II, Theaterstücke 20, Zwischenspiel. Komödie in drei Akten (Neue Ehe, Das leichte Leben, Cäcilie Adams, „Nicht mehr zu dir zu gehn …“, Adagio), Seite 58

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Hierzu 3 Beflagen.

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fals er die Gewißheit erlangt, daß seine Gatten¬
(Fortsetzung aus dem Hauptblatt.)
sehre rein geblieben ist und als der Fürst ver¬
1 und feinem Witz führen, beschließt den zweiten Akt.
sichert, auf Cäcilie dauernd verzichten zu wollen.
Amadeus sagt seiner Gattin u. a.:
Man weiß bei dieser Szene nicht, hat sich Schnitzler
„. .. Was du auch Trauriges oder Erbärmliches er¬
über sich selbst lustig machen wollen oder nur
fahren solltest: bei mir wirst du Zuftucht und Verständnis
wie
zeigen
man mitten
wollen,
in ein
finden. Aber von ganzem Herzen wünsche ich dir, daß dir
manches erspart bleibe.
Schauspiel auch
echt
franzö¬
Ternstes
ein
Cäcilie: Mir? ... Nein, Amadeus, diesen Wunsch
sisches Schwankmotiv hineinzuverpflanzen vermag.
weise ich zurück. Ich habe ja noch
ich habe ja noch
Inzwischen hat Cäcilie hinter dem Rücken ihres
so wenig erlebt. Und ich sehne mich danach. Ich sehne
Gatten den kompromittierenden Abschiedsbrief, welchen
mich nach allem Schmerzlichen und Süßen, nach allem
er seiner verflossenen Friederike geschrieben dieser ab¬
Schönen und nach allem Kläglichen, was das Leben
gerungen, iim Amadens vor einem eventuellen Duell
bringt. Ich sehne mich nach Stürmen, nach Gefahr,
vielleicht nach mehr:
zu bewahren. Nun glaubt er Cäciliens sicher zu sein,
madens: Nein, Cäcilie, das versucht du dir ein¬
doch sie, eine Art Hedda Gabler=Natur, scheidet von
zubilden!
ihm, indem sie ihm sagt, daß ihr allerdings wehe
Cäcilie: O nein!
ums Herz sei, daß sie aber Eines stark fühle: „Wir
Amadeus: Gewiß, Cäcilie. Du weißt eben noch
sind einander so viel gewesen, daß wir uns die Er¬
wenig und stellst dir vieles einfacher und reinlicher vor,
innerung daran erhalten müssen. Wenn das ein
als es ist. Aber es gibt Dinge, die du nie ertrügst, und
Abenteuer war, sind wir auch unser vergangenes!
manche, die zu begehen du nicht fähig wärst. — Ich kenne
Glück nicht wert. War es ein Abschied,
so sind wir
dich. Cäcilie.
vielleicht doch zu einem künftigen bestimmt ...
Cäcilie: Du kennst mich?
Du weißt nur, was
vielleicht
ich als deine Geliebte, deine Gattin war. Und da du für
mich die ganze Welt bedeutet hast, in dir all meine Sehnsucht,
So molluskenhaft die Gestalt Amadeus, so kernfest,
all meine Zärtlichkeit beschlossen war, so konnten wir
wenngleich voll unlösbarer Widersprüche ist der
beide früher nicht ahnen, wozu ich bestimmt wäre, wenn
Charakter Cäciliens. Ein neues Frauenrätsel, au
sich die wirkliche Welt vor mir auftäte. — Ich bin schon
dessen Entstehung unzweifelhaft Ibsenscher Einfluß
heute nicht mehr, die ich war, Amadeus ... Oder viel¬
mitwirkte. Wie dem immer sei, und fordert auch die
leicht war ich immer dieselbe und habe es nur nicht ge¬
Argumentation und Struktur des Werkes zu mancherlei
wußt; und es ist jetzt etwas von mir abgefallen, das mich
früher umhüllt hat . .. Ja, so muß es sein: denn jetzt Einwendungen heraus, so versteht es Schnitzler doch
fühle ich alle Wünswe, die früher an mir herabgeglittens wieder, durch die unendliche Feinheit, mit der er sein
sind wie an einem fühllosen eisernen Panