II, Theaterstücke 21, Komtesse Mizzi oder: Der Familientag, Seite 262

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21. KonIder der Fanilientag
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Leipziger Tagblatt,
293A 1317
Leipzig
Was einer für sich selbst ist, was ihn in die Ein¬
ledigen Staatsanwalt ins Zimmer lief, der Versuchung aber doch erlag
samkeit begleitet, und was keiner ihm geben oder
und ein Kind bekam, das nun einer Komödie von drei Aklen das Seinige
nehmen kann, ist offenbar für ihn wesentlicher, als
an Konfliktstoff zutragen muß? Auch eine Richterkomödie? Belnahe,
alles, was er besitzen oder auch was er in den Augen
wenn nicht Herr Thaddäus Riktner vergessen häkke, daß ein richtig¬
anderer sein mag.
gehender Totschlag — Jeanekkes Gatte ist vor Beginn des lustigen
Schopenhauer.
Stückes ermordet worden — eine komische Lösung nicht gut verträgt,
mag er noch so hinkergründig verwerket sein. Außerdem hat der Autor
zu viel auf einmal in seinem Stück „beleuchken“ wollen. Georg
Dresdner Theaterbrief
Schnell (Skaatsanwalk), Maria Lorenz (dessen Frau), Olga
Neue Früchte vom immergrünen Baum des gewandken Theaker¬
Limburg (Jeanetke) waren die Hauptfiguren und gaben der gut ein¬
studierten Handlung den nötigen Schwung.
geschäfts bringt der Winker. Umfangreich und würdig wie ein Kürbis
und innen hohl wie eine kaube Nuß, die einen — niedlich, bunk, aber
Die Königliche Oper brachte die Erstaufführung
gallertig die anderen. Der Nährwert ist gleich Null. Nach diesem und
„Artadne auf Naxos“ in der neuen Bearbeitung von Richard
jenem fiel uns die „Warschauer Zikadelle" im Albert-Theater in den
Strauß. Mag sein, daß durch die Loslosung von Molières Lustspiel
Schoß. Der Fall war noch zu erkragen. Solche Erzeugnisse haben die
„Der Bürger als Edelmann“ aus Gründen der leichteren Ausführbarkeit
Eigenschaft, kein Gewicht zu besitzen.
der Opei das Werk eine dichtere musikalische Abgeschlossenheit erzielt.
Das Alberk-Theater lockt durch ein nimmer endenwollendes
Uns will scheinen, als ob damil viel von seiner Romantik und von der
Gastspiel Anton Francks. Die Freunde fieferen Humors wird der
buntfarbigen Lebendigkelt verlorenging. In der Musik des neuen Vor¬
erfolgreiche Komiker zur „Meerjungfrau', „Herzlich willkommen“ und
soleles kreken verschiedene Theinen der seriösen Oper und der ein¬
ähnlichen Schmausereien nicht einladen dürfen. Dagegen soll der
geslochtenen Stegreifkomödie auf. Diese Verknüpfung will aber nicht
kredenzte Labetrunk aus Kleistens „Zerbrochenem Krug' dankbar hin¬
recht befriedigen. Und die Motivierung der Vereinigung beider Spiele
genommen sein. Man weiße heute, anders als Goethe, zu schätzen, was
zu einem Ganzen entbehrt der humorvollen Selbstverständlichkeit, wie sie
in dem „krausen Zeug' steckt. Allerdings, ohne den rechten Richler
in der älteren Fassung anschaulich gegeben ward. Zauberhaft blelbt,
Adam ist die Sache nicht zu machen. Anton Franck stattete den ver¬
was Skrauß in der Artadne“ mit einem, im Gegensaß zu anderen Ge¬
logenen, dummschlauen und lüsternen Rechksverkreker mit einer Serie
pflogenheilen, stark herabgesetzten Orchester an klanglichen Reizen und
Sppigem melodischen Ornament zu
von Glanzüchkern aus, dabei in Umriß und Charakterist.k das Eckige,
erreichen vermag. Eva
Holzige derber Volkskunst beibehaltend. Auch die Gesamtwirkung des
Plaschke v. d.-Osten (Arladne) war die ausgezelchnete und Liesek
köstlichen Werkes war auf einen solch bunken Bilderbogen glücklich ab¬
v. Schuch (Zekhinekko) die ausrelchende Trägerin der beiden welblichen
Hauptsigaren.
gestimmt. — Weniger glücklich war seine Zusammenstellung mit der
H. Zehder.
Erstaufführung von Sch#lklersKomtesse Mizzi“ am gleichen¬
Theaterabend. Dork Bus Nakurlaute — hier wohl¬
abgewogene, dünn aufgetragene Tonigkeik, Konversation. An jenem
Tage, da Graf Arpad Pazmandy melancholisch eine langjährige Ge¬
liebte, die Lolo Langhuber, zum letzkenmal empfängt — sie heiraket den
braven Flaker, den Wasner —, führt der alle Freund, Fürst Raven¬
stein, den Adoptiosohn Philipp, das verheiml chte Resulkak einer weit
zurückliegenden und kurzen Liebelei mit der Komtesse Mizzi, in das nun
großvälerliche Haus. Komtesse Mizz', zuerst nicht sehr erfreut, wird sich
wahrscheinlich bald in das neue stiefmütterliche Verhältnis hineinfinden
können, zumal da sie schon in ganz anderen Verhältnissen recht saktelfest
gewesen ist, was aber n'emand weiß. Schnißzlers liebenswürdige Un¬
moral, die Grazie mondäner Plauderei und schließlich die wohlerzogene
Ark, „unwichtige? Dinge nicht mit bürgerlichem Ernst zu behandeln,
blingt manchen innerlichst widerstrebenden Klotz in wiegenden Walzer¬
takt. Olga Limburg als Komkesse traf sachlich und leichtbeschwingt
den richligen Ton. Elegank und von sanfter Schwermut umschatlet der
Fürst Ravenslein Hans Steiners. — Was in Berlin gefiel, gesiel
auch hier: „Wölse in der Nacht“ von Thaddäus Rikkner. Das
Lustspiel wurde zur Erstaufführung im Alberk-Theater lebhaft bejubelt.
Wegen Raummangels kann das Rässel hier nicht gelöst und der sinnvolle
Titel nicht eingebend begründet werden: wieso, Wölfe in der Nacht?!
Weil Jeanette Diele, wie einst der heilge Ankon von Schreckgespenstern
geplagt, in der Nacht welche hat heulen hören und zum damals noch