nicht länger wireistehen zu können. Das pitliche
Gefühl, welches das gegenseitige Geständnis trotz
allem und allem anfänglich hervorruft, ist bald
20. Zuischenspiel box 25/1
überwunden und beiden ist zumute, als ob ihnen ein Stein
vom Herzen gefallen wäre. Und als dann gar erst noch der
Kapellmeister den Vorschlag macht, daß ja „trotzdem“ alles
wie bisher zwischen ihnen bleiben könnte — natürlich bis
auf das „eine“ — daß sie die gemeinschaftliche Wohnung,
die gemeinschaftliche Arbeit nicht aufzugeben brauchten und
sich beide am Besitze ihres Kindes erfreuen könnten, kommen
die Leutchen in eine kreuzfidele Stimmung, ja, es macht
den Eindruck, als ob sie es bereuen würden, nicht schon
längst so klug gewesen zu sein, als sie es von nun an sein
wollen.
Natürlich zeigt es sich schon im zweiten Akte, daß
eine „Freundschaft“ zwischen Mann und Frau, wie sie sich
der Kapellmeister und seine Frau gedacht hatten, praktisch
ein Ding der Unmöglichkeit ist. Amadeus Adams findet,
als seine Frau von einer Tournee schöner als je zurückkehrt,
daß es nicht die Freundin, sondern das Weib war,
dem sein Herz beim Wiedersehen stürmisch entgegenpochte,
und eifersüchtiger als früher forscht er nach allen Einzel¬
heiten ihrer Erlebnisse da draußen in der Welt. Und
schließlich kommt er zur Ueberzeugung, daß er die, die ihm
zur Kameradin hätte werden sollen, mehr liebt als je
zuvor. Und da vollzieht sich in ihm etwas ganz Eigen¬
tümliches. Das Verhältnis seiner Gattin zu dem
Fürsten, das er bisher geduldet hatte, erscheint ihm plötzlich
unsittlich und an seine Ehre greifend und indem er von
den selbst aufgegebenen Gattenrechten wieder Besitz ergreift,
faßt er den Entschluß, den Fürsten' vor seine Pistole zu
sordern. Doch dieser kommt ihm zuvor. In einer vom
Anfange bis zum Ende parodistisch wirkenden Szene
erscheint Fürst Sigismund, um beim Kapellmeister
um die Hand seiner Frau zu werben, da er der alle mehr
oder weniger kompromittierenden Situation ein Ende
machen will. Die Gutmütigkeit des jungen Mannes ent¬
waffnet den zornigen Kapellmeister und als er schließlich
Theater, Kunst und Literatur.
erfährt, daß sich zwischen dem Fürsten und Cäcilie bisher
M#.
„Zwischenspiel.“
„nichts“ ereignet habe, ist der gute Amadeus der Glücklichste der
Sterblichen.
(Komödie in drei Alten von Arthur Schnitzler.
