II, Theaterstücke 21, Komtesse Mizzi oder: Der Familientag, Seite 169



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21. Konlesse Mizzjoderder Fanirientag
vorhanden, aber er ist lustig und nicht ohne Grazie, wenn auch etwas
timität des Sprechens läßt sich doch auch dann noch wahren, wenn man
us.
umständlich. Wie bei der Kolusnuß ist für einen so kleinen Kern zu
etwas mehr Ton gibt und vor allem — schärfer artikuliert.
viel Emballage. Dennoch schlug die Komödie kräftig ein und berei¬
Schnitzler.
Wie der letzte Alt eines großen Dramas mutet Oskar Wildes
tete die beste Stimmung vor — nicht zuletzt dank der Darstellung,
„Florentinische Tragödie“ an. Der von einer Reise spät heim¬
einen Königsberger
die nur noch im Tempo zu beschleunigen wäre. Der Benesiziant
kehrende Kaufmann Simone findet bei seiner Gattin Guido Bardi, den
Venefizabend
spielte den Grafen, Frau Rosner aus der Fülle und Anschauung
Sohn des florentinischen Fürsten. Er durchschaut sofort die Situation
fte uns mit literari¬
ihrer Natur, der nichts Menschliches fremd zu sein scheint, die Kom¬
und spielt voll lauernden Hohns mit seinen Opfern, bis er den Prinzen,
Pürde des Wertvollen
tesse. Gleich ihr konnte auch Herr Schönemann als Fürst reizend
wie zum Scherz, zu einem Waffengang herausfordert. Bianca leuchtet
von großer Klugheit
Wienerisch plauschen. Er hat damit auch sein Talent für „alte Herren“
den Fechtenden und flüstert dem Geliebten zu. den Gatten zu töten. Der
Bugleich darftellerisch dokumentarisch beglaubigt — bis auf die schlechtsitzende weiße Pe¬
aber überwindet und erwürgt den Prinzen. Und nun geschieht das Wun¬
us vier Stücken, die rücke, die unterm Strohhut ungefähr wie ein klinischer Kopfverband
derbare — wie Wilde es uns glaubhaft machen will. Das Weib bleibt:
der Weltliteratur zu¬
aussah. Den Sohn dieser illegitimen Verbindung gab Herr Aldor
vor dem Sieger wie geblendet stehen und ruft mit ausgebreiteten Armen:
aut mit vier stark
ganz nach Vorschrift „frech, aber fesch“. Frau Peppler brachte,
„Warum hast Du mir nicht gesagt, daß Du so stark?“ Ihm aber sinkt
Et dem merkwürdiger¬
wohl wegen Besetzungsschwierigkeiten, als Lolo das Opfer, eine In¬
die zum tödlichen Streiche erhobene Hand, er küßt die Gattin und spricht
nsanftes Andante;
bend zu markieren, die nicht die ihrige ist.
berauscht: „Warum hast Du mir nicht gesagt, daß Du so schön?“ Also
er Leidenschaft und
Von stärkstem Kontraft hierzu war die folgende Dichtung des Por¬
Liebe und Haß im Wechsel einer Sekunde. Jeder fühlt wohl, was der
Enschlag. Die Stücke
tugiesen Julio Dantas, die zum ersten Male vor neun Jahren im
Dichter — der ein großer Künstler, aber auch der größte Künsteler war —
enhang, doch spielte
Theater Donna Amelia zu Lissabon aufgeführt worden ist: „Das
mit dieser Schlußpointe gemeint hat. Es ist kondensierte Psychologie,
ind so lebendig hin¬
[Nachtmahl der Kardinäle.“ Hinter dem klangvollen Titel
die bei reicherer Entfaltung vollkommen wahr sein mag, in zwei dürftige
Fralnenner „Liebe“
könnte man vielleicht eine Tragödie von der blutigen Farbe der Kardi¬
Verse gezwängt, aber doch nur wie ein witziger Einfall, wie eine epigram¬
nalsmäntel wittern. ... Nichts davon; nur ein entzückendes Rokokobild,
matische Anekdote anmutet. Daher läßt die Szene, der wir bis zum be¬
nitzler, dem an
das ohne dramatischen Nerv uns allein durch seine Stimmung gefangen
fremdenden Schluß mit stockendem Atem gefolgt sind, am Ende doch
se Stelle gebührt, da
nimmt. Drei greise Kirchenfürsten speisen im Vatikan zur Nacht. Die
etwas kalt, und ich glaube, selbst die Kunst eines Kainz, der die Rolle des
Einigkeiten zu einer
beiden älteren blicken voll naiven Neides auf den Jüngsten, einen Sech¬
Kaufmanns kreiert hat, konnte über diesen toten Punkt der sonst sinn¬
drei Jahren an die
ziger. „Erst sechzig grüne Jahre; das ist der volle Lenz!“ Aus einem
berückenden Dichtung nicht hinweghelfen. Neben Roberts kraftvollem
ist neben „Literatur“
politischen Wortwechsel, der mit dem Friedenskusse beigelegt wird, geht
Simone blieben Frl. Nähr und Herr Gerdes bescheiden im Hinter¬
Spiegel jener laxen
die Unterhaltung in — Liebesbekenntnisse über. Die Alten schwelgen in
grunde, zum Teil auch durch die Schuld des Dichters, der dem Liebes¬
dernen Wienertums
dem Glück der Erinnerung, dem einzigen Paradiese, aus dem wir nie
paar zu Anfang wenigstens eine Szene hätte geben müssen.
