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21. Kont###1der Fanilientag
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SERLINER TA08I 4
25 MERZ 131.7.
—Beutsches Künstlertheater.
lichkeit gibt, ist richtig; immerhin könnte die starke Liebesbedürftigkeit
etwas mehr durchschimmern. Vonn ist der alte Graf. Auch das macht
Einakter von Wedekind, Schuigler und Thoma.
er ausgezeichnet, lustig magyarisierend, mit sicherster Feststellung des
Spielleitung: Arthur Eloesser und Islak Landa.
Typischen, ja mit Gemüt.
F. E. Das Deutsche Künstlertheater versucht es mit einem dra¬
Vorher spielt er Wedekinds „Kammersänger". Da trifft er
matischen Variété, und wenn man gegen dieses Zusammenspannen
nicht den Ton der Groteske. Sein Streben nach Natürlichkeit läßt
auch einiges sagen möchte, so sind es wenigstens sehr wertvolle
ihn vergessen, das Unnatürliche, das Komödiantisch=Bombastische, das
Dichternamen, die auf dem bunten Programm stehen. Wedekind —
in der Gestalt ist, hervorzukehren. Er sieht auch trotz aller Schminke,
Schnitzler — Thoma: das zeigte sich gestern nicht ohne lockende Kraft.
zu papalich aus. Julie Serda bringt den bitteren, nach Mitleib
Die drei, die nach sehr verschiedenen Zielen dichten, werden dann durch
schreienden Humor der hysterischen Frau Helene ausgezeichnet. In
leinen Schauspieler, wieder zusammengesaßt.
kleineren Rollen sehr gut John Gottowt und Fihclle
Ferdinand
Binder.
[Bonn schwingt den Dreizack. Als der Vielgestaltige, heiteren
Angedenkens, die deutsche Kunst dichtend neugründen wollte, waren
lihm Wedekind wie Schnitzler der schwarze Mann; jetzt sind sie ihm
Lusammen mit Thoma Rollenspender, Wirkungsvermittler, Erfolg¬
zstifter, und seines Herzens Abscheu wandelt sich in Dienst.
Am gläubigsten und bis zu einer Vervollkommnung, die eine
Steigerung ausschließt, übt Bonn diesen reich belohnten Dienst
ban seinem bayerischen Landsmann Ludwig Thoma. Man kennt die
Wroannt aus:
scharfe Volksstudie „I. Klasse“ aus vielen Aufführungen, und
Berliner Böisen Zeitung, Berlin
Max Landa Max Adalbert und Hans Sternberg
sind darin bewährt. Den Josef Filser, „Oekonom und Abgeord¬
vem: 27. K. tergenausgabe
neter“, gibt jetzt Bonn. Die Gestakt ist von letzter Plastik, höchst
lustig, ohne einen Faden Unechtheit, Spiel und Maske getreulichstes
Leben — diese Maske allein schon sehenswert mit den hängenden
Wulstlippen und den wackelnden Riesenohren, die so viel Anpassung
an den Saustall zeigen.
Wedekind=Schuitzler=Thoma¬
Von Schnitzter wird die kleine Komödie „Comtesse Mizzi“
Abend.
gegeben. Da ist man nun in sehr seiner Cesellschaft, und Schnitzler
Deutsches Künstler=Theater.
zeigt mit seinem nie zu trübenden Blick für die Wahrheit, daß auch
eine wohlbewachte Komtesse, besonders, wenn sie ein starkes Zärtlich¬
Ein ungleiches, aber erlesenes, literarisches Drei¬
keitsbedürfnis vom Vater geerbt hat, den Weg des Fleisches zum
gespann, das den Wagen des Erfolgs siegreich durchs
Fleische geht. Die Seelen dieses Stückes sind vollendet gesund
Ziel führte! Es war nicht der Reiz der Neuheit,
empfunden, was mancher Mucker ihnen übel anrechnen wird, ehrliche
der fesselte und zu dem kräftigen Beifall verhalf,
Kreaturen, die ohne falschen Angenaufschlag durchs Dasein gehen.
aber dafür war dieses Dichter=Kleeblatt mit geschickt
Alles Harte wird dabei von Schnitzlers unvergleichlich zarter Hand
ausgewählten, ihrer Wirkung sicheren Werken ver¬
geglättet. Schon der sprachlichen Führung des Dialogs zu folgen,
treten. Von Frank Wedekind wurde die Komödie
ist Genuß. Hier wirken neben dem frischen Fritz Friedrich in
„Der Kammersänger“ serviert, von Lud¬
einer Jünglingsrolle, neben Toni Tetzlaff und Max Landa in
wig Thoma der Bauernschwank „I. Klasse“.