Der Beweis, daß es zwischen den Geschlechtern
Zum erstenmal aufgeführt im Hofburgtheater am
12. Oktober.)
nur Liebe und keine Freundschaft geben könne, wäre also
erbracht: Quod erat demonstrandum, Aber ein derartiger
Gestern hat das Publikum, zum größten Teile wohl
Abschluß des Dramas wäre dem „Modernen“ Schnitzler,
auch das, das in Herrn Dr. Artur Schnitzler den größten
der übrigens seinen Helden einen völlig unmodernen
lebenden deutschen Dramatiker zu sehen gewohnt ist, mit
Monolog halten läßt und zu Rührmitteln Zuflucht nimmt,
sehr gemischten Gefühlen dem Heimweg aus dem Burg¬
die der dramatische Kodex unserer „Neuen“ strengstens ver¬
theater angetreten. Auch diejenigen, welche die dreiaktige
pönt, doch gar zu hausbacken erschienen. Er machte sich
Komödie „Zwischenspiel“ für eine der glänzendsten Talent¬
daher ein Extravergnügen daraus, auch noch diejenigen,
proben des Autors erklären werden, dürften gestern das
die sich über das „Ende gut, alles gut“ gefreut hätten,
Gefühl nicht losgeworden sein, daß man sich einen läppischen
aufsitzen zu lassen. Als nämlich der Kapellmeister seine
Scherz mit ihnen erlaubte, daß man sie ganz einfach in
Frau reuig und liebevoll, als ob sich gar nichts ereignet
unverschämter Weise gefoppt hat. In einem der Wiener
hätte, in die Arme schließen will, lönt ihm ein entschiedenes
Varietes produziert sich gegenwärtig ein Mann, der wunder¬
„Nein“ entgegen. Cäcilie kann jetzt nämlich nicht mehr für
hübsche Seifenblasen hervorruft, dann mit denselben äußerst
sich bürgen. Bisher hat sie, trotzdem sie es so bequem gehabt
geschickt jongliert, um schließlich dem bunten Gaukelspiele
hätte, zu fallen, allen Versuchungen widerstanden, in Zu¬
durch ein leichtes Pusten ein plötzliches Ende zu bereiten.
kunft aber wird sie es, dessen ist sie sich bewußt, nicht mehr
Ganz ähnlich hat es Schnitzler gemacht. Immer wieder
so gehen denn die beiden schließlich
können. Und
glauben wir, daß sich nun doch endlich eine ernsthafte
doch noch auseinander.
Handlung aus den endlosen Dialogen entwickeln werde,
Lob der Dar¬
als das höchste
kann
wir sehen auch bereits hier und dort ernste Konflikte sich
dasselbe nicht
stellung des Stückes gelten, daß
bilden, aber im letzten Augenblicke ist es immer wieder
ausgelacht und ausgepfiffen wurde. Manchmal war
nichts. Und so folgt Szene auf Szene, Akt auf Akt, der
die Situation ohnehin schon eine sehr kritische.
Vorhang fällt zum letztenmal und die Leute sehen sich
gegenseitig an und wollen es doch nicht zugeben, daß man Das Publikum des Burgtheaters hält aber auf Disziplin und
(
dann waren ja auch so viele da, auf die sich Herr Schnitzler
ist
hat.
lustig gemacht
sich über
unter allen Umständen verlassen konnte. Fräulein Witt
ein ganz eigentümlicher Trick, auf den der
vermochte der Gestalt, die sie schuf, sogar einen Schimmer
diesmal verfallen.
des
„Reigens“
„Dichter“
von Wahrheit zu verleihen, Herr Kainz bemühte sich in
ist. Er hält die anderen und sich selbst durch drei Stunden
derselben Richtung. Auch alle anderen waren brav und
zum besten und verlangt dann von uns, daß man das
tüchtig, insbesondere Frau Kallina und die Herren
als ein Theaterstück ansehe. Und niemand Geringerer als
Korff und Treßler. Zum Schlusse klang das Zischen
das Wiener Hofburgtheater gibt sich dazu her, für derartige
—.
schon ziemlich energisch.
dramatische Clownspässe die Manege zu sein. Wir haben uns
übrigens gestern nicht nur in den Zirkus versetzt gefühlt,
sondern es sind auch noch andere Jugenderinnerungen in
uns wach geworden. Wir dachten daran, welch kolossale
Freude es immer dem Professor der Mathematik bereitete,
einen der Lehrsätze seiner edlen Wissenschaft beweisen zu
können. Formel folgte da auf Formel, Schluß auf Schluß,
die Wandtafel bedeckte sich unter seiner auf ihr wütenden
Kreide mit endlosen Reihen von Ziffern und Buchstaben
und sein Gesicht strahlte, als er uns schließlich von der
Richtigkeit einer oft ganz selbstverständlichen und nicht
im mindesten zweifelhaften Sache überzeugt hatte.
Schnitzler macht es fast ebenso. Niemand glaubt
auch nur einen Augenblick daran, daß ein Verhältnis zwischen
zwei Gatten, wie er es uns in seinem Drama vorführt,
auf die Dauer möglich wäre, dennoch bietet er alle seine
Künste auf, um etwas ad absurdum zu führen, woran!
Gefühl, welches das gegenseitige Geständnis trotz
allem und allem anfänglich hervorruft, ist bald
20. Zuischenspiel box 25/1
überwunden und beiden ist zumute, als ob ihnen ein Stein
vom Herzen gefallen wäre. Und als dann gar erst noch der
Kapellmeister den Vorschlag macht, daß ja „trotzdem“ alles
wie bisher zwischen ihnen bleiben könnte — natürlich bis
auf das „eine“ — daß sie die gemeinschaftliche Wohnung,
die gemeinschaftliche Arbeit nicht aufzugeben brauchten und
sich beide am Besitze ihres Kindes erfreuen könnten, kommen
die Leutchen in eine kreuzfidele Stimmung, ja, es macht
den Eindruck, als ob sie es bereuen würden, nicht schon
längst so klug gewesen zu sein, als sie es von nun an sein
wollen.
Natürlich zeigt es sich schon im zweiten Akte, daß
eine „Freundschaft“ zwischen Mann und Frau, wie sie sich
der Kapellmeister und seine Frau gedacht hatten, praktisch
ein Ding der Unmöglichkeit ist. Amadeus Adams findet,
als seine Frau von einer Tournee schöner als je zurückkehrt,
daß es nicht die Freundin, sondern das Weib war,
dem sein Herz beim Wiedersehen stürmisch entgegenpochte,
und eifersüchtiger als früher forscht er nach allen Einzel¬
heiten ihrer Erlebnisse da draußen in der Welt. Und
schließlich kommt er zur Ueberzeugung, daß er die, die ihm
zur Kameradin hätte werden sollen, mehr liebt als je
zuvor. Und da vollzieht sich in ihm etwas ganz Eigen¬
tümliches. Das Verhältnis seiner Gattin zu dem
Fürsten, das er bisher geduldet hatte, erscheint ihm plötzlich
unsittlich und an seine Ehre greifend und indem er von
den selbst aufgegebenen Gattenrechten wieder Besitz ergreift,
faßt er den Entschluß, den Fürsten' vor seine Pistole zu
sordern. Doch dieser kommt ihm zuvor. In einer vom
Anfange bis zum Ende parodistisch wirkenden Szene
erscheint Fürst Sigismund, um beim Kapellmeister
um die Hand seiner Frau zu werben, da er der alle mehr
oder weniger kompromittierenden Situation ein Ende
machen will. Die Gutmütigkeit des jungen Mannes ent¬
waffnet den zornigen Kapellmeister und als er schließlich
Theater, Kunst und Literatur.
erfährt, daß sich zwischen dem Fürsten und Cäcilie bisher
M#.
„Zwischenspiel.“
„nichts“ ereignet habe, ist der gute Amadeus der Glücklichste der
Sterblichen.
(Komödie in drei Alten von Arthur Schnitzler.
Der Beweis, daß es zwischen den Geschlechtern
Zum erstenmal aufgeführt im Hofburgtheater am
12. Oktober.)
nur Liebe und keine Freundschaft geben könne, wäre also
erbracht: Quod erat demonstrandum, Aber ein derartiger
Gestern hat das Publikum, zum größten Teile wohl
Abschluß des Dramas wäre dem „Modernen“ Schnitzler,
auch das, das in Herrn Dr. Artur Schnitzler den größten
der übrigens seinen Helden einen völlig unmodernen
lebenden deutschen Dramatiker zu sehen gewohnt ist, mit
Monolog halten läßt und zu Rührmitteln Zuflucht nimmt,
sehr gemischten Gefühlen dem Heimweg aus dem Burg¬
die der dramatische Kodex unserer „Neuen“ strengstens ver¬
theater angetreten. Auch diejenigen, welche die dreiaktige
pönt, doch gar zu hausbacken erschienen. Er machte sich
Komödie „Zwischenspiel“ für eine der glänzendsten Talent¬
daher ein Extravergnügen daraus, auch noch diejenigen,
proben des Autors erklären werden, dürften gestern das
die sich über das „Ende gut, alles gut“ gefreut hätten,
Gefühl nicht losgeworden sein, daß man sich einen läppischen
aufsitzen zu lassen. Als nämlich der Kapellmeister seine
Scherz mit ihnen erlaubte, daß man sie ganz einfach in
Frau reuig und liebevoll, als ob sich gar nichts ereignet
unverschämter Weise gefoppt hat. In einem der Wiener
hätte, in die Arme schließen will, lönt ihm ein entschiedenes
Varietes produziert sich gegenwärtig ein Mann, der wunder¬
„Nein“ entgegen. Cäcilie kann jetzt nämlich nicht mehr für
hübsche Seifenblasen hervorruft, dann mit denselben äußerst
sich bürgen. Bisher hat sie, trotzdem sie es so bequem gehabt
geschickt jongliert, um schließlich dem bunten Gaukelspiele
hätte, zu fallen, allen Versuchungen widerstanden, in Zu¬
durch ein leichtes Pusten ein plötzliches Ende zu bereiten.
