II, Theaterstücke 21, Komtesse Mizzi oder: Der Familientag, Seite 275


Wenn es nicht noch im letzten Augenblick gelingen
wür
sollte, die Staatstheaterverwaltung von ihrer ablehnenden
kult
Haltung abzubringen, würden Frau Bleibtren und Frau
Ko.
Me
Medelsky aus dieser Zuschrift die Kon¬
ger
sequenzen iehen und tatsächlich aus dem
Il
Verbande des Burgtheaters ausscheiden.
leri
Die Verhandlungen, die gegenwärtig geführt werden,
nal
beziehen sich auch nicht so sehr auf das Verbleiben der beiden
ent
Künstlerinnen im Burgtheater, als vielmehr auf die
Regelung ihrer Pensionsansprüche, die von
dre
der Bundestheaterverw altung im Prinzip
Me
averkannt werden.
Theater= und Kunstnachrichten.
[Kammerspiele.] Eine in jeder Hinsicht ungewohnte
und ungewöhnliche zugunsten der Hilfsaktion für deutsche
Künstler veranstaltete Nachtvorstellung von besonderer dar¬
stellerischer Festlichkeit brachte gestern vergangene, bessere Theater¬
zeiten in Erinnerung: eine Zeit, in der sich nicht um ein bis
zwei Stars lauter Stichwortbringer gruppierten und wo eine
Schauspielbühne ganz selbstverständlich in der Lage war, ein wert¬
volles Stück in allen seinen Rollen mit ersten Darstellern zu
folg
besetzen. Heute ist dies nur mehr an wohltätigen Ausnahms¬
schr
abenden möglich, wenn sich einmal prominente Darsteller von
drei, vier Wiener Bühnen zusammenfinden. Deshalb erscheint u
auch die kleine Kemödie „Komtesse Minzie ur mehr selten im wi
Spielplan, diese zenste und wohlschmeckendste Frücht von Artur
Bl
Schnitzlers edel wienerischer Kunst. Dieser eine Akt, der W
an dramatischem und menschlichem Gehalt, an Empfindung und
Humor schwerer wiegt, als die meisten abendfüllenden Stücke
und der eigentlich der letzte Akt zu zwei vorangegangenen, un¬
60
geschriebenen Akten ist, zählt zu den klassischen Einaktern der
St
modernen Literatur und wirkt, wenn man ihn heute wieder] kal
sieht, trotz seiner unverminderten Bühnenlebendigkeit, fast schon
historisch. Denn hier ist mit meisterhaft einfacher Charakteristik
Ab.
ein Wien= ein Oesterreich festgehalten, das es nicht mehr gibt:
die aristokratische Welt, die dort am amüsantesten war, wo sie
sich zur amüsantesten Seite des Volkes, den Theaterleuten und 1 ###
den Finkern, galant herabließ. Wenn man diesem aus halb
Re
verdecktem Ernst aufsteigenden Komödiendialog zuhört, dann sitzt
man in einer halb gerührten, halb erheiterten Faszination da,
weil man eine Welt wieder sieht, die, trotz aller ihrer Fehler, den
großen Vorzug hatte, daß sie die Welt unserer jungen Jahre
Wi
war. So ergeht's einem bei Schnitzler immer wieder: man fühlt
den
sich wieder jung und erkennt zugleich, daß man es längst nicht der
mehr ist.
Und dazu noch ein solches außerordentliches En¬ Op
semble: Willi Thallers unverändert echt gebliebener öster¬
reichisch=ungarischer Kavalleriegraf, ein Kabinettsstück fein¬
run
komischer Charakteristik, Frau Rettys kluge und scharmante
stel
Komtesse entre deux äges, ein Stück Burgtheaterkunst, ebenso
9
wie die ironisch durchgeistigte Aristokratenfigur Arnold Korffs, An¬
wenn er auch nicht mehr dort spielt. Von reizend jugendlicher Ko
Frechheit, vielleicht nur etwas zu
betont komisch, das Ka¬
Bürscherl Hermann Thimigs. Sehr herzig, nur nicht ge¬ vor
nügend kräftig, Frau Mimi Marlow als abdankende Ballett= wie
dame und Herr Lackner in zwei, drei Worten und Gebärden
unerhört Wienerisch: jeder Zoll ein Fiaker. Von gestrigem, W
drastischerem Wienertum ist auch Felix Saltens witziges; als
Lustspiel „Schöne Seelen“ erfüllt, gleichfalls ein historischer Ein¬
akter, der nicht veraltet, und dessen Gestalten, Situationen und
5
Worte man immer wieder mit großem Vergnügen genießt. Wie
der
liebenswürdig und menschlich geht es in diesem Separee zu, und
Ler
was für nette Leute waren doch die Lebebamen und Kellner von ane
Anno dazumal. In der einst für die Niese geschriebenen Rolle der
bürgerlich= solid empfindenden Lebedame machte diesmal der
Mizzi Günther einen ihrer erfolgreichen Ausflüge ins
Schauspiel, wo die Künstlerin, der darstellerisch interessanteste Nor
Har
Operettenstar, sich bereits völlig zu Hause fühlt. Das Vor¬
Bri¬
städtisch=Wienerische ist zwar nicht Mizzi Günthers Sache, aber
Ron
dafür spielt sie dieses Separee=Fräulein mit so viel weiblich¬
Else
damenhafter Feinheit und Liebenswürdigkeit, daß man die Ver¬
Frie
liebtheit des Oberkellners vollkommen begreift. Dieser Kellner
Val
ist eine sehenswert heitere Leistung Anton Edthofers, eines
Pri¬
Künstlers, der merkwürdigerweise gerade während seines
Lou
Berliner Exils zu höchster wienerischer Reise gelangt ist, und
ein
während man von ihm entzückt ist, über ihn lacht, hat man
plötzlich eine empfindsame Vision: Girardi in jüngeren Jahren.