Beide haben gestern wieder dem Vergnügen
den Hauptrollen Julie Serda und Ferdinand Bonn. Frau
den Weg geebnet. Wedekind, indem er eine behagliche
SA
Serda gibt die Komtesse, Daß sie sie unkokett und ohne betonte Sinn¬
Heiterkeit hervorlockte, Thoma, indem er ein herzhaftes
Lachen entfesselte, das sich oft zu einer schallenden, dröh¬
nenden Lache steigerte. Die schauspielerischen Ehren
vereinte Ferdinand Bonn auf sich, den seine
ruhelose Wanderfahrt
nun von Reinhardt
zu Barnowsky geführt hat. Bonn war in glänzender
Lanne und nutzte die Gelegenheit, seine Vorzüge in
bengalischer Beleuchtung erstrahlen zu lassen. Dem
komödiantenhaften Kammersänger — eine Rolle, die
seiner Eigenart ja sehr entgegenkommt
gab
er eine entzückende,
spielerische Wurstigkeit.
Die Verzweiflung des umdrängten Stars, die Liebens¬
würdigkeit, mit der er alle schwärmerischen Belästi¬
gungen entgegennahm — das holte er fur so
aus dem Handgelenk; das Wort allerdings öfter aus #
dem Souffleurkasten.
Für den bajnvarischen Zentrumsabgeordeten Filser
Peler Schlemihlschen Witzes fehlte Herrn Vonn
das Format.
Er war eine Dusterer =Er¬
scheinung in abschreckend häßlicher Maske. Aber
er traf den urwüchsigen Bauernton und war
sehr komisch. Neben ihm heimste Max Adal¬
berts Reisender in Kunstdünger dnrch behenden
Zungenschlag und trockene Drolligkeit wiederum
wie einst im Kleinen Theater — lachenden
Beifall ein.
Das Mittelstück des Abends, Arthur Schnitzlers
zarte Komödie „Comtesse Mizzi“, sah Herrn
Bonn als alternden Aristokraten. Mehr ein Paprika¬
graf, aber doch in seiner Art ganz wirksam. Hier be¬
friedigte auch, in der Titelrolle, Julie Serda, die als
Helene Marowa im „Kammersänger“ durch gespreiztes
Heroinentum die Stimmung arg gefährdet hatte.
Max Landa war ein besserer Ministerialrat bei
Thoma, als ein Fürst bei Schnitzler, und Walter
Reymer, der junge Adoptivsohn Philipp, von
glaubhaft frühreifer Verschmitztheit.
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25 MERZ 131.7.
—Beutsches Künstlertheater.
lichkeit gibt, ist richtig; immerhin könnte die starke Liebesbedürftigkeit
etwas mehr durchschimmern. Vonn ist der alte Graf. Auch das macht
Einakter von Wedekind, Schuigler und Thoma.
er ausgezeichnet, lustig magyarisierend, mit sicherster Feststellung des
Spielleitung: Arthur Eloesser und Islak Landa.
Typischen, ja mit Gemüt.
F. E. Das Deutsche Künstlertheater versucht es mit einem dra¬
Vorher spielt er Wedekinds „Kammersänger". Da trifft er
matischen Variété, und wenn man gegen dieses Zusammenspannen
nicht den Ton der Groteske. Sein Streben nach Natürlichkeit läßt
auch einiges sagen möchte, so sind es wenigstens sehr wertvolle
ihn vergessen, das Unnatürliche, das Komödiantisch=Bombastische, das
Dichternamen, die auf dem bunten Programm stehen. Wedekind —
in der Gestalt ist, hervorzukehren. Er sieht auch trotz aller Schminke,
Schnitzler — Thoma: das zeigte sich gestern nicht ohne lockende Kraft.
zu papalich aus. Julie Serda bringt den bitteren, nach Mitleib
Die drei, die nach sehr verschiedenen Zielen dichten, werden dann durch
schreienden Humor der hysterischen Frau Helene ausgezeichnet. In
leinen Schauspieler, wieder zusammengesaßt.
kleineren Rollen sehr gut John Gottowt und Fihclle
Ferdinand
Binder.
[Bonn schwingt den Dreizack. Als der Vielgestaltige, heiteren
Angedenkens, die deutsche Kunst dichtend neugründen wollte, waren
lihm Wedekind wie Schnitzler der schwarze Mann; jetzt sind sie ihm
Lusammen mit Thoma Rollenspender, Wirkungsvermittler, Erfolg¬
zstifter, und seines Herzens Abscheu wandelt sich in Dienst.