kunft aber wird sie es, dessen ist sie sich bewußt, nicht mehr
Ganz ähnlich hat es Schnitzler gemacht. Immer wieder
so gehen denn die beiden schließlich
können. Und
glauben wir, daß sich nun doch endlich eine ernsthafte
doch noch auseinander.
Handlung aus den endlosen Dialogen entwickeln werde,
Lob der Dar¬
als das höchste
kann
wir sehen auch bereits hier und dort ernste Konflikte sich
dasselbe nicht
stellung des Stückes gelten, daß
bilden, aber im letzten Augenblicke ist es immer wieder
ausgelacht und ausgepfiffen wurde. Manchmal war
nichts. Und so folgt Szene auf Szene, Akt auf Akt, der
die Situation ohnehin schon eine sehr kritische.
Vorhang fällt zum letztenmal und die Leute sehen sich
gegenseitig an und wollen es doch nicht zugeben, daß man Das Publikum des Burgtheaters hält aber auf Disziplin und
(
dann waren ja auch so viele da, auf die sich Herr Schnitzler
ist
hat.
lustig gemacht
sich über
unter allen Umständen verlassen konnte. Fräulein Witt
ein ganz eigentümlicher Trick, auf den der
vermochte der Gestalt, die sie schuf, sogar einen Schimmer
diesmal verfallen.
des
„Reigens“
„Dichter“
von Wahrheit zu verleihen, Herr Kainz bemühte sich in
ist. Er hält die anderen und sich selbst durch drei Stunden
derselben Richtung. Auch alle anderen waren brav und
zum besten und verlangt dann von uns, daß man das
tüchtig, insbesondere Frau Kallina und die Herren
als ein Theaterstück ansehe. Und niemand Geringerer als
Korff und Treßler. Zum Schlusse klang das Zischen
das Wiener Hofburgtheater gibt sich dazu her, für derartige
—.
schon ziemlich energisch.
dramatische Clownspässe die Manege zu sein. Wir haben uns
übrigens gestern nicht nur in den Zirkus versetzt gefühlt,
sondern es sind auch noch andere Jugenderinnerungen in
uns wach geworden. Wir dachten daran, welch kolossale
Freude es immer dem Professor der Mathematik bereitete,
einen der Lehrsätze seiner edlen Wissenschaft beweisen zu
können. Formel folgte da auf Formel, Schluß auf Schluß,
die Wandtafel bedeckte sich unter seiner auf ihr wütenden
Kreide mit endlosen Reihen von Ziffern und Buchstaben
und sein Gesicht strahlte, als er uns schließlich von der
Richtigkeit einer oft ganz selbstverständlichen und nicht
im mindesten zweifelhaften Sache überzeugt hatte.
Schnitzler macht es fast ebenso. Niemand glaubt
auch nur einen Augenblick daran, daß ein Verhältnis zwischen
zwei Gatten, wie er es uns in seinem Drama vorführt,
auf die Dauer möglich wäre, dennoch bietet er alle seine
Künste auf, um etwas ad absurdum zu führen, woran!