenstangen, an denen man hochklettern könnte, ein
nugren Storz der Pruzessen von Valois zusammen. Dieselbe
Baldachin, der sich majestätisch über eine Sänfte breitet, alt¬
Mauer hat dann noch in „Alt=Heidelberg“ in der „Braut
ehrwürdige Truhen mit eisernen Beschlägen, Kisten aus
von Messina“ und zwei Dutzend anderen Stücken „mit¬
einem Kramladen, von Lafetten drohende Kanonenrohre, die
gespielt“. Denn so und nicht anders wird hier die Ver¬
sich erst bei vertraulichem Abklopfen als Holzattrappen zu
wendung der Dekorationen bezeichnet. Sie sind für die
erkennen geben, primitive Küchenmöbel und hochmoderne
Arbeiter und Aufseher kein toter Fundus, sie spielen
Stahlrohrgarnituren. Alle Stile, alle Zeiten und Kulturen
richtig mit wie die Schauspieler, eine Gruppe
scheinbar wirr übereinander gehäuft, ineinander geschachtelt
ist auf die andere angewiesen, denn ohne Hintergrund,
— der graue Rahmen vieler blendender Bilder, Dekorationen
Treppe, Tisch und Tür kann nicht einmal der Aslan Theater
und Requisiten auf Urlaub, die hier keinen Ehrgeiz haben,
spielen.
schöner zu scheinen, als sie wirklich sind, die sich gleichsam
ungeniert dehnen und räkeln, bis sie aus verstaubter Ruhe
Alte Prospekte werden wieder neu.
gerissen, in ratternde Wagen verpackt und in einen ge¬
räumigen Palast geschleppt werden, wo sie auf den Glanz
Um also im Bilde zu bleiben, gibt es, wie bei den
hergerichtet und, von tausenden grellen Lampen bestrahlt,
Künstlern, stärker und schwächer beschäftigte Exemplare.
plötzlich repräsentieren, Prunk vortäuschen müssen und drei
Viel bewährt ist etwa ein Rokokosaal, der für Bahrs
Stunden lang dem gutgläubigen Publikum als Gold und
„Krampus“ hergestellt und dann in „Gneisenau , „Metter¬
Marmor imponieren, während sie in Wahrheit doch brav und
nicht", „Der Schwan“ und „Disraeli“ verwendet wurde oder,
bürgerlich nur Holz und Pappendeckel sind.
wie es hier heißt, „mitspielte" Der für „Iphigenie“ gemalte
Zypressenhain breitete seine Wipfel auch über „Elektra“,
Das Labyriuth der 1800 Kühnenbilder.
„Phädra, „Julius Cäsar“ und Hero und Leander in „Des
Meeres und der Liebe Wellen“.
Von außen sieht das Dekorationsmagazin
Aber ein Gegensatz besteht immerhin zwischen den
des Burgtheaters in der Dreihufeisengasse mit
sprechenden und schweigenden Mitspielern auf der Bühne.
seinem dunkel wuchtenden Gemäuer und den hohen, in kleine
Wenn der Schauspieler ausgedient hat, so geht er, sollte er
Quadrate geteilten, beinahe vergitterten Fenstern halb wie
diesen seltenen Tag noch erleben, in Pension. Die Dekoration
eine Kaserne, halb wie ein Gefängnis aus. Trotz der ge¬
hingegen wird, wenn sie ausrangiert ist, verwandelt und ver¬
waltigen Dimensionen des Bühnenhauses im Burgtheater
jüngt und so wieder in den Dienst gestellt.
finden dort auf der Hinterbühne nur wenige Ausstattungen
jener Stücke Platz, die mehrmals in einer Woche auf dem
Schutz gegen Feuersgefahr.