Am gläubigsten und bis zu einer Vervollkommnung, die eine
Steigerung ausschließt, übt Bonn diesen reich belohnten Dienst
ban seinem bayerischen Landsmann Ludwig Thoma. Man kennt die
Wroannt aus:
scharfe Volksstudie „I. Klasse“ aus vielen Aufführungen, und
Berliner Böisen Zeitung, Berlin
Max Landa Max Adalbert und Hans Sternberg
sind darin bewährt. Den Josef Filser, „Oekonom und Abgeord¬
vem: 27. K. tergenausgabe
neter“, gibt jetzt Bonn. Die Gestakt ist von letzter Plastik, höchst
lustig, ohne einen Faden Unechtheit, Spiel und Maske getreulichstes
Leben — diese Maske allein schon sehenswert mit den hängenden
Wulstlippen und den wackelnden Riesenohren, die so viel Anpassung
an den Saustall zeigen.
Wedekind=Schuitzler=Thoma¬
Von Schnitzter wird die kleine Komödie „Comtesse Mizzi“
Abend.
gegeben. Da ist man nun in sehr seiner Cesellschaft, und Schnitzler
Deutsches Künstler=Theater.
zeigt mit seinem nie zu trübenden Blick für die Wahrheit, daß auch
eine wohlbewachte Komtesse, besonders, wenn sie ein starkes Zärtlich¬
Ein ungleiches, aber erlesenes, literarisches Drei¬
keitsbedürfnis vom Vater geerbt hat, den Weg des Fleisches zum
gespann, das den Wagen des Erfolgs siegreich durchs
Fleische geht. Die Seelen dieses Stückes sind vollendet gesund
Ziel führte! Es war nicht der Reiz der Neuheit,
empfunden, was mancher Mucker ihnen übel anrechnen wird, ehrliche
der fesselte und zu dem kräftigen Beifall verhalf,
Kreaturen, die ohne falschen Angenaufschlag durchs Dasein gehen.
aber dafür war dieses Dichter=Kleeblatt mit geschickt
Alles Harte wird dabei von Schnitzlers unvergleichlich zarter Hand
ausgewählten, ihrer Wirkung sicheren Werken ver¬
geglättet. Schon der sprachlichen Führung des Dialogs zu folgen,
treten. Von Frank Wedekind wurde die Komödie
ist Genuß. Hier wirken neben dem frischen Fritz Friedrich in
„Der Kammersänger“ serviert, von Lud¬
einer Jünglingsrolle, neben Toni Tetzlaff und Max Landa in
wig Thoma der Bauernschwank „I. Klasse“.
Beide haben gestern wieder dem Vergnügen
den Hauptrollen Julie Serda und Ferdinand Bonn. Frau
den Weg geebnet. Wedekind, indem er eine behagliche
SA
Serda gibt die Komtesse, Daß sie sie unkokett und ohne betonte Sinn¬
Heiterkeit hervorlockte, Thoma, indem er ein herzhaftes
Lachen entfesselte, das sich oft zu einer schallenden, dröh¬
nenden Lache steigerte. Die schauspielerischen Ehren
vereinte Ferdinand Bonn auf sich, den seine
ruhelose Wanderfahrt
nun von Reinhardt
zu Barnowsky geführt hat. Bonn war in glänzender
Lanne und nutzte die Gelegenheit, seine Vorzüge in
bengalischer Beleuchtung erstrahlen zu lassen. Dem
komödiantenhaften Kammersänger — eine Rolle, die
seiner Eigenart ja sehr entgegenkommt
gab
er eine entzückende,
spielerische Wurstigkeit.
Die Verzweiflung des umdrängten Stars, die Liebens¬
würdigkeit, mit der er alle schwärmerischen Belästi¬
gungen entgegennahm — das holte er fur so
aus dem Handgelenk; das Wort allerdings öfter aus #
dem Souffleurkasten.
Für den bajnvarischen Zentrumsabgeordeten Filser
Peler Schlemihlschen Witzes fehlte Herrn Vonn
das Format.
Er war eine Dusterer =Er¬
scheinung in abschreckend häßlicher Maske. Aber
er traf den urwüchsigen Bauernton und war
sehr komisch. Neben ihm heimste Max Adal¬
berts Reisender in Kunstdünger dnrch behenden
Zungenschlag und trockene Drolligkeit wiederum
wie einst im Kleinen Theater — lachenden
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Das Mittelstück des Abends, Arthur Schnitzlers
zarte Komödie „Comtesse Mizzi“, sah Herrn
Bonn als alternden Aristokraten. Mehr ein Paprika¬
graf, aber doch in seiner Art ganz wirksam. Hier be¬
friedigte auch, in der Titelrolle, Julie Serda, die als
Helene Marowa im „Kammersänger“ durch gespreiztes
Heroinentum die Stimmung arg gefährdet hatte.
Max Landa war ein besserer Ministerialrat bei
Thoma, als ein Fürst bei Schnitzler, und Walter
Reymer, der junge Adoptivsohn Philipp, von
glaubhaft frühreifer Verschmitztheit.