21.
box 26/3
Kontesse Mizz1oderderPani Lientar
Telephon 12.801.
„OBSERVER“
I. österr. beh. konz. Unternehmen für Zeitunge¬
Ausschnitte und Bibliographie.
Wien, I., Conoordiaplatz 4.
Vertretungen
in Berlin, Brüssel, Budapest, Chicago, Cleveland, Christianis,
Genf, Kopenhagen, London, Madrid, Mailand, Minneapolls,
New-Vork, Paris, Rom, San Francisco, Stockholm, St. Petere¬
burg, Toronto.
(Quollenangabe ohne Gewähr.)
Ausschnitt aus:
Budapester Presse,
gom: I. FEÜRUAR 19 Bädapest
Hiektordes Kahmimnner Selgngent-kecters.
Schnitzler und Schöpherr- im Berliner
Lessing-Theater. Wie under Berliner Korre¬
spondent telegraphierl, brachte das Lessing-Theater
aber die Schauspieler selber mit dem Dichter
-uihnn Schuifelers Einakter „Komtesse Mirei“ neu
nicht mitgehen, einerlei aus welchen äußerlichen
einstudiert zur Aufführung. Das kleine Stück
oder innerlichen Ursachen, dann bleibt die ohne¬
gesiel trotz der nur mittelmäßigen Darstellung.
hin etwas schwerblütige Zuhörerschaft erst recht
Hingegen wurde die folgende, vor drei Jahren
kam denn Arthur Schnitzlers
zurück.
schon im Hebbel-Theater gespielle „Erde“ von
„Komtesse Mizzi“ und ihre gesellschaftliche
unantastbare Sauberkeit, trotz ihres er¬
Karl Schönherr sanft abgelehnt. Es lag an dem
wachsenen unehelichen Sohnes, völlig zu ihrem
auf die Dialekte Hauptmannscher Bauernstücke
Rechte. Das heißt: die Zuhörerschaft ließ sich
eingespielten Ensemble, das Schönherrs urwüchsige
willigst von dem geistreichen Spötter und Ver¬
Gestalten nicht zur vollen Gellung zu bringen ver¬
spötter der gesellschaftlichen Heucheleien leiten
und nahm all die glitzernden Bosheiten und all
mochte und stellenweise ungewollte Heiterkeit her¬
die zugespitzten Anzüglichkeiten mit verständnis¬
vorrief.
innigem Behagen entgegen, ja sie fing sie förm¬
lich auf, als sie noch gewissermaßen in der Luft!
schwebten, während sie für die tiefen poetischen
Salia, Malland, Minneapena,
alis, kom, San Francisco, Stockholm, St. Pesera¬
Schönheiten, für die herben Ehrlichkeiten, für
burg, Toronto.
die psychologischen Treffsicherheiten der Gestalten
(Quellonangube oime Gewanr.)
wie der dramatischen Situation kein inneres
Verständnis zu haben schien. Und vielleicht
Ausschnitt aus:
überragt Schönherrs „Erde“ an dichterischem
-I. FEB. 1912 .
Werte dem vielbejubelten Trauerspiel „Glaube
und Heina““ um ein erhebliches Stück. In
im 1
221
dieser Schonherrschen Dichtung steckt ganz
Magdeburgische Zeitung
entschieden ein echt komödienhafter Zug. Wie
sich alle diese Bauern und Bäuerinnen mit
ihren an und für sich wahrlich genug bedauerns¬
—
werten Schicksalen, mit ihren gottgewollten Ab¬
hängigkeiten abfinden, wie alle ihre Sehnsuchten
sich sozusagen wieder zurückschlingen und wie sie
Berliner Theaterbrief.
schließlich in ihrer ungebrochenen Einfalt doch
(Schnitzlers „Komiesse Mizzi“ und Schönherrs
über alle Widrigkeiten obsiegen — der alte!
„Erde“.)
