II, Theaterstücke 21, Komtesse Mizzi oder: Der Familientag, Seite 216

box 26/3
S
21. Kont###se Mizz1oderder FaniLientag
seeklenwer so endem, wie er bisher überhaupt noch nicht
.. am einpfinbe“
n. Ein Bersptel, noch immer des tichsten seid. Mein Telegramm wird von „nationalgesinnten beobachtet worden ist. Den Hauptanziehungspunkt bildete wieder
ündnis unmöglich ist; in der Kreisen“ sprechen. Und euch nicht meinen. Es ist Zeit, einer der Müggelsee, auf dessen ausgedehnter Eisfläche mehr als dreißig¬
n Politik. Schließlich: es ist ein nachgerade lästigen Sprachübung dies Ende zu bereiten. „Ge= tausend Personen herumtummelten. Seitens der freiwilligen
mir Glück wünscht. Derselben] sunde Fortentwicklung des deutschen Volkes“. „Macht und Ehre Sanitätskolonne von Friedrichshagen waren wieder umfangreiche
Maßnahmen getroffen worden. Leider mußten die Rettungsmann¬
Zentrumsschuß so überraschend des Reiches". „Gemeinsame Liebe zum Vaterlande“. Und ihr
in der Kälte. Das mag bitter sein; aber gerecht. Ich habe mich schaften in zahlreichen Fällen in Anspruch genommen werden. Es
Fäden von jener, halb unbeab¬
ialisten zu ihrem Aufstieg von diebisch gefreut, wie ein Fortschrittler euch den „friderizianischen kamen über zehn Personen beim Schlittschuhlaufen zu Fall und er¬
lg sprach für mich, sei es ein Geist“ unter den Beinen wegzog; nachdem euch schon Bethmann litten ernstere Verletzungen und Knochenbrüche. Auch ein Segel¬
es nach einjähriger Uebung das jahrelang eingespielte, gerade
bracht, zu sterben, wenn sie lieben. Sie kriegen Kinder, ob
auf derlei Stücke eingespielte Lessingtheater überboten hat? Ich
sie auch gräfliche Fräuleins sind, sie machen diesen Fräuleins
ater
kann vor solchem Theaterereignis keinen Respekt haben. Geistige
Kinder, ob sie auch mit Fürstinnen verheiratet sind, und sie
Trägheit neigt zu Ausgrabungen dieser Art, künstlerische Alters¬
treffen sich nach achtzehn vergnügten und in jeder Beziehung
singtheater
schwäche leistet Aufführungen dieser Art. Regie? Sie verhindert
abwechslungsreichen Jahren, um einander aus ihrer unfeierlichen
durch läppische Unterstreichungen, durch stumpfsinnige Aus¬
Lebensauffassung kein Hehl mehr zu machen, aber vielleicht doch
er unsanft behandle — und das
malung „naturwahrer Nebenzüge, daß herauskommt, was Schön¬
noch nachträglich dem illegitimen Sohn leidlich legitime Eltern
jeder Aufführung geschehen, weil
herr vorgeschwebt hat: der Rhythmus, die Melodie, das Lebens¬
zu verschaffen. Was Schnitzler hier vermeidet, das allein bezeugt
Harstellung nichts taugt — setzt
gefühl erdenseliger, erdeneifersüchtiger, erdenschlichter Menschen.
seinen unfehlbaren Geschmack. Er unterdrückt die Erkennungs¬
phungen, setzt es sogar Denun¬
Diese Menschen selber? Reicher bemüht sich redlich und, für sein
nen Verlagen. So oft ich Rein=szene zwischen der ledigen Mutter und ihrem erwachsenen Kind,
städtisch=jüdisches Wesen, nicht einmal ohne Glück, den Ackersmann
id selbst heute, wo meine Be=um derentwillen die meisten andern Dramatiker einen solchen
vorzutäuschen, hat aber nichts von der Dämonie, die dem alten
enug gelockert wird, braucht das Einfall überhaupt nur ausgeführt hätten. Er läßt sein Spiel
Grutz zugedachi ist, und die ein genialer Schauspieler ihm zu¬
zu geschehen — im Falle Rein=kleicht und frei von wehmütiger Nachdenklichkeit, die es vielleicht
teilen würde. Eine auständige Leistung, an der nichts überrascht.
ein bischen vertieft, sicherlich aber übermäßig beschwert hätte.
