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21. Kontesse Mizzioder der Fanilientag
dürfen! Der Zirkel schließt sich. Die Clique schafft die Be¬
(gl##heater und Kunst. 1%
rühmtheiten, und die Berühmtheiten muß man aufführen,
auch wenn ihnen gar nichts Gescheidtes und Gutes einfällt
Deutsches Volkstheater. Den unerfreulichen Diens¬
und sie bloß dem Aerger über ihre Impotenz in einei
tag=Abend leitete eine ebenso überflüssige als unaus¬
jener mühselig zusammengeklitterten Anekdoten Ausdruck¬
geglichene Aufführung der „Liebelei“ von Arthur
geben, die zu nichts nutz sind als, die Feuilletonspalten
Schnitzleweindie man längst im verdienten Ruhe¬
eines Bör ublattes zu füllen, das zu allen Stunden des
stand—gmübte. Wenn so ein lebensschwaches Wesen plötzlich
Tages und der Nacht für jede Gemeinheit offensteht.
aus Pensionopolis zurückkehrt, verletzen einen förmlich die
Nur darum müssen wir uns nach der „Clo“ auch noch
unedlen Falten und Runzeln, die sein Gesicht angesetzt
die „Mizzi“ gefallen lassen.
hat. Ein mühsam umkonstruiertes Lovelac= und Clavigo¬
Motiv, ins Cabaret=Milieu transskribiert — das ist alles,
Eine solche Zote ernsthaft kritisieren, hieße ihr eine
was von der einstigen beauté de diable übriggeblieben
Ehre erweisen, der sie in keinem Satze würdig ist. Wer
ist! Von den Darstellern sind uneingeschränkt nur
wird sich auf offener Straße mit einem jener hochgesinnten
Kutschera zu loben, der vom „Fritz“ maßvoll und schön
Zeitgenossen, die mit Schmutz nach reinen Kleidern werfen,
hinübergealtert ist in den „Hans Weiring“, und Fräulein
in eine Diskussion über Anstand einlassen!
Waldow, welcher Typen wie die „Mizzi Schlager“ ganz
Eines aber darf man trotz aller Abneigung gegen soz
vorzüglich liegen. Edthofer und Kramer litten sicht¬
widerliche Gassenvergnügungen denn doch nicht übersehen:
lich unter der inneren Leere ihrer Aufgaben, Mitterwurzer
die Methode, die in diesen konzentrischen Angriffen gegen¬
fand in Herrn Klitsch einen etwas zu puppenhaften
die alten Feudalherren des Landes liegt. Man bekämpft!
Erben, und Käthe Hannemann vermochte erst im
aus dem Winkel der Anarchie heraus alles, wofür das
letzten Akte sich von ihrem ein wenig altjüngferlichen Tone
bodenständige Volk sich noch einige Pietät bewahrt hat,
freizumachen; da freilich erhob sie sich dann zu einer sehr
und arbeitet so konsequent auf die Errichtung von Zu¬
ansehnlichen Größe, deren ungelöster Rest ganz auf das
ständen hin — wie ungefähr in Frankreich — wo man
Konto des auf dem Höhepunkte der Handlung allzu
nicht der Edelste sein muß, um Staatsoberhaupt zu sein,
schwachen und redseligen Autors zu setzen ist.
sondern wo allenfalls auch ein erfolgreicher Hausierer dafür
Will man von dem neuen Einakter Schnitzlers, der genügt.
Komödie „Komtesse Mizzi“ reden, so drängt sich zu¬
In der Politik mag es verschiedene Motive für diesen
nächst diese Bemerkung auf. Beklagt jemand das Bestehen
Kampf geben; im Leben ist es immer das gleiche, alte:
einer für die Kunst unfruchtbaren, aber mächtigen und
Neid und Haß gegen die höhere Art. Ein gesunder,
skrupellosen Clique in Wien, so ziehen vor allen ihre
kräftigen und sittlicher Charakter strebt aus niederer Lage
Führer selber die Achseln hoch und lächeln spöttisch: So
mit edelster Anspannung zur Höhe hinauf — Herrs
etwas gibt's ja gar nicht! Und macht man einer Theater¬
Schnitzler sucht die, deren Kreis sich seiner Sehnsucht ver¬
direktion darüber Vorwürfe, daß sie so brufalen Angriffen
schlossen hält, auf sein Niveau herabzuziehen. Darin liegt
gegen eine respektable Gesellschaftsklasse, wie z. B. Burck¬
der Unterschied, der die Kritik entwaffnet. —
hards „Comtesse Clo“, öffentlich Gelegenheit macht, so wird
Es scheint mir endlich an der Zeit, auch an das
man mit der Antwort abgespeist: Ja, der Autor hat einen
Deutsche Volkstheater selbst eine ernste und höfliche Mahnung
so bedeutenden Namen, daß wir selbst solche Arbeiten, die
zu richten. Man hat dem wahrhaft künstlerischen Streben
uns selber nicht gefallen, nicht ablehnen können und seiner Leitung steis volle Gerechtigkeit widerfahren lassen!
und ihr auch schon vor den Jubeltagen des Dezember
gerne einen Zug von Ritterlichkeit zugebilligt. Umso leb¬
hafter meldet sich nun das Befremden darüber an, daß sie
sich auf diese seltsame Art einer Danksagungspflicht ent¬
schlägt, von welcher kein Amtsblatt entheben kann ...
21. Kontesse Mizzioder der Fanilientag
dürfen! Der Zirkel schließt sich. Die Clique schafft die Be¬
(gl##heater und Kunst. 1%
rühmtheiten, und die Berühmtheiten muß man aufführen,
auch wenn ihnen gar nichts Gescheidtes und Gutes einfällt
Deutsches Volkstheater. Den unerfreulichen Diens¬
und sie bloß dem Aerger über ihre Impotenz in einei
tag=Abend leitete eine ebenso überflüssige als unaus¬
jener mühselig zusammengeklitterten Anekdoten Ausdruck¬
geglichene Aufführung der „Liebelei“ von Arthur
geben, die zu nichts nutz sind als, die Feuilletonspalten
Schnitzleweindie man längst im verdienten Ruhe¬
eines Bör ublattes zu füllen, das zu allen Stunden des
stand—gmübte. Wenn so ein lebensschwaches Wesen plötzlich
Tages und der Nacht für jede Gemeinheit offensteht.
aus Pensionopolis zurückkehrt, verletzen einen förmlich die
Nur darum müssen wir uns nach der „Clo“ auch noch
unedlen Falten und Runzeln, die sein Gesicht angesetzt
die „Mizzi“ gefallen lassen.
hat. Ein mühsam umkonstruiertes Lovelac= und Clavigo¬
Motiv, ins Cabaret=Milieu transskribiert — das ist alles,
Eine solche Zote ernsthaft kritisieren, hieße ihr eine
was von der einstigen beauté de diable übriggeblieben
Ehre erweisen, der sie in keinem Satze würdig ist. Wer
ist! Von den Darstellern sind uneingeschränkt nur
wird sich auf offener Straße mit einem jener hochgesinnten
Kutschera zu loben, der vom „Fritz“ maßvoll und schön
Zeitgenossen, die mit Schmutz nach reinen Kleidern werfen,
hinübergealtert ist in den „Hans Weiring“, und Fräulein
in eine Diskussion über Anstand einlassen!
Waldow, welcher Typen wie die „Mizzi Schlager“ ganz
Eines aber darf man trotz aller Abneigung gegen soz
vorzüglich liegen. Edthofer und Kramer litten sicht¬
widerliche Gassenvergnügungen denn doch nicht übersehen:
lich unter der inneren Leere ihrer Aufgaben, Mitterwurzer
die Methode, die in diesen konzentrischen Angriffen gegen¬
fand in Herrn Klitsch einen etwas zu puppenhaften
die alten Feudalherren des Landes liegt. Man bekämpft!
Erben, und Käthe Hannemann vermochte erst im
aus dem Winkel der Anarchie heraus alles, wofür das
letzten Akte sich von ihrem ein wenig altjüngferlichen Tone
bodenständige Volk sich noch einige Pietät bewahrt hat,
freizumachen; da freilich erhob sie sich dann zu einer sehr
und arbeitet so konsequent auf die Errichtung von Zu¬
ansehnlichen Größe, deren ungelöster Rest ganz auf das
ständen hin — wie ungefähr in Frankreich — wo man
Konto des auf dem Höhepunkte der Handlung allzu
nicht der Edelste sein muß, um Staatsoberhaupt zu sein,
schwachen und redseligen Autors zu setzen ist.
sondern wo allenfalls auch ein erfolgreicher Hausierer dafür
Will man von dem neuen Einakter Schnitzlers, der genügt.
Komödie „Komtesse Mizzi“ reden, so drängt sich zu¬
In der Politik mag es verschiedene Motive für diesen
nächst diese Bemerkung auf. Beklagt jemand das Bestehen
Kampf geben; im Leben ist es immer das gleiche, alte:
einer für die Kunst unfruchtbaren, aber mächtigen und
Neid und Haß gegen die höhere Art. Ein gesunder,
skrupellosen Clique in Wien, so ziehen vor allen ihre
kräftigen und sittlicher Charakter strebt aus niederer Lage
Führer selber die Achseln hoch und lächeln spöttisch: So
mit edelster Anspannung zur Höhe hinauf — Herrs
etwas gibt's ja gar nicht! Und macht man einer Theater¬
Schnitzler sucht die, deren Kreis sich seiner Sehnsucht ver¬
direktion darüber Vorwürfe, daß sie so brufalen Angriffen
schlossen hält, auf sein Niveau herabzuziehen. Darin liegt
gegen eine respektable Gesellschaftsklasse, wie z. B. Burck¬
der Unterschied, der die Kritik entwaffnet. —
hards „Comtesse Clo“, öffentlich Gelegenheit macht, so wird
Es scheint mir endlich an der Zeit, auch an das
man mit der Antwort abgespeist: Ja, der Autor hat einen
Deutsche Volkstheater selbst eine ernste und höfliche Mahnung
so bedeutenden Namen, daß wir selbst solche Arbeiten, die
zu richten. Man hat dem wahrhaft künstlerischen Streben
uns selber nicht gefallen, nicht ablehnen können und seiner Leitung steis volle Gerechtigkeit widerfahren lassen!
und ihr auch schon vor den Jubeltagen des Dezember
gerne einen Zug von Ritterlichkeit zugebilligt. Umso leb¬
hafter meldet sich nun das Befremden darüber an, daß sie
sich auf diese seltsame Art einer Danksagungspflicht ent¬
schlägt, von welcher kein Amtsblatt entheben kann ...