II, Theaterstücke 21, Komtesse Mizzi oder: Der Familientag, Seite 109

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fast sadistischen Mischung von Liebe und grausamem
Inszenierung des Herrn Dr. Alberty fehlte die Stim¬
Morde, berührte Schnitzlers Komtesse Mitzi wie eine
mung, und das lag auch in der Darstellung. Fräulein
reater und Musik.
heitere Satire. Das Wort ist eigentlich nicht das rich¬
Wolff ließ auch in der Salome merken, daß die Wie¬
Graz, 26. April.
tige, denn Schnitzler ist zu viel Poet und Lyriker, um
dergabe großer Emotionen, der wirksame Eindruck gewal¬
kter am Franzensplatz.
ganz Satiriker zu sein: aber es ist eine hübsche Ko¬
tiger Leidenschaften nur zum Teile im Bereiche ihrer
mödie mit seinem anmutigen und feinem Dialog in seiner
die von Oskar Wilde. Fräulein Margarethe
Ausdruckmittel liegt. Was ihr gut gelang, war die
Deuischen Theater in Petersburg a.
Mischung von Pariser Esprit und anheimelnder Wiener
perverse Lüsternheit in ihrem Gespräche mit Jochanaan;
hzzi oder Der Familientag, Komödie von
Gemütlichkeit. Im Mittelpunkte der Handlung steht wie¬
was ich vermißte, war der wilde Trotz des verwöhn¬
Arthur Schnitzler.
der das „süße Wiener Mädel“, aber es hat aus der Vor¬
ten Fürstenkindes, die naive unbewußte Verderbtheit,
des Drama Salome ist durch Richard
stadt den Weg zur Terrasse eines gräflichen Schlosses
der Haß wegen verschmähter Werbung und dann vor allem
amige Oper, der es als Text zu Grunde
genommen, nur in älterer Gestalt. Graf Pazmandy, der
die große, wenn auch aus perversen Instinkten aufflam¬
r bekannt und berühmt geworden, als
frühzeitig Witwer geworden, hat mit einem Ballettmädel,
mende Liebe zu dem bewunderten Propheten. Diese muß
chene Wiedergabe. Und doch ist die letztere
Lolo Langhuber, durch 18 Jahre lang ein Verhältnis
namentlich in der Schlußszene mit dem Haupte in der
er Ergänzung. Denn im Drama sind
gehabt; er wollte sie sogar heiraten, aber sie schlägt
Schüssel zur Geltung kommen, und das Entsetzen und den
Unterscheidungen und physiologische und
ihn aus, weil „es doch kein gut täte“ und vermählt
physischen Ekel vor ihrem Tun bei den Zuschauern mil¬
Ausführungen enthalten, die auch durch
sich dafür mit einem Fiaker und Hausbesitzer. Vor
dern. Aber die furchtbare Szene blieb ziemlich wirkungs¬
sdrucksformen der Musik nicht so charak¬
ihrer Verheiratung besucht sie noch den Grafen, der
los, weil dem Spiele der Darstellerin der große Zug
gegeben werden können als durch die
ein wenig seiner Tochter, der Komtesse Mitzi, wegen
fehlt. Den Schleiertanz führte sie nicht ohne Grazie
Im Drama lebt sich eine Natur aus in
geniert ist. Doch diese ist lang über Vorurteile hinaus,
und sehr charakteristisch aus. Sie ist gewiß eine gewandte
bis zum dionysischen, ja perversen Wahn¬
sie hat vor achtzehn Jahren den Fürsten Ravenstein,
und verwendbare Schauspielerin, aber ich vermag den
Einakter steckt eine große Kraft der Kon¬
einen Freund ihres Vaters, geliebt und von ihm einen
wirklichen Gewinn nicht zu ersehen, den ihr Engagement
eine Plastik der stalten, besonders des
Sohn gehabt, den nun der Fürst adoptiert hat und
für unser gegenwärtiges Schauspiel haben soll. Herr Dr.
in fanatischem Hasse, in visionärer Ver¬
im Schlosse vorstellt. So ist der „Familientag“ voll¬
Alberty vexgriff sich in der Darstellung des Herodes
Flüche über das Geschlecht der Herodes
ständig beisammen: Vater und Maitresse, Tochter und
wieder einmal an dem richtigen Gradmesser für seine
und dann der Salome, die in ihrer
„illegale“ Mutter, Fürst Ravenstein und sein natürlicher
dramatische Wiedergabe. Die weinselige Stimmung des
Verderbtheit sich nach dem weißen kühlen
Sohn. Des letzteren wegen entschließt sich Komtesse Mitzi,
asiatischen Despoten wurde zur lärmenden Trunkenheit,
m roten Munde des unheimlichen Pro¬
ihrem heimlich geliebten Zeichenlehrer, Professor Wind¬
die wandelnden abnormen Launen zum wirklichen Wahn¬
d zuletzt mit der krankhaften Ausdauer
hofer, kurzweg den Laufpaß zu geben und sich mit
sinn und stellenweise zur scheinbaren Verblödung. Dabei
1 Kindes nach seinem Haupte verlangt,
dem mittlerweile auch Witwer gewordenen Fürsten Ra¬
ging der Fürst und König, ging die Würde des Herrschers
isch brünstiger Gier die blutigen Lippen
venstein zu vermählen. Der Kern des Einakters liegt
von Judäa völlig verloren. Wenn König Lear in Wahn¬
eine unheimliche, sinnlich glühende Fär¬
in der lebensvollen Wahrheit und scharfen Beobachtung,
sinn verfällt, so kann er doch noch immer stolz ausrufen:
1 Dialogs, förmlich rhythmische Sprach¬
womit Schnitzler hier ein Sittenbild aus der Gesellschaft
„Jeder Zoll ein König!“ Aber dem schreienden, trun¬
atmende Wechselreden. Nur in einem
zusammenstellt und im Gegensatze zwischen der Lebens¬
kenen Manne gegenüber klingt es fast komisch, wenn
k von der biblischen Erzählung ab, daß
lüge der bevorzugten Stände und der ehrlichen munteren
die Wachen sich wiederholt ängstlich und scheu zuflü¬
es Johannes lediglich von Salome aus¬
Auffassung eines Mädchens aus dem Volke. Auch die
stern: „Wie finster sieht der Vierfürst aus!“ Diese Be¬
stalt der Herodias, die dort die eigentliche
beiden aristokratischen Typen, der gutmirtige und ein¬
merkungen sind ja zugleich ein Wink für den Darsteller
ständig zwecklos wird.
fache ungarische Edelmann Pazmandy „der sich um Lauf
des Herodes. Im übrigen sind Fräulein Fasser als
rung am Samstag zeigte übrigens deut¬
und Urteil der Welt nicht kümmert, und der diplomatische
Herodias und Herr Höller als Jochanaan noch her¬
esprochene Drama von Wilde bei weitem
Fürst Ravenstein, der als echter Feudaler um Ruf und
vorzuheben.
ng hervorrief, wie seinerzeit das Musik¬
Meinung der Welt besorgt ist, sind gut gezeichnet und
Nach der schwülen Erotik der Salome, dieser brutalen,
hard Strauß. Trotz der vortrefflichen
wurden von den Herren Großmann und Schroth
trefflich dargestellt. Sonst verlief das heitere Stück etwas
matt und gedehnt, obwohl die Frauengestalten, Komtesse
Mitzi und Lolo Langhuber, durch die Damen Fasser
und Rainer sehr gut wiedergegeben wurden. Überra¬
schend war die flotte, muntere und der Rolle ganz an¬
gemessene Darstellung des Philipp durch Herrn Mey##
svell. Das Haus war ausverkauft und, wie immen
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