II, Theaterstücke 21, Komtesse Mizzi oder: Der Familientag, Seite 193

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21. Kont##se Mizz1oder der Fani lientag
FIEARRAR
Der junge Student: Ihr echtes Pathos
Hand. Und beides Oester- gerühmt worden. Sie wissen, ich habe als alter
Schererschüler immer eine verwandtschaftliche Neigung verrät, daß ich eine Wunde getroffen habe. Das
Also eine geheime dekorative zu diesen Germanisten gehabt, ich kenne ihre Verdienste, wollte ich hier — in unserm Gespräch — nicht. Ich verstehe,
H. Sie erinnerten sich Adam und ich vertraue gern — als alter Kamerad — dem Urteiljdaß es Sie nicht mehr zu neuen Taten lockt. Aber Sie sind
Gegensatz“. Bravo. Nur dieser Männer, wenn ich auf ein eigenes verzichten zu müssen dennoch nicht alt genug, um mit Schnitzler und Schönherr
abzuschließen. Denken Sie an den alten Fontane. Der hat
glaube. Im übrigen nehmen Sie die Dinge viel zu tragisch,
re Kosten kam.
mit Siebzig Sie und Hauptmann ermuntert ...
lieber Freund. Noch ein kurzes Jahr, und ich trete ab.
Der Direktor: Ja, wenn ich nur einen sähe, der
Dann übernimmt ein jüngerer, vielleicht geschmeidigerer
Sie langweilte sich bei der
das würde, was uns damals Hauptmann war. Nirgends
Herr meine Erbschaft. Ihm können Sie Ihre Forderungen
sierte sich bei den lustigen
weit und breit ein junges, starkes, echtes Talent. Sie
präsentieren und ich bin sicher, er wird sie einlösen. Weil
Spötters, der die Dinge
Inennen das bei mir Skepsis und Resignation. — Das ist ein.
sie von der Jugend kommen.
u bißchen kokett betrachtet.
Irrtum. Ich gestehe, daß ich nicht an die neuen Götter¬
Der junge Student: Pardon, so leicht, so billig
glaube, weder an Wedekind noch an den Dramatiker Heinrich
jemand hat Sie neulich
läßt sich Ihr Werk nicht fortsetzen. Nicht Geschmeidigkeit,
Mann. Und Thomas Manns Drama „Fiorenza“ könnte ich.

net. Ich glaube, es stimmt
sondern Härte, nicht Betriebsamkeit, sondern Gesinnung,
mir deshalb sympathisch,
nicht einmal kaufmännische Tüchtigkeit, sondern literarische abgesehen davon, daß es bereits von einer anderen Bühne¬
seit mehreren Jahren augenommen ist, nicht spielen, weil
kaßstäben gemessen scheinen.
Bildung, Ernst, Erkennungsvermögen müßte Ihr Nachfolger
ich es nicht besetzen kann.
Nichts anderes wünschte
vor allem haben... Aber Sie lächeln ...
Der junge Student: Es freut mich, daß Sie auf
zu machen. Sie hätten
Der Direktor: Verzeihung, ich lachte nicht. Ja,
en, rücksichtslosesten Worte
diese konkreten Fälle eingehen; ich wußte, daß Sie vor einem
ich spreche nicht einmal das Wort des sechszehnten Ludwigs
, der ein ernstes Theater
aus. Denn ich glaube an gar keine Sintflut. Nur besser aufrichtigen Urteil nicht zurückschenen. Wenn Sie aber an
itschlagen, verführen läßt,
all denen, die von der jungen Generation als ihre Meister
wird es zunächst nicht werden, höher werden wir nicht
denfalls nicht geniert, Ernst
verehrt werden, kraft Ihrer Veranlagung vorübergehen¬
klimmen. Und wenn ich gestern Schnitzler und Schönherr
men Karl Schönher auf
müssen, dann bleibt Ihnen allerdings nichts anderes übrig,
vorführte, so wollte ich, wenn es mir schon hier unter vier
itten einem solchen Theater¬
Augen erlaubt ist, von dem inneren Mechanismus zusals Ihr Theater den dicknervigen Heimatsdichtern und den
n, nach Geschäften vorge¬
sprechen, der jedes Theater bewegt, ich wollte die Resultate fragwürdigen Talmiromantikern zu öffnen. Denn so ehrlich
Recht — nicht nach Ent¬
mehrerer Spieljahre an diesem Theaterabend möglichst Ihre Gesinnung sein mag, so wenig Ihr Urteil durch die
ucht, Sie hätten ihn — auf
unauffällig veranschaulichen. Ganz ohne Prätension, ohne Kassenerfolge dieser Dichter à la mode korrumpiert werden¬
verurteilt.
es bleibt Ihnen gar nichts anderes übrig, Sie
en
kann, —
für meine Dichter die Trommel zu rühren, ohne Partei zu
müssen (auch ohne Germanistenrat) diese Herren spielen.
venn ich — unter uns ¬
ergreifen.
Der Direkior: Das Theater ist keine moralische
hnen aber sagte, daß Lebens¬
Der junge Student: Sie vergessen, daß Sie mit
Anstalt. Schiller täuschte sich. Das Theater ist vielmehr ein
hne Theorien zurückgelegt
jeder Aufführung, die Sie veranstalten, Partei ergreifen,
Barometer für alle Atmosphären der Kultur. Ein Bildungs¬
daß jeder Dichter, von Ihnen gespielt, Ansprüche weckt, wecken
messer, der die guten und die schlechten Einflüsse aufzeichnet,
Keine Theorien, sondern
muß. Denn Ihnen läßt man nicht das Recht, diesen und
registriert.
jenen durch die Gunst des Publikums hinaufgekommenen
Amor fati. Sie haben
Der junge Student: Dann hätten Sie auch
Macher zu spielen, Sie sollen (so will es die ideale Forderung
itsche Theater getan. Sie
Blumenthal und Lubliner spielen müssen. Immerhin sind
nann geschenkt. Abe ihr
derer, die Sie schätzen) nach siebenfacher Siebung nur die
Ihrem Barometer einige Strömungen entgangen.
nicht erkennen zu können, wirklich Wertvollsten, die Ernstesten, unter den wenigen
ken. Das ist kein Porwurf. Künstlern, die in Betracht kommen, nur die, die uns vor¬
Der Direktor: Ich habe alles aufgefangen, was¬
e Sie für Schönherr mehr wärts bringen, auswählen.
ich mit meinen Organen fassen konnte; ich habe auch manches
derind.
meinem Wesen Fremde zugelassen. Es muß dem Herrn, der
Der Direktor: Die alte triviale Weisheit muß ich
nach mir kommt, überlassen bleiben, neue Wege zu finden.
e die Leitung des Lessing=Ihrem jugendlichen Sturm entgegenhalten: es ist in der
inden nieder. Sehen Sie: Praxis anders als in der Theorie. Wenn man zwanzig Ich bin nicht stolz auf meine Leistungen, aber tut er das, was
hönherr, aber auch nicht Jahre ein Haus besitzt, kommt mancher herein, der nicht hin=ich für meine Zeit geian, so bin ich — obwohl es manchem
r jedoch ist von Männern eingehört; und dort, glaube ich, kommt es schließlich immer schon zu lange schien zur rechten Stunde abgetreien.

Schlenther aufs höchstelnur auf das Haus an, auf den Geist, der in ihm regiert.