II, Theaterstücke 21, Komtesse Mizzi oder: Der Familientag, Seite 55

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21. Kont# Mzi oder der Fanilientag box 26/1
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(Quellenangabe ohne Gewähr.)
= Ausschnitt aus:
Die Wage, Wien
23.00N 1909
E vom:
Von unseren Bühnen.
Hofburgtheater. — Deutsches Volkstheater.
Die bekankte, SchwankfirmgBlumenthal & Kadelburg brachte
mit dem „Lustspiele“ „Die Tür ins Freie“,dem Burgtheater einen
Lacherfolg. Freilich gah es eine Zeit, wo derartige Schwänke —
denn dies ist die richtig Gattungsbezeichnung den Weg in die
Burg nicht (géfunden hätten. Denn damals überließen noch die Hof¬
theaterdirektören das Geschäft ganz den Privatbühnen ... Die
Verfasser haben es zustande gebracht, einen gar reizenden Lustspiel¬
gedanken in banaler Weise zu verschandeln! — Da durch einen
nach Jahren entdeckten Formfehler auf dem Standesamte eine große
Anzahl von Ehen ungültig geworden ist, steht die „Tür ins Freie“
den Ehegatten offen! Welche Fülle von kritischen, lebensechten
Situationen wäre aus dieser Idee zu holen gewesen! Welche
Gelegenheit, moderne Eheverlogenheit satirisch zu beleuchten!
Von alledem aber hier keine Spur. Man hört nur seichte Witze.
er trägt
Der Freiheitsdrang der Ehemänner bleibt philisterhaft —
schon im Entstehen den Keim zur biederen Rückkehr ins Bett der
Gewohnheit in sich.
Aus der glänzenden Darstellung ragten be¬
sonders Frau Witt und Thimig hervor. Fräulein Kutschera ist selbst
für Backfische noch zu jung.
Nicht ungünstig gestaltete sich der Einakterabend des Deutschen
Volkstheaters. Schon deshalb, weil er wieder einmal Gelegenheit
bot, sich an Felir Saltens geist= und humorvoller „Auferstehung“
diesem scharf geschauten Stück Leben zu erfreuen. — Auch die erste
Bühnenbekanntschaft mit Artur Schnitzlers „Anatols Hochzeits¬
morgen“ war wertvoll. Ein Abriß aus der Werdezeit des Dichters,
da er noch bei den Franzosen in die Schule ging. Das sehr heikle
Thema — Anatol verbringt die Nacht vor seiner Verheiratung mit
seiner Geliebten wird schick und geschickt durchgeführt. Fräulein
Galafrés und Herr Kramer spielten mit köstlicher Laune. — Von
A. M. Willners Szenen aus der Conciergerie: „Der Pechvogel“
läßt sich dies nicht sagen. Hier ist alles gesucht, plump, über¬
konstruiert. In diesem Spiel des Zufalls, dessen Rolle die Guillotine
übernimmt, hätte Vertiefung des Gedankens: daß ein Pechvogel
selbst dann dem Tod nicht entgeht, wenn sich ein anderer für ihn
Der Verfasser beeilte sich, den Klatschern
opfern will, genützt.
zu danken. — Der letzte Einakter, „Die grüne Schnur“ fiel unter
der eiligen Flucht des Publikums jämmerlich ab. Herr Max Bern¬
stein ist emsig bestrebt, mit jedem neuen Stücke immer deutlicher zu
zeigen, daß er kein Talent hat. Weshalb man diese trostlise Tri¬
vialität, die schon im Burgtheater langweilte, aufführte, ist rätselhaft.
F. W—f.