Grätz, diese knorrige Prachtgestalt, sogar über
schweres Krankheitsungemach — das alles ist
Gestern kamen im Lessingtheater ein raffiniert¬
prächtig ersunden, nicht minder kräftig zum
odern und großstädtisch eingetenselter Bühnen¬
Ausdruck gebracht und durch die lückenlose
priftsteller und ein völlig naiv=gradsinnig
dramatische Entwicklung zu einem künstlerischen
upfindender Dichter zu Gehör. Oder richtiger
Gebilde gestaltet. Der lauen Aufnahme gegen¬
usgedrückt: gestern hielt die übliche Berliner
über, die Schönherrs „Erde“ bei der Zuhörer¬
uhörerschaft der Erstaufführungen ihr ver¬
schaft gesunden, kann man nur mit dem alten
seintlich angestammies Gericht über zwei
Römerspruche antworten: Victrix causa diis
ühnenliterarische Erzeugnisse, die allerdings
— usw. In Wien hat
us den denkbar schärfsten dichterischen An¬
placuit, sed victa
Schönherrs „Erde“ schon seit einer ganzen Reihe
hauungsgegensätzen entsprossen sind. Das
von Jahren Bühnenheimatsrecht am Burgtheater
zerdilt, das die verehrlichen Literaturgeschworenen
erworben. Dort an der Donau hat man den
bgaben, war, piychologisch betrachtet, nicht ohne
Dichter und seine Absichten verstanden, und hier
inen gewissen Reiz. Es lantete zugunsten des
an dem angeblich grünen Strande der Spree
lasiert=geistreichen, großstädtischen Empfindungs¬
hat es an dem Willen oder an der Aufnahme¬
enossen, dagegen zuungunsten des stark¬
fähigkeit gefehlt oder es hat, wie schon ange¬
mpfindenden, bauernverständigen Dichters.
deutet, an der innerlichen Unzulänglichkeit
Vielleicht trug auch die Darstellung zu diesem
der Hauptdarsteller gelegen, daß der Dichtung
Beschworenenspruch bei; denn sie half dem Gro߬
tadtsatiriker durch ihre gelungene Anpassung zu
nicht ihr gebührend Recht geworden.
einem Erfolge, während sie den derbehrlichen, aber
Berlin, 31. Januar 1912. —
empfindungsechten Verdichter der Bauernseele
+
so ziemlich vollständig im Stiche ließ. Sobald1
—
box 26/3
Kontesse Mizz1oderderPani Lientar
Telephon 12.801.
„OBSERVER“
I. österr. beh. konz. Unternehmen für Zeitunge¬
Ausschnitte und Bibliographie.
Wien, I., Conoordiaplatz 4.
Vertretungen
in Berlin, Brüssel, Budapest, Chicago, Cleveland, Christianis,
Genf, Kopenhagen, London, Madrid, Mailand, Minneapolls,
New-Vork, Paris, Rom, San Francisco, Stockholm, St. Petere¬
burg, Toronto.
(Quollenangabe ohne Gewähr.)
Ausschnitt aus:
Budapester Presse,
gom: I. FEÜRUAR 19 Bädapest
Hiektordes Kahmimnner Selgngent-kecters.
Schnitzler und Schöpherr- im Berliner
Lessing-Theater. Wie under Berliner Korre¬
spondent telegraphierl, brachte das Lessing-Theater
aber die Schauspieler selber mit dem Dichter
-uihnn Schuifelers Einakter „Komtesse Mirei“ neu
nicht mitgehen, einerlei aus welchen äußerlichen
einstudiert zur Aufführung. Das kleine Stück
oder innerlichen Ursachen, dann bleibt die ohne¬
gesiel trotz der nur mittelmäßigen Darstellung.
hin etwas schwerblütige Zuhörerschaft erst recht
Hingegen wurde die folgende, vor drei Jahren
kam denn Arthur Schnitzlers
zurück.
schon im Hebbel-Theater gespielle „Erde“ von
„Komtesse Mizzi“ und ihre gesellschaftliche
unantastbare Sauberkeit, trotz ihres er¬
Karl Schönherr sanft abgelehnt. Es lag an dem
wachsenen unehelichen Sohnes, völlig zu ihrem
auf die Dialekte Hauptmannscher Bauernstücke
Rechte. Das heißt: die Zuhörerschaft ließ sich
eingespielten Ensemble, das Schönherrs urwüchsige
willigst von dem geistreichen Spötter und Ver¬
Gestalten nicht zur vollen Gellung zu bringen ver¬
spötter der gesellschaftlichen Heucheleien leiten
und nahm all die glitzernden Bosheiten und all
mochte und stellenweise ungewollte Heiterkeit her¬
die zugespitzten Anzüglichkeiten mit verständnis¬
vorrief.
innigem Behagen entgegen, ja sie fing sie förm¬
lich auf, als sie noch gewissermaßen in der Luft!
schwebten, während sie für die tiefen poetischen
Salia, Malland, Minneapena,
alis, kom, San Francisco, Stockholm, St. Pesera¬
Schönheiten, für die herben Ehrlichkeiten, für
burg, Toronto.
die psychologischen Treffsicherheiten der Gestalten
(Quellonangube oime Gewanr.)
wie der dramatischen Situation kein inneres
Verständnis zu haben schien. Und vielleicht
Ausschnitt aus:
überragt Schönherrs „Erde“ an dichterischem
-I. FEB. 1912 .
Werte dem vielbejubelten Trauerspiel „Glaube
und Heina““ um ein erhebliches Stück. In
im 1
221
dieser Schonherrschen Dichtung steckt ganz
Magdeburgische Zeitung
entschieden ein echt komödienhafter Zug. Wie
sich alle diese Bauern und Bäuerinnen mit
ihren an und für sich wahrlich genug bedauerns¬
—
werten Schicksalen, mit ihren gottgewollten Ab¬
hängigkeiten abfinden, wie alle ihre Sehnsuchten
sich sozusagen wieder zurückschlingen und wie sie
Berliner Theaterbrief.
schließlich in ihrer ungebrochenen Einfalt doch
(Schnitzlers „Komiesse Mizzi“ und Schönherrs
über alle Widrigkeiten obsiegen — der alte!
„Erde“.)
Grätz, diese knorrige Prachtgestalt, sogar über
schweres Krankheitsungemach — das alles ist
Gestern kamen im Lessingtheater ein raffiniert¬
prächtig ersunden, nicht minder kräftig zum
odern und großstädtisch eingetenselter Bühnen¬
Ausdruck gebracht und durch die lückenlose
priftsteller und ein völlig naiv=gradsinnig
dramatische Entwicklung zu einem künstlerischen
upfindender Dichter zu Gehör. Oder richtiger
Gebilde gestaltet. Der lauen Aufnahme gegen¬
usgedrückt: gestern hielt die übliche Berliner
über, die Schönherrs „Erde“ bei der Zuhörer¬
uhörerschaft der Erstaufführungen ihr ver¬
schaft gesunden, kann man nur mit dem alten
seintlich angestammies Gericht über zwei
Römerspruche antworten: Victrix causa diis
ühnenliterarische Erzeugnisse, die allerdings
— usw. In Wien hat
us den denkbar schärfsten dichterischen An¬
placuit, sed victa
Schönherrs „Erde“ schon seit einer ganzen Reihe
hauungsgegensätzen entsprossen sind. Das
von Jahren Bühnenheimatsrecht am Burgtheater
zerdilt, das die verehrlichen Literaturgeschworenen
erworben. Dort an der Donau hat man den
bgaben, war, piychologisch betrachtet, nicht ohne
Dichter und seine Absichten verstanden, und hier
inen gewissen Reiz. Es lantete zugunsten des
an dem angeblich grünen Strande der Spree
lasiert=geistreichen, großstädtischen Empfindungs¬
hat es an dem Willen oder an der Aufnahme¬
enossen, dagegen zuungunsten des stark¬
fähigkeit gefehlt oder es hat, wie schon ange¬
mpfindenden, bauernverständigen Dichters.
deutet, an der innerlichen Unzulänglichkeit
Vielleicht trug auch die Darstellung zu diesem
der Hauptdarsteller gelegen, daß der Dichtung
Beschworenenspruch bei; denn sie half dem Gro߬
tadtsatiriker durch ihre gelungene Anpassung zu
nicht ihr gebührend Recht geworden.
einem Erfolge, während sie den derbehrlichen, aber
Berlin, 31. Januar 1912. —
empfindungsechten Verdichter der Bauernseele
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so ziemlich vollständig im Stiche ließ. Sobald1
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