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ber¬
Schnitzler und Molnär
im Akademietheater
idar
Komtesse Mizzi: — -Das Veilchen¬
eb.
Diese wahrhaft österreichische Komödie von
Arthur Schnitzier zeigt die einstige Welt der
Fürsten, Grafen, Husarenoffiziere, Leih¬
komtessen, Barone und Leibfiaker,
wie
sie sich im milden Antlitz eines Dichters
bei
spiegelt. Herzlichen Händedruck Arthur
Schnitzlers für jeden seiner feudalen Herren
und ein freundliches: Servus kommt zu
rück. Sanft und gütig umweht sie alle, die da
3.
bunt durcheinander lieben, die besänftigende
Cottageluft solcher Liebeiei. Nichts ist ernst
genug, um ernsthaft zu sein, Froblematisches
wird auf gepllegten Konversationswegen er¬
jedigt, aus adrett zurechtgeschnittenen geisti¬
gen Alleen spazieren Gedanken mit Allonge¬
perücken von 1900. Arthur Schnitzlers „Kom¬
Itesse Mizzi“ ist heute schon historisches Genre¬
bild eines Meisters, der unvergänglich nament¬
99:
lich dort, wo er österreichische Luft malt, öster¬
ht
Treichisches Wetter, Wolken und Sonne. In zärt¬
n“
lichem Spott und in inniger Liebe. Keine Spur
von: Lernet Holenia. Noch immer: Lernet
Schnitzler.
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Die Burgtheaterschauspieler früherer Zeiten
sind noch immer den Grafen und Fürsten woit
3.
ähnlicher, als den anderen weniger erlauchten
Menschen. Kann der Fürst Egon ein nobleres
Antlitz haben und mehr tenue als Devrient,
gibt es einen echteren Arpad Pazmandy als
10
den Willi Thallers? Den Philipp spielt Herr
Albach hell und freundlich, Her Zeska gibt
16 (dem Professor Windhofer die Paltung eines
Komtessen-Adonis, Mayrhofer spielt den Was¬
7:
ner ins traditionell Gemütliche des Fiakeri¬
schon. Frau Medelsky die Lolo ins Gemüt
der vom Ballett. Und Frau Retty hat für
die Komtesse Mizzi den Scharm jener wienerl¬
si
schen Gotha-Geschöpfe parat, für die die
Liebe ein aristokratisches Gesellschaftsspiel,
in dem drei oder auch vier beim Bett sitzen
dürfen.
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„Das Vellchen“ von Franz Molnér bringe
Theater aufs Theater und den Schauspielerin¬
nen die Freude, sich über sich selbst Jüstig
machen zu künnen. Alle die kleinen Pertidien
5:
und Gememheiten des Metiers klatschen ko¬
misch nieder, das Aufgeblasene, Wichtigle.
aj. [erische des Völkchens entpuppt sich als gut¬
#r:
mütig harmloser Spaß im Spiel. Franz Molnar
ch
demonstriert hier wieder einmal das Sport-Ideren 1)
lie
liche des Theaters, die Passion, mit der alle
spie
ad
ihm Nahestehenden darauf bedachts sind, daß Aum
der schöne falsche Schein ja nicht ordinäres frichtiger
richtiges Leben werde. Die kleinen Existenzen Bestürzt
hinter den Kulissen werden vorgeführt, unter Ischausp
ihnen auch der Direktor, dessen Bedarf an
Amüsement so sehr vedeckt ist, daß er nur
zum Zei
stopfen.
mehr Choristinnen win, die ihn nicht wollen.
Aber Herr Höbling ist ein schöner Diroktor
weil sie
und so entdeckt ihn das erotisch geschultelglorte :
zl.
Auge der kleinen Schauspielerin zum Schlug) bekanni
doch. Die Verkleidung als gewöhnlicher Menschl sich in
hat ihm nichts genützt. Herr Heim spielt ereignet
einen Komponisten, der auch Klavierspielen Seinem
er [kann, mit netten Manieren, ein Musteroxemplar der Jun
der Gattung, und Herr Arndt verkörpert aus- deren S
2
gezeichnet die kennerische Gelassenheit eines aufgelös
Theaterfaktotums. Die unbegabten Choristin-liebevoll
3: (nen werden von den Damen Dreger. Trentin! Händen
und Wilke begabt gespielt. Frau Rettz in prachtv.
10
ihrer kleinen Szene ist reizend und Alma Damen
Seidler bravourös als kleine talentlose Person, Pjene K.
ist
die unglücklich wird, wenn man ihr so was
ganz al
Arges zumutet, wie Talent. Sie stellt meister-jes am
it
haft jene 'ype dar, die das Theater nur als!wenn di¬
geeignetes Terrain für allerlei Liebe benüizt. Papa gi
id1 Die nicht einmal mitspielen will. nur dabei sein.Igend,
Siegfried Geyer. haber, a
Lleinere¬
n
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d beteiligt sind.
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Akademietheater.
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7
Eestaufführungen von Schnitzler und Molnar.
Ein Gespann, das wohl nur der Zufall
vor denselben Wagen gestellt hat, das aber
ziehen dürfte: Hier der Oesterreicher ver¬
seinerter Geistigkeit, Artur Schnitzler,
der Künstler und Prophet, der uns die Ge¬
stalten einer alternden Gesellschaft in
heiterem Farbenkleid erstehen läßt, Bilder aus
halbvergangener Zeit, Gestalten, aus öster¬
reichischer Erde geboren, im Sonnenlicht
Wiens gesehen. Dort der Ungar, der Aller¬
weltskomödien schreibt, mit Figuren, denen
aller Erdgeruch weggeblasen ist, überhaupt
nicht aus irgendwelcher Erde geboren,
sondern aus dem Geiste der Leidenschaft für
Komödienspiel, überall gültig.
Denn
eigentlich hat die wahre Komödie (etwa wie
die eines Molière) kein Vaterland.
„Komtesse Mizzi“ (oder „Der
Familientag“) ist eigentlich eine fast zwanzig
Jahre alte Neuheit des Akademietheaters.
Seine Wiege stand im Deutschen Volks¬
theater. Die Titelheldin ist die verfeinerte
Schwester der „Komtesse Clo“ Max Burck¬
hards, von der wir erst kürzlich gesprochen
haben.
Da kommt zunächst Fürst Egon nach
langer Zeit wieder zu seinem Freunde, dem
Grafen Arpad, um ihm eine familjäre Mit¬
teilung zu machen. Er, Egon, habe einen
Sohn, den er bisnun der Welt verschwiegen!
Denn er sei unehelich geboren. Jetzt aber will
ihn der Fürst legitimieren. Graf Arpad ist
auf das höchste überrascht, aber freudig. Um
so mehr, als der junge Mann sogar schon in
wenigen Minuten persönlich sich vorstellen
wird — als gesetzlich adoptierter Sohn des
Fürsten. Der Graf fragt natürlich nicht, wer
des jungen Herrn Mutter sei. Er behandelt
solche Dinge mit Nachsicht und Noblesse. Denn