II, Theaterstücke 21, Komtesse Mizzi oder: Der Familientag, Seite 112

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21. nontesse Mizz 1oder der FaniTientan
gunz wenig chargirie, wußte derr Thaller ge¬
räuschvolle Wirkungen zu erzielen. Die Tochter
spielte Frl. Paula Müller und bezauberte durch
die Anmuth, welche ihr ganzes Wesen ausstrahlte.
Da das Stück mit diesen beiden Rollen steht oder.
fällt, hätten die Wiener ihre Sache gewonnen ge¬
habt, auch wenn der zweite Plan minder gut versorgt
gewesen wäre. Doch die Damen Galafrés, die
eine grande cocotte mit gewinnendem Chic und
glänzenden Toiletten ausstattete, sowie FrauSchweig¬
hofer, die der Mutter viel Gemüth lieh, ferner
Herr Kramer, der für einen zur Solidität sich be¬
kehrenden jungen Lebemann die nothwendige Ele¬
ganz aufbrachte, boten durchwegs achtungswerthe
Leistungen, welche von dem ausverkauften Hause mit
stürmischem Beifall honorirt wurden.
Am Sonntag boten uns die Wiener Gäste ein
ziemlich reichhaltiges literarisches Menn. Hors
d’oeuvre: Sudermann. Ein kleiner, in unwahres
Rococo gekleideter Ehebruch mit unnöthig blutigem
Schlusse führt den Titel Lichtbänder. Auf
Rosen gebettet sehen wir eine schöne junge Frau in
pervers gesteigerter Erotik in den letzten Zügen ihrer
Liebe zu einem jungen Grafen. Ein alter, ver¬
fallener Gartenpavillon bietet den Liebenden ein
wollustgetränktes Versteck. Hier überrascht sie der
Gatte. Ein von Sudermann rechtzeitig auf die Szene
gebrachtes Messer läßt die ungetreue Frau und das
wenig erquickliche Stück rasch enden. Felix Salten's
Auferstehung, hier schon ungarisch gespielt,
war der zweite Gang. Das Stück, mit seinem vor¬
nehm=witzigen Dialog und seiner liebenswürdig¬
satirischen Schärfe, feierte in der brillanten Darstel¬
lung des Wiener Ensembles selber eine Art Auf¬
erstehung, und die Pointe der kleinen famosen
Bluette kam so erst recht zur Geltung. Als Dessert
wurde „Comtesse Mizzi“ von Schnitzler
servirt. Eine Groteske. Ein Reigen intimer Gescheh¬
nisse, die in buntem Wechsel einen Fürsten in ver¬
wandtschaftliche Beziehung zu einem Fiakerkutscher
bringt. Vielleicht ist Schnitzler zu persönlich in
seinem Spotte gegen die österreichische Aristokratie, —
aber die einzelnen Figuren sind so meisterhaft
modellirt, der Dialog so geistvoll und zugleich
prächtig in seiner selbstverständlichen Schlichtheit, die
Vorgänge auf der Bühne so vielgestaltig, so an¬
regend, daß man den Meister der modernen Wiener
Dramatik just wieder in diesem kleinen, nur für das
Feuilleton erdachten Werl, erkennen kann. Auch:
dieses Stückchen wurde unübertrefflich fein gespielt,
und wir freuen uns, daß wir dem ausgezeichneten
Ensemble abermals unsere vollste Bewunderung aus¬
drücken können.
In der vieraktigen Komödic Bernhard Shaw's
„Major Barbara“, geht es der Heilsarmee an den
Kragen. Nach der launigen Anulkung der frommen
Brigade wird unter Anderem der Beweis erbracht,
daß die samose salvation army gerne. auch solche
milde Gaben nimmt, die durch Erzeugung von Ka¬
nonen und sonstigem Mordwerkzeug von einem
Millionär gewonnen werden. Eine blendende Fülle
des beißendsten Spottes und der funkelndsten Ein¬
fälle paradoren Geistreichthums und tiefer Kenntniß
der Welt und der Menschen verbreitet sich über die
Theater, Hunst und Tileraisitt 7.
ganze Komödie, deren Darstellungsart die Künstler¬
schaar des Deutschen Volkstheaters ganz vortrefflich
# Gastspiel der Wiener. 1/9
trifft. Das von der Aufführung in die glücklichste
Die Mitglieder des Deutschen Volkstheaters
Theaterstimmung gelockte Publikum vertheilte seinen
vermittelten uns am Samstag die Bekanntschaft mit
Beifall gleichmäßig und zeichnete die exquisiten Dar¬
einer reizenden Komödie: „Vater“ (Son père),
welhunc im deutschen Giewande die französtsthe bietungen der Damen Schweighofer, Mar¬
[berg, Müller, sowie diejenigen der Herren
Herkunft nicht verleugnete. Väterliche Empfindungen
[Homma, Kremer und Edthofer bei
im Rahmen eines Scheidungsurtheils, wie Guinon
jeder Gelegenheit durch freudigen Beifall aus. Dem
und Bouchinet, die Väter des Stückes, sie analysi¬
ungetheilten Beifall der Zuschauer schließt sich das
ren, sind echtes Pariser Erzeugniß, eine Mischung
von Leichtsinn und Herz, verfeinert durch reichliche Generallob für das treffliche Ensemble an¬
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