ehätschelt und mit allen Künsten
Sein Sohn wird uns interessanter, weil Herr Stieler mit jeder
eberredung aufgestachelt, diesen Er bemoralisiert diese spöttischen, entweder aus Dummheit oder
neuen „Charakterrolle klarer beweist, wieviel wertvolle Jugend¬
aus Klugheit spöttischen Epikuräer durch nichts andres als durch
rbrennen. Armer Brahm! Ihn
jahre ihm Brahms Kurzsichtigkeit, die ihn solange als Liebhaber“
die milde, unauffällige Ironie seines Tons. Bis hierher hätte
i, auf seine alten Tage ein Lieb¬
sah, ziemlich unwiederbringlich geraubt hat. Als seine Trine
die Geschichte ebenso gut eine Novellette werden können. Ein
ist so allgemein, daß wohl auch
hat den Erfolg nicht Fräulein Sussin, sondern nachträglich Maria
Dramolet wird sie nicht durch irgend einen Konflikt, sondern durch
i Theater immer noch zuerkenne,
Mayer. Dafür gibt die Lehmann, Trines Rivalin Mena, förm¬
en. Ich will nächstens schärfer eine Parallele zu dem Hauptvorgang. Komtesse Mizzi also
lich die Titelrolle, solange sie nicht spricht. Dann aber deckt Herr
g weiter. Ueber euern Rache= kommt nach achtzehn Jahren zu ihrem Kind und ein bischen
Forest durch die Echtheit seines Dialekts ihr Kauderwelsch auf
ngst, daß es schwerer ist, Kritiken später wahrscheinlich zu einem Mann. Mizzis Vater aber wird
und zeigt, wie sehr die Glaubhaftigkeit eines Menschen von seiner
er mir aber nicht einmal nach elf nach achtzehn Jahren von seiner Balleteuse verabschiedet, weil
Sprache abhängt. Ein Regisseur, der Beziehungen zur Kunst
Tätigkeit draufgekommen ist, daß es sie unwiderstehlich zu einem Fiaker zieht. Mizzi, ihr letzter
hätte, wäre keinen Augenblick im Zweifel gewesen, daß für die
entgangen ist, daß meine Ableh= Liebhaber, ihr erster Liebhaber, sein und ihr Sohn, ihr Vater,
Lehmann aus dieser Mena eine schlesische oder märkische Magd,
ben, als Raum für die Dinge zu seine Freundin und deren Verlobter, sie treten nacheinander und
n: der gehe endlich zu den Kri= miteinander auf: das ergibt den Familientag und das lustige die den Tirolern zugewandert ist, gemacht werden mußte. Der
Enchen gewachsen ist. Wenn ein Drama. Sie schwatzen, scherzen, plänkeln, beobachten und lassen Rest? Theater. Dickes und dünnes, pathetisches und über¬
naturalistisches, provinziales und großstädtisches Theater. Die
sich beobachten, schleifen aus ihrer Vergangenheit und Gegen¬
Theater abkehrt, das er manches
ganze Aufführung: eine belästigende Ueberflüssigkeit. Wie denn?
briesen hat, so gibt es drei Mög= wart und Zukunft einen deliziösen Dialog und erzeugen zugleich
Nach zwei schönen Dichtungen von Eulenberg und Schnitzler, die
husiast allmählich ein Griesgram den vollen Schein des Lebens und die runde Realität der Kunst,
sich bei so unzulänglicher Gesamtdarstellung unmöglich halten
die Loire zurückfließen, eh' daß der leider das Lessingtheater nur halb gewachsen ist. Es ent¬
konnten; nach jenem epigonenhaften Versgerinnsel von Ernst
Oder es haben sich, wie ein ano= steht nicht die Atmosphäre, die Schnitzler sich gedacht hat, weil
Hardt, dem der Geschäftsmann Brahm wieder einmal seine lite¬
ute persönliche Beziehungen in nicht alle seine Menschen entstehen. So kunstvoll die Triesch
rarische Ueberzeugung geopfert, aber wenigstens erfreulich frucht¬
der hat hier jemals die leifesteKomtesse Mizzi durch lächelnden Gleichmut von ihrer schwer¬
los gespfert hat; nach Bahrs hochsensationellem und pfeudo¬
i, noch wäre mein bedauerlicher blütigen Schwester Genia Hofreiter unterscheidet: sie ist für diese
politischem Schmarren schließlich, den herauszustellen nochwürde¬
dergleichen zu brechen. Was Mizzi noch immer zu viel, ohne daß sie etwa zu viel macht.
Ihr künftiger Mann dagegen ist gar nichts, und ihr Vater macht
loser war, als ihn herzustellen — nach solchen fünf Monaten
Brahms Theater sich erschreckend
zu viel. Reicher hat einen verhängnisvollen Zug nach dem Osten.
wird eines Dichters bildhübscher Einakter, den alle andern Thea¬
rklärung liegt zu nah, als daß ich
Neulich hat er Bahrs Generaldirektor aus dem Lavin in den
terstädte seit Jahren kennen teils gut, teils schlecht und das
n zumuten dürfte, gerade darauf
Levin und aus der Tiergartenstraße in die Rosenstraße zurück¬
gleichgültige alte, selbst für Berlin abgeklapperte Schillerpreis¬
gespielt; jetzt hat er, als österreichisch=ungarischer Graf, das
stück einer Eintagsgröße wesentlich schlechter gespielt als im
enig Mühe geben, durch Freund¬
wiener Cottage allzu tief in die Puszta verlegt. Herr Monnard
Hebbeltheater. Und auch da soll man loben? Beschwerliche
Brahms unheilbarer Gemeinde
aber, der ein Fürst sein sollte, hätte Fürst geheißen, wenn das
Briefschreiber, schreibt eure Beschwerdebriefe an Brahm. Er
denn um alles in der Welt an
möge seine letzten paar Theaterjahre nützlicher und schöner an¬
ein christlicher Name wäre.
ben, soweit Brahms Leistung in
wenden. Dann werdet ihr euch über mich nicht mehr zu beklagen
Es folgte, statt voranzugehen: Erde' von Schönherr. Wozu
Zweifel: Schnitzlers „Komtesse
haben. Wie es in den Kritiker hineinschallt, so schallt es wieder
gibt Brahm das? Um darzutun, daß Schönherr schon wieder
t ein äußerst amüsantes kleines
S. J.
ter denen „Das weite Land' vorl aus der berliner Mode und trotzdem ein belangloser Dichter ist? heraus.
(dadurch?) um die Fähigkeit ge= Oder damit dem Hebbeltheater von 1908 bestätigt wird, wie weit