Spielplan stehen. Alle übrigen Kulissen müssen auf einem
Im obersten Stock sind die Werkstätten unter¬
Lastauto mit langen Anhängewagen hin und her trans¬
gebracht. Da ist ein Malersaal von solchem Ausmaße,
portiert werden. Das Auto darf aus feuerpolizeilichen
daß die spanische Reitschule bequem hier chre Produktionen
Gründen überhaupt nicht in das Magazin einfahren, in dem
zeigen könnte. Die zu bemalende Leinwand steht auf keiner
auch das Rauchen streng verboten ist. Zwölf Arbeiter schieben
Staffelei, sondern liegt auf dem Boden, wie eben jetzt die
die eisernen Anhängewagen in den sogenannten Perronhof.
B
KAT
Kulissen zu „Weißer Flieder“, die aufgefrischt werden. Jede
chtMeter
lanig
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Bur
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Zwischen Kulissengassen und Möbelspeichern.
Eine riesige düstere Halle mit schmalen Gängen und
Bei einem Rundgang, dessen Führung der Transport¬
mächtigen Gestellen, die neben= und übereinander lange
leiter Josef Hobl, ein auch in den kleinsten Details ver¬
Leinwandrollen aufgewickelt tragen. Dann hochgestellt und
blüffend genau informierter Beamter, übernimmt, gibt es
zusammengerückt Hunderte von Tür= und Fensterstöcken aus
mehr als ein überraschendes Wiedersehen. Hier der klassische
Furnierholz, Wände für Schlösser und Elendsquartiere, ge¬
Streitwagen, in dem man als Aushilfsstatist aus nächster
malter Wald und kaschierte Baumstämme, hoch aufstrebende
Nähe die prachtvoll einprägsame Julius=Cäsar¬
Säulen und massive Portale. Urber schmale Stiegen in
Gestalt Max Devrients bewundern durfte, die zwei
höhere Stockwerke, wo ein Allerlei buntester Vielfalt den
schimmernd weiße Lipizzaner auf die Bühne zogen. Dasselbe
Blick fesselt: Armselige Eisenbetten neben in Gold und
Fahrzeug wird auch in „Sappho“ und in „Sieben gegen
Purpur strotzenden Thronsesseln, Musik und Tod brüderlich
Theben“ verwendet. Dieser kohlschwarz und feuerrot ge¬
vereint: zwischen Spinett und Pianino stehen Särge. Gleich
sprenkelte Balken schmetterte auf die Bühne, als man in
gegenüber haben sich Geburt und Wissenschaft verbündet:
der Nachmittagsvorstellung für Mittelschüler schaudernd den
eine kleine Holzwiege schmiegt sich in den Schatten, den ein
Schloßbrand in „Käthchen von Heilbronn“
Riesenglobus wirft. Daneben ein Stückchen Gartenkultur,
erlebte. Die einsame Pracht zweier Doppelsäulen weckt die
Rosensträucher, deren Blätter aus Leinwand und deren
Erinnerung an die letzte Neuinszenierung des „Fiesco“.
Blüten aus Kreppapier sind, ein Kaktus, der prätentiös seine
Aber gab es damals nicht sechs solcher Säulenpaare? Die
stacheligen Arme ausbreitet, Rote Ziegelkamine und bunte
übrigen fünf schmücken jetzt den Saal in „Maria Theresia
Bauernöfen, Bibliotheksschränke, zwar ohne Bücher, aber
und Friedrich II“. Vor dieser Friedhofsmauer traf die junge
immerhin mit verschiedenfarbigen Bücherrücken aus Pappe,
Glut von Artbur Schnitzlers „Medaxdus“ mit dem
Fahnenstangen, an denen man hochklettern könnte, ein
nugren Storz der Pruzessen von Valois zusammen. Dieselbe
Baldachin, der sich majestätisch über eine Sänfte breitet, alt¬
Mauer hat dann noch in „Alt=Heidelberg“ in der „Braut
ehrwürdige Truhen mit eisernen Beschlägen, Kisten aus
von Messina“ und zwei Dutzend anderen Stücken „mit¬
einem Kramladen, von Lafetten drohende Kanonenrohre, die
gespielt“. Denn so und nicht anders wird hier die Ver¬
sich erst bei vertraulichem Abklopfen als Holzattrappen zu
wendung der Dekorationen bezeichnet. Sie sind für die
erkennen geben, primitive Küchenmöbel und hochmoderne
Arbeiter und Aufseher kein toter Fundus, sie spielen
Stahlrohrgarnituren. Alle Stile, alle Zeiten und Kulturen
richtig mit wie die Schauspieler, eine Gruppe
scheinbar wirr übereinander gehäuft, ineinander geschachtelt
ist auf die andere angewiesen, denn ohne Hintergrund,
— der graue Rahmen vieler blendender Bilder, Dekorationen
Treppe, Tisch und Tür kann nicht einmal der Aslan Theater
und Requisiten auf Urlaub, die hier keinen Ehrgeiz haben,
spielen.
