II, Theaterstücke 21, Komtesse Mizzi oder: Der Familientag, Seite 266

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21. KomWider Fanilientag
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Veasbche Zeitung, Borlia.
25. MAERZ 19 7
60 Berliner Morgenpost, Berlin
Deutiches Runither=Cheater.
Einalker=Abend i
#Ein######bend.
Dramc lü nuce sind seit langer Zeit nicht mehr beliebt bei
Deußschecl Kluistsch-Theater.
unseren Bühnen. Eher läßt man taube Nüsse zu mächtigen
Leihentlich
Päh.-gen: Ferdinand¬
dramatischen Formen anschwellen. Das „Deutsche Künstler¬
# odenn das Deutsche Künstler¬
Theater“ ist gestern mit Glück und Geschick für die knappe Erledi¬
thea#r mit der Aufführung von drei klei¬
gung heiterer Motive eingetreten. Drei Humore haben sich in
nen Wustspielen bemüht, das jüngste Mitglied
den kleinen Stücken: „Der Kammersänger“, „Comtesse Mizzi“ und
der Barnowsky=Bühne in den abwechslungs¬
Fl. Klasse“ gut voneinander abgehoben: Wedekinds bizarrer Hohn,
reichsten Rollen zu
zeigen. Zuerst als
Schnitzlers geistvolle, mit den Schwächen der Gesellschaft spielende
„Kammersänger“ in Wedekinds flotter
Skizze aus dem Künstlerdasein. Mit einem
Ueberlegenheit und Thomas kecke, mutig dreinfahrende Lustigkeit.
kecken Bärtchen zeigte sich da Herr Bonn als
Ferdinand Bonn, ein neuer Mann auf Barnowskys Bühne, trat
vielumschwärmter Heldentenor; aber das Bärt¬
in den drei Einaktern stark in den Vordergrund und bewährte
chen allein macht es nicht, — dieser Bühnen¬
wieder einmal im kecken Wurf grundverschiedener Gestalten sein
und Frauenheld soll jung, keck und ein wenig
starkes, reich entwickeltes Charakterisierungstalent, das freilich
übertrieben sein! Das war Herr Bonn nicht, er
wenig verwildert ist und in strengere, in künstlerische Zucht genom¬
nahm die Sache viel zu ernst. Reizend sah
men werden sollte. Als Kammersänger treffend in der trockenen
Sibylle Binder als verliebter Backfisch aus,
Selbstgefälligkeit und in der geschäftigen Hast, wurde er etwas
und sie spielte auch reizend. Julie Serda als
zu schwer, als Julie Serda — in der Rolt der Liebesnärrin — ihn
standhafte Geliebte glaubte eine tragische Rolle
aus der Tragikomödie in die düstere Peit hinüberzeg. Ueberzeu¬
darstellen zu müssen, bei Wedekind ist ihre Tra¬
gödie aber mit grotesken Momenten gemischt,
gend, fest umrissen und von guter Laune gesättigt war sein Typus,
die sie völlig beiseite ließ. Auch in dem zweiten
des gemütlichen magyarischen Aristokraten in „Comtesse Mizzi“
Stück, dem wertvollsten der drei gebotenen, in
kräftig und drollig, wenn auch mit den beweglichen falschen Riesen
Schnitzlers „Komtesse Mizzi“, hielt sie
ohren zu stark in die wilde Posse hinübergespielt, sein bajuvarischee
die liebereiche Seele der reich erfahrenen Gräfin
Bauer in Thomas Eisenbahnabteil. Von den Wedekindschen Figursn
tief verschleiert. Ferdinand Bonn als alter
waren noch zwei bemerkenswert gut gefaßt, Gottowts greiser
Graf war hier in seinem Element; er sah samos
Musikus, der im Drang nach Anerkennung verdurstet, und die kleine
aus und gab dem alternden Liebhaber der schö¬
dummschlaue, verliebte Miß des Frl. Binder. Neben Julie
nen Frauen und des guten Lebens varmes
Serda, die als Comtesse Mizzi die vornehme Ruhe reicher eroti¬
Blut und echtes Leben. Der schlanke Walter
scher Erfahrung gut betonte, vertrat Max Landa mit der rechten
Reymer fiel durch sein forsches, ungezwun¬
genes Spiel angenehm auf, Max Landa gab
Glätte die männliche Lebewelt. Auffallend frisch, von gewinnen¬
mit feiner Zurückhaltung den Fürsten Raven¬
der echter Jugend war Walter Reymer als flügge gewordener
stein. — Zum Schluß Thomas altbewährter
Gymnasiast von gestern. In den drolligen Episoden, die Thoma
Schwank „Erster Klasse“; den Filser spielte no¬
im Schnellzuge vorführt, ließen neben Bonn die Herren Adal¬
türlich Bonn. Zu diesem Zweck erschien er mit
bert, Landa und Sternberg die verschiedenen Tonarten
riesigen Wackelohren und aufgeklebter Nase, sah
der Reisenden wirksam aneinandergeraten. Alle drei Einakter
urfidel aus und gab sie auch so. Mit Max
gesielen; Schnitzerls sein durchgebildete Gesellschaftsstube trug den
Adalbert und Max Landa zusammen ver¬
Preis davon.
setzte er die Zuschauer in die allerbeste Laune.
A. K.
Eins ist noch zu bemerken: Herr Bonn sollte
sich doch bemühen, sich etwas mehr von dem
Souffleur zu emanzipieren. Dadurch wird sein
Spiel entschieden freier werden.
K. E.