II, Theaterstücke 21, Komtesse Mizzi oder: Der Familientag, Seite 198


#., Eincago, Cleveland, Christiania,
wret, Ropenhagen, London, Madrid, Mailand, Minneapolis,
New-York, Paris, Rom, San Francisco, Stockholm, St. Peters¬
burg, Toronto.
Qnollenangobe ohne Gewühr.)
Ausschnit aus: Nese Preussische Teffung, Syrfis
vom:
31 00H 1912
Theater und Musik.
starken Eindrücken des Bauernstückes hinzugeben, das
bei aller Großzügigkeit der Zeichnung doch eine ge¬
Lessing=Theater.
wisse Einförmigkeit des äußeren Geschehens bietet.
Komtesse Mizzi oder: Der Familientag. Komödie in
Bei seiner Aufführung im Hebbeltheater hat es seinerzeit
einem Akt von Arthur Schui
Ler Hierauf: Erde. Eine
großen Eindruck auf die Berliner gemacht: Es imponiert
(Komödie des Lebens in Karl Schönherr.
auch heute, wo wir die Entwicklung des Dichters schon weiter
Am 30. Jannar.
verfolgen können, durch die Kraft der Linienführung und
Mit Wienerischer „Gemütlichkeit", in scheinbar harm¬
durch die Plastik, mit der die primitivsten Gefühle der
losem, leichtem Planderton werden in „Komtesse Mizzi“ die
Menschenbrust darin ausgedrückt werden. Die Liebe zur
geheimen Beziehungen einer Familie aufgedeckt, die nach
Scholle, zum eigenen Fleck Erde, die den alten Bauer Tod
außen hin die höchste Respektabilität wahrt, aber innerlich
und Krankheit überwinden läßt, die seinen Sohn in kläg¬
vom Gift der Dekadenz angekränkelt ist. Das Herrenhausmit¬
licher Knechtschaft festhält, weil er sich nicht vom Heimat¬
glied Fürst Ravenstein führt der Komtesse, seiner einstigen
boden trennen kann und die Mena, die Magd, mit
Geliebten, ihren achtzehnjährigen Sohn zu, von dem diese
stärkerer Gewalt beherrscht, als
jedes
Herzens¬
bis dato nichts hat wissen wollen, da sie es mit bitterem
empfinden und sie den Bewerber erhören läßt, der
Groll empfand, daß der verheiratete Fürst sich aus Furcht
ihr ein eigenes Stück
Erde bietet,
ist die
vor einem Skandol nicht gleich zu ihr bekannt hat. Nun ist
treibende Kraft des Stückes. Am unmittelbarsten kam sie
er Witwer; er will den Sohn legitimieren und bietet ihr
zum Ausdruck durch Else Lehmann, deren Mena ein Ur¬
seine Hand. Sie aber ist inzwischen zu einer wissenden
bild gesunder Kraft und selbstsüchtigen Herrscher¬
Jungfrau herangereift, die mit frivolem Sarkasmus auf willens war.
Emannel Reicher, ihr männlicher
menschliche Schwächen blickt und selbst Lolo vom Ballett, die
Gegenpart, ließ anfangs die eisenharte Willens= und
Geliebte ihres Vaters, freundlich begrüßt. Spöttisch weist sie
Lebenskraft, die den alten Bauern zum überragenden Mittel¬
seinen Antrag zurück.
Der Sohn jedoch, ein frühreifes
punkt des Stückes macht, vermissen, erregte aber Interesse
Bürschchen von großer Frechheit, reizt ihr Wohlgefallen in
durch die Wandlungsfähigkeit, die er bewies, als er den
so hohem Maße, daß wir mit der tröstlichen Aussicht scheiden,
todkranken Bauern wieder aufstehen und seinen erwartungs¬
bald eine glückliche Familie vereint zu wissen.
vollen Erben mit verschmitztem Hohn ein Schnippchen!
Fein ist diese plumpe Wirklichkeit verhüllt, mit leisen
schlagen ließ. Kurt Stieler und Mathilde Sussin
Andeutungen und vielsagendem Lächeln huscht der Verfasser
gaben das ehemalige Liebespaar, das in jahrelanger Knecht¬
darüber hin, gingen auch die Schauspieler darüber hinweg.
schaft ergraut und der Lebensfreude beraubt ist, realistisch in
Vor allem Irene Triesch, deren Komtesse Mizzi eine Glanz¬
Ausdruck und Gebärde. Margarete Albrecht als Totenweibele
leistung war, ganz Weltdame, liebenswürdig und spöttisch und
und die Herren Rickelt, Neßler, Ziener, Walter und Forest
voll gelassener Anmut. Heinz Monnard gab den Fürsten Raven¬
bewiesen zwar, daß die Künstler des Lessing=Theaters auf den
stein wienerisch weich und weltmännisch, Emanstel Reicher den
derben Bauernstil eingespielt sind, doch litt das Zu¬
alten Grafen gutmütig und leichtlebig, mit ungarischem Akzent.
sammenspiel an einer gar zu schleppenden Breite und verlor
Erich Walter aber bot einen natürlich=unbefangenen, über¬
dadurch an Kraft.
E. v. B.
aus feschen Sohn und eine schöne Parkszenerie mit der Barock¬
fassade eines alten Schlößchens bildete den erläuternden
Hintergrund für die vornehme Ueberkultur, die hier dargestellt
ward und dem Publikum, dank der vortrefflichen Aufführung,
recht gut zu gefallen schien.
Nicht glücklich war die Zusammenstellung dieses Wiener
Sittenstückes mit Schönherrs „Erde“. Das Publikum war
ganz auf das Differenzierte gestimmt und vermochte sich
nicht mehr mit voller Aufnahmefähigkeit den einfachen!
ag M 1.