II, Theaterstücke 21, Komtesse Mizzi oder: Der Familientag, Seite 166

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21. Koml#se Mizz1oder der Faniientag
es als eine Art von „Leseaufführung“ mit allen unver¬
(0 1 Eheater und Musik.%%
meidlichen Unzulänglichkeiten einer Dilettantenvorstellung
gegeben wird. Alles Riskierte und Pikante dieses Qui¬
St. Petersburger Gesellschaft von Liebhabern
pcoquos von Liaisons leichten oder leichtgenommenen
dramatischer Literatur. Der zweite Vereinsabend am
Genres erhält bei einer Führung des Dialogs durch
Mittwoch war Arthur Schnitzler gewidmet und
Liebhaberkräfte, denen die Bühnenroutine abgeht, ein
ährtin" und
brachte zwei Einakter: „D
schwerfälliges Gepräge, das gerade das Nichtzubetonende
„Komteß Mizzi oder der Familientag“.
satalerweise in peinlicher Weise betont. — Das Wiener
Zwei Einakter von verschiedenem Wesen: eine ernste, zu
Genre und Wesen, das mit Grazie über die heiklen
tieferem Nachsinnen anregende Studie über das Ehe¬
Pointen hinweghelfen könnte und ein wesentliches Ele¬
problem und eine leicht über die Komplikationen des
ment zum Erfolg der kleinen ironischen Skizzen bildet,
Lebens ironisch hinweggankelnde Bluette.
fehlte auch in der Wiedergabe.
Als Charakterisierung der dichterischen Physiognomie
Den darstellenden Damen und Herren erwächst daraus
Schnitzlers, der sich an dem einen Abend als ernster und
kein Vorwurf — sie taten, was sie konnten — aber die
als lachender Philosoph präsentierte, kann man die Wahl der
Auswahl dieses Einakters für eine Vereinsaufführung war
Einakter als Ausdruck beiderlei Genres seiner dramati¬
kein glücklicher Griff.
schen Produktion billigen. Weniger aber die Wahl der
A Stürzwage.
Stücke selbst für einen Vereinsabend, besonders des zwei¬
-O-
Erstes Symphoniekonzert der Kaiserlich Russischen
ten Einakters überleichten Wiener Genres.
Musikalischen Gesellschaft im Saale der Adelsversammlung
Das einaktige Schauspiel „Die Gefährtin“ wirft ein
am Mittwoch den 13. Oktober. — Eifrig wirbt die Musika¬
scharfes Streiflicht auf das Motiv der Entfremdung
lische Gesellschaft um sich die frühere Gunst der Musikfreunde
zwischen zwei Ehegatten. Jahre lang hat Robert Pilgram
Petersburgs wiederzugewinnen. Ihr Jubiläumsjahr brachte
neben seiner Gattin gelebt, die ihm ewig fremd war, die
eine Reihe symphonischer, populärer und historischer Kon¬
ihm — wie er erst nach ihrem Tode erkannt — auch
zerte; auch in der heurigen Saison will sie nicht müßig sein,
stets fremd bleiben wollte. Mit schmerzlicher Erbitterung
verspricht des Guten nicht wenig in einer oder der anderen
feht er das ein, jetzt, wo der frische Erdhügel
Form. Vorläufig aber noch nicht mit erschöpfendem Erfolg;
ihre Grabstätte deckt und die Trauerkränze noch
noch immer muß sie an sich erfahren, daß nach einem volks¬
nicht verwelkt sind. — Die Wirkung dieses kurzen, ernsten
tümlichen Witzwort hereinfallen leicht, wieder herausfallen
Bühnenspiels liegt in seiner Stimmung, weniger in
aber sehr schwer ist. Das Eröffnungskonzert am vorigen
seiner literarischen Bedeutung, da Schnitzler in dem be¬
Mittwoch war amende nicht schlecht besucht; der Saal ver¬
handelten Eheproblem über einige treffende Aphorismen
mug aber viel mehr Publikum zu fassen, und vor allem —
nicht hinwegkommt.
Die Dialoge wurden von dem
die Stimn ung im Auditorium erhob sich nicht über das
Darsteller und der Darstellerin der beiden Hauptrollen
gute Mittel. Vielleicht hätte ein Dirigent mit tönenderem
ernst und ruhig geführt, aber, um eine volle Bühnen¬
Namen die Saison einleiten sollen; wohl ist Herr Mly¬
wirkung auszuüben, bedarf es wohl hier des Spiels von
norski vielen unter uns aus früheren Zeiten als berufener
Bühnenvirtuosen. Es ist ein Theaterstück, das für
Geiger wohlbekannt, auch wissen wir, daß Meister Auer
eine Vereinsaufführung, wo es weniger auf das Spiel
selbst hier sein Violinkonzert aus der Taufe gehoben hat —
als auf die Uebermittelung eines literarischen Werks an¬
kommt, sich nicht ganz eignet.
anderer uns für diese Saison in Aussicht gestellter Diri¬
Noch weniger ist das bei der „Komteß Mizzi“ der
genten augenscheinlich doch etwas gefährlich. — Vor allem
Fall. Das ist ein Spielstück par excellence, das als
einige Worte über das diesjährige Orchester der Russischen
Zugabe zu einem größeren Stück von routinierten
Musikgesellschaft. Es weist gegenüber der vorigen Saison
Berufsschauspielern flott heruntergespielt, wahrscheinlich
in manchem Fortschritte auf; scheint einheitlicher vorgehen
seine prickelnde Wirkung als ironisches Scherzspiel nicht
verfehlen wird. Dann kann es als Genrebildchen aus der
zu wollen, macht mehr den Eindruck des besser Diszipli¬
Wiener Highlise trotz seiner Frivolitäten als launiges
nierten, seiner Aufgabe Bewußten. Immerhin hat es noch
Intermezzo hingenommen werben. — Nicht aber, wenn] an sich zu arbeiten. Das Verhältnis der Gruppen zuein¬
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ander ist noch nicht genügend ausges
passiert es, daß sie gegen Holz und
ankämpfen können; das Messing w#
sion und Sicherheit noch zu wünsch
satz gelingt ihm nebenbei. Mängel,
mehr zu bemerken sein werden. Un
die Ausführung der Pathetischen
kowski (trifft man sie nicht vielleich
Programm?); im dritten Satz ging
verloren, neben den charakteristisch
motiven in den Bläsern kamen mitu
men an die Oberfläche, die sich besche
halten sollen. Auch im Schlußsatz
Wucht, das Vermögen das verzw#
zum erschütternden Aufschrei zu gest
der Symphonie erheblich gegenüber
zurückblieb, ist zum Teil auch den n
wählten Tempi des Dirigenten zuz
narski reckte mitunter etwas, so beson
gangs= und Schlußsatzes, verwischte
besonders des letzteren Moments.
Walzer, dessen wechselnde Rhythmen
andergestellt erschienen. Man muß
wie Herr Mlynarski nächstens die u
gigantische Achte von Glasunow
Die beiden weiteren Orchesterwerke
als gemischie Werte zu bezeichnen.
narski mit Eleganz durchgeführte
phonie von Stoiowski bewegt sich in
lichen Klangkombinationen; ein gede
derschlag ließe sich schwer aus ihm hei
verkennbar ist in diesem Scherzo der
schen Schule aus den achtziger und
sich mehr in musikalischem Flirt al
um die Kunst gefiel; man brauchte kan
zu erfahren, daß Stoiowski ein Schül
zu Zeit hört man aber derartiges gan
die Gedankentändelei den äquivalen
Ausdruck im Orchester findet. Mit
beitet Smetana in seiner „Särka“;
Geschütz ins Feld, erhebt sich aber
nirgends weit über den Erdenstaub.
phonischen Dichtung ist klobig, auf ge
ten; Rechtfertigung findet diese M
nationalen Element, das ihr zugrun