wirklich zu — so
vertrieben werden können. Der Dreiundsiebziger war einst ein gefähr¬
Im Grunde genommen, behauptet einmal Alfred von Berger, han¬
sten Ravenstein, und
licher Raufbold, den auch in der Liebe nur die Eroberung reizte; der
deln Schnißlers Theaterstücke samt und sonders nur von drei Din¬
Erhältnisse“ mit weni¬
Sechziger singt eine Hymne auf den Esprit:
gen: vom Lieben, vom Sterben und vom Tomödiespielen. In Schnitz¬
r Graf schon seit bald
Die Lieb' ist nicht Bravour; vor allem ist sie Geist
lers „Letzten Masken“ haben wir alle drei beisammen: Eros,
nicht vom Hochadel,
Das Schwert bekämpft den Mann, und schön ist's, ihn bekriegen.
Thanatos und Dionysos. Der Inhalt des feinen Dramolets ist hier be¬
drollig, wie Graf
Der Ger., vermag noch mehr: er lehrt das Weib besiegen.
kannt. Sein Held ist, wie man sich erinnern wird, ein armer, der Auf¬
heiraten will) um
Zuletzt nimmt der Senior das Wort und erzählt von einer Liebe, die
lösung entgegensehender Journalist, der nach einem Leben voll Bitternis
ht, während dieses
allzu früh der Tod getrennt. Damals ist auch er der Welt abgestorben,
und Demütigungen seinen früheren Freund, einen schalen Emporkömm¬
Vater ist und mit
und aus der irdischen Sehnsucht erwuchs ihm die himmlische. Die Hörer
ling, durch ein einziges Wort vernichten will, dieses Wort des Hasses
igen Sohn verfügt.
können sich der Tränen nicht erwehren, und die Frage drängt sich ihnen
dann aber mit in die Ewigkeit hinübernimmt: „Was geht mich sein
t, trifft an einem
auf: „Hätt' von uns drei'n nur er, was Liebe ist, gewußt?!“ Dieses
Glück,“ sind seine letzten Worte, „was gehen mich seine Sorgen an?
Grafen zusammen:
poetische Stücklein wird von dem ganzen Abend manchen am meisten an¬
Was hat ein Sterbender mit den Leuten zu schaffen, die morgen noch
biederen Fiaker, die
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gesprochen haben. Die Regie hatte es in allen Teilen wundervoll abge¬
auf der Welt sein werden?“
— Dieser Einakter ist, wie Wildes „Sa¬
h gar nicht gesehen
tönt, und so fiel es eigentlich gar nicht auf, daß die Darsteller ihrer Natur
lome“, ein rundes Meisterwerk, das auch gestern seine starke Wirkung
Wlientag! Er erhält
nach gar nicht an ihrem Platze waren. Denn bei aller Delikatesse des
tat. Nur hatte ein Teil des Publikums zum Schluß offenbar das üb¬
esse Mizzi sich an= Spiels ließ Herr Perlberg, der auch seine monotone Deklamation
liche Satyrstück erwartet und hielt sich nun an dieser kleinen Tragödie
ie Hand zu reichen, noch etwas auffrischen müßte, doch zu wenig den verflossenen spanischen schadlos, indem es sie wie eine Animierposse aufnahm und behandelte.
Flichen Freund, Hidalgo erkennen, ebenso wenig wie Herr Förster schon äußerlich der Herr Schönemann, der den „komischen“ Mimen mimte, hat dazu
orten verabschiedet Typus eines durch Geist berauschenden Franzosen ist. Herr Robert] übrigens nicht die geringste Veranlassung gegeben, führte die Rolle im
nd Kinder!“ Alsowirkte hier besonders durch seine vorzügliche Maske, sprach aber zu leise, Begenteil ebenso taktvoll wie charakteristisch durch und ließ uns wieder
erschen Reigen nicht worüber in diesem kleinen Theater überhaupt oft geklagt wird. Die In¬ einmal bedauern, daß ein so sympathischer Künstler dem allgemeinen