schöner zu scheinen, als sie wirklich sind, die sich gleichsam
ungeniert dehnen und räkeln, bis sie aus verstaubter Ruhe
Alte Prospekte werden wieder neu.
gerissen, in ratternde Wagen verpackt und in einen ge¬
räumigen Palast geschleppt werden, wo sie auf den Glanz
Um also im Bilde zu bleiben, gibt es, wie bei den
hergerichtet und, von tausenden grellen Lampen bestrahlt,
Künstlern, stärker und schwächer beschäftigte Exemplare.
plötzlich repräsentieren, Prunk vortäuschen müssen und drei
Viel bewährt ist etwa ein Rokokosaal, der für Bahrs
Stunden lang dem gutgläubigen Publikum als Gold und
„Krampus“ hergestellt und dann in „Gneisenau , „Metter¬
Marmor imponieren, während sie in Wahrheit doch brav und
nicht", „Der Schwan“ und „Disraeli“ verwendet wurde oder,
bürgerlich nur Holz und Pappendeckel sind.
wie es hier heißt, „mitspielte" Der für „Iphigenie“ gemalte
Zypressenhain breitete seine Wipfel auch über „Elektra“,
Das Labyriuth der 1800 Kühnenbilder.
„Phädra, „Julius Cäsar“ und Hero und Leander in „Des
Meeres und der Liebe Wellen“.
Von außen sieht das Dekorationsmagazin
Aber ein Gegensatz besteht immerhin zwischen den
des Burgtheaters in der Dreihufeisengasse mit
sprechenden und schweigenden Mitspielern auf der Bühne.
seinem dunkel wuchtenden Gemäuer und den hohen, in kleine
Wenn der Schauspieler ausgedient hat, so geht er, sollte er
Quadrate geteilten, beinahe vergitterten Fenstern halb wie
diesen seltenen Tag noch erleben, in Pension. Die Dekoration
eine Kaserne, halb wie ein Gefängnis aus. Trotz der ge¬
hingegen wird, wenn sie ausrangiert ist, verwandelt und ver¬
waltigen Dimensionen des Bühnenhauses im Burgtheater
jüngt und so wieder in den Dienst gestellt.
finden dort auf der Hinterbühne nur wenige Ausstattungen
jener Stücke Platz, die mehrmals in einer Woche auf dem
Schutz gegen Feuersgefahr.
Spielplan stehen. Alle übrigen Kulissen müssen auf einem
Im obersten Stock sind die Werkstätten unter¬
Lastauto mit langen Anhängewagen hin und her trans¬
gebracht. Da ist ein Malersaal von solchem Ausmaße,
portiert werden. Das Auto darf aus feuerpolizeilichen
daß die spanische Reitschule bequem hier chre Produktionen
Gründen überhaupt nicht in das Magazin einfahren, in dem
zeigen könnte. Die zu bemalende Leinwand steht auf keiner
auch das Rauchen streng verboten ist. Zwölf Arbeiter schieben
Staffelei, sondern liegt auf dem Boden, wie eben jetzt die
die eisernen Anhängewagen in den sogenannten Perronhof.
B
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Kulissen zu „Weißer Flieder“, die aufgefrischt werden. Jede
chtMeter
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