spie
Ein vielversprechendes komisches Talent scheint auch in dem
bis
jungen Oskar Karlweis zu stecken: vielleicht Komödie,
Ru
vielleicht auch Operette. Als lustige Episodisten bewähren sich
abse
wieder die Herren Lovric und Farkas. Es war ein Abend
stärkster Wirkung und dankbarster Befriedigung. Schade, daß
die
Ke
so etwas nur ab und zu einmal möglich ist und daß dann wieder
um 10 Uhr der gewohnte Nachtkitsch in seine Rechte tritt.
We
L. Hfd.
Tre
[Lustspieltheater.] Ein neues Lustspiel „Madame
gele
gastiert“ von Gandera und Gevel hat den angenehmsten
„.D
Eindruck hervorgerufen. Gandera und Gevel — man kennt diese
Ler
Autorengemeinschaft bereits — wandeln in den Spuren Flers
Gil
und Caillavets — sie haben Laune der Erfindung, einen elegant
leichten Dialog und gehen der derb pikanten Richtung geflissent¬
hat
lich aus dem Wege. Die Fabel ist hübsch und liebenswürdig -
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77
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Donner.
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Schnißler-Salten=Abend.
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Einzelheite.
Nachtvorstellung in den Kammerspielen.
Die
beiden Ade¬
Ereignisse wie dieses bieten wenig Anlaß
werden, laß
ner
zur kritischen Stellungnahme. Sie gelten der
daß drin
und
Wohltätigkeit, der satten Freude eines satten
Max Reger¬
Publikums an einem pompösen Star=Theater¬
überhaupt
zettel, sie gelten dem Ruhm ihres geschäftigen
nicht, seine
Arrangeurs, sie gelten — in der Regel — ganz
Die Re¬
zuletzt der Kunst. Uebrigens weiß man, welch
Zeitung“ :
kultiviert=lockeres, welch boshaft=elegisches,
welch überaus feines Theaterstück Schnitzlers
#g.
„Komtesse Mitzi“ ist. Und man kennt die
Nit¬
subtile, üppig durchtriebene Geschicklichkeit, mit
der Felix Salten seine Separee=Komödie
gen
Puccini
„Schöne Seelen“ gezimmert hat. (Nur
Let,
Die ge
daß man wieder einmal recht gepackt wird,
Lescaus
wenn aus diesem charmanten Sketch der Blick
ist.
verkauf
eines anspruchlosen Dichters der Realität
stellung wol
in die heitere Tiefe einer Volksart aufleuchtet.)
Frau Elvir##
Bleibt also nur übrig aufzuzählen, daß
unsichtbar. P#
Willi Thaller wieder den alten
eines Freun
Schnitzler Grafen mit lässiger Delikatesse liebe¬
zu
en
llt
voll hinmalte,
n0
Herr Korff sehr kühl=distinguiert,
und denkt
rk
Herr Hermann Thimig äußerst drollig,
genannten
en
Frau Retty ein erlauchtes „Mist¬
Rulh De
viecherl“,
haus.
Fräulein Marlow ziemlich und
Die
Herr Lackner sehr spassig war.
Denis bri
im Wiener
Daß weiters (bei Salten) Frau
„Die Bal
Günther eine anmutig resche Mizzi Manhart
Schöpfungen
spielt, mit etwas mehr mondainem Schmiß
Danse d'
vielleicht, als nötig wäre, Herr Edthofer,
Die Direktie
einem entzückenden, sozusagen unfreiwillig
die neueste
Hampel“
parodistischen Ton hat, der junge Karl¬
und Fritz L##¬#
weis recht nett eine komische Figur machte,
worben.
und die Herren Farkas und Lovric zwei
Neue Auf¬
Episodenrollen durchaus auf dem Niveau des
Die ein¬
Ensembles hielien.
L. U.
Autogramme
sieben Worté
ie] Das russische „Romanlische
schriften des
Rechtsdokume
Thogtor“