II, Theaterstücke 21, Komtesse Mizzi oder: Der Familientag, Seite 300

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Kontess
21. aume1oder der Tauilientag
schmerzlichem Mühen den seltsam versperrten Weg ins] Aber schon zur Zeit, als Hofmannsthal den Toren] Und Claudio und Mizzi würden sich ganz wohl verstehen,
Leben suchte. Hofmannsthal pries Claudio, den Verschlos= schrieb, stieg ihm eine neue, frische Erkenntnis auf und
wenn der Zufall sie zusammenführte und es schicklich
ter, senen, nicht als Helden, sondern schalt ihn einen Narren,er gewann, aus seinen Zweifeln sich befreiend, die Ueber¬
wäre, das Gespräch zu lenken auf diesen Tod, diese Liebe
einen „Stiefvater seines eigenen Wesens“, der eben diesen
zeugung, daß man sein „Ich“ erst dann erringe, wenn man
und dieses Theater.
1. Jan.). Weg ins Leben sich verriegelte. Claudio und mit ihm der
das Schicksal dieser Welt auf sich nehme und heraustrete
Kuno Müller.
Müller, Dichter irrten von jenem schmalen Pfade zur Wirklichkeit
aus dem Banne dieser „Vorexistenz“ in den Wirkungskreis
ichischen
ab, weil sie es nicht wagten, sich den Winden dieser Welt
irdischen Lebens. Daß man auch dann noch „Figur“ in den
Musik im Dienst der Friedensidee.
adtthea¬
auszusetzen und fürchteten, daß in diesen Stürmen ihr
Händen eines höheren Regenten bliebe und im Großen
Zu den Darbietungen des Konzertver¬
ur Ver¬
eigenes Wesen zerflattere und verloren gehe. Sie wagten
Welttheater nur seine zugeteilte Rolle spielte, das ver¬
eins bei der Völkerbundsveranstal¬
nicht, sich selbst aufs Spiel zu setzen und die erweckten
leugnete Hofmannsthal auch später nie.
Leidenschaften zu erwidern, und so stand der Tor, zögernd
Niebe —
tung im Kunsthaus, 17. Januar.
„Komtesse Mizzi.“
und beherrscht, bis der Tod nach den gepflegten Händen
cher Art
Im Gegensatz zu seiner bisherigen Vereinspraxis,
griff und das feine Lächeln erstarb in der Erkenntnis des
Wie ein Walzer nach einer Sonate, wie das Satirspie!
Bühne
verzichtete der Städtische Konzertverein
eigenen Torentums.
nach einer Tragödie, wie das Zeichen des Erdgeistes
erwandt
Luzern unseres Wissens zum ersten Male auf ein
In späteren Jahren hat sich Hofmannsthal immer wieder
spricht Schnitzler dagegen auf uns ein. Da plaudern und
selbständig durchgeführtes Chorkonzert. Im Bestre¬
gedanklich mit diesem jugendlichen Zaudern vor dem Tor
schwatzen die Menschen durcheinander und keiner scheint
Namen
ben, einer großen, zeitgemäßen Idee zu dienen, hat
zu zweifeln, daß nun jeder sich selbst das Wichtigste in dieser
des Lebens befaßt und des Jünglings Zweifel weltan¬
ser außerordentlicherweise mit der Tradition ge¬
Welt bedeute. Hier zaudert keiner, sich ins rauschende,
nen, er=schaulich umschrieben. In jenen Jahren war der Dichter
brochen und seine dieswinterliche Choraufführung
lockende Leben zu stürzen. Hier knausert keiner mit dem
Tlief ergeiffen von der Vorstellung einer großen Allver¬
Gegen¬
einer Veranstaltung der schweizerischen Vereini¬
bundenheit der Menschen und Dinge. Er mißtraute der
Einsatz. Frisch und fröhlich ziehen sie alle in den Liebes¬
edämpf¬
gung für den Völkerbund ein= und unter¬
Welt der Einzelerscheinungen und sah die Wesen alleror ts
krieg, jeder hat seine Erlebnisse und seine Glücksfälle,
h um so
geordnet.
grenzenlos überfließend und sich verwebend. Die Figuren
nur der Stubenhocker nicht.
hal und
Hatte sich diese Vereinigung in der Person des
Aber auch ein Walzer kann schwermütig stimmen, und
seiner Werke sprachen alle diese Gefühle aus und sie wirk¬
nd wohl
Reserenten einen Staatsmann von europäischem An¬
ten in diesem Zwielicht nicht wie menschliche Gestalten,
die anfangs heiteren Takte werden auch bei Schnitzler
Anblick
sehen verpflichtet, so hat es der Konzertverein treff¬
sondern eher wie Schemen und Erscheinungen, durch die
ernster und verhaltener. Die fröhlichen Paare erkennen,
auf dem
lich verstanden, dem Abend in künstlerischer Hin¬
das Schicksal wie ein großer Wind wehte, sie ballend und
daß Frau Welt ihre Gaben nicht verschleudert, daß ihre
verzich¬
sicht eine gewichtige Note zu verleihen, durch die
Huld zuletzt gar teuer bezahlt wird und daß die Schöne
zerreißend je nach Lust. Hofmannsthal schuf daher nicht
schweizerische Erstaufführung der Kantate „Frie¬
seltsam strenge Rechnung führt. Und wenn sie sich auch noch
plastische Standbilder wie für ein klassisches Drama, nein,
den“, des Oesterreichers Emil Nikolaus von
so ausgelassen gebärden, alle diese Paare des Reigens,
eher Bilder wie für einen gewebten Teppich, durch die
Neznicek. für gemischten Chor, Orchester und
s Neun= kommend und gehend die Fäden schlugen, Gestalten, die
sie wissen schon alle um das Ende und umarmen sich vielleicht
Orgel. Der Name dieses greisen Komponisten war
nur deshalb so sehnsüchtig, weil draußen bereits der Tod
aschende keiner herausschneiden konnte, ohne daß sie zerfaserten.
hier bis jetzt nur wenigen geläufig. Er gehört nicht
Dichter
umgeht und das Scheiden. O, es ist immer mehr Suchen
In dieser Stimmung glaubte Hofmannsthal sich den
zu den Repräsentanten des modernen Zeitstils, son¬
wicklung
als Finden. Und wenn der ewige Zusprecher seine letzten
ewigen Mächten nahe verbunden und was er fürchtete,
dern ist ein nur zu treuer Anhänger der Roman¬
Hörte die
Worte sagt und der Vorhang niedersaust, dann stehen die
wenn er sich den Kräften des Diesseits ergäbe, war der
tiker des 19. Jahrhunderts. Seine Tonsprache ist an
Geigen¬
unwiederbringliche Verlust dieser gehüteten Allverbunden=sentimentalen Mädchen und die frivolen Herren alle sehr
Wagner und Brahms geschult. Er hat sich auch nie
altenden heit, aus der ihm alle Inspiration floß. Werke christlicher bestürzt auf den Brettern des leeren Theaters und möchten
von diesen Vorbildern loslösen können, seine Werke
er nicht Neuplatonik und die resignierten Stellen aus Goethesweinen, als hörten sie des Todes Geigenklänge und wären sind ganz unberührt von den gewaltigen Strömun¬
ern mit Faust umschmeichelten ihm Ohr und Sinn.
sie alle neunzehnjährige Toren.
gen der letzten Jahrzehnte, und so ist es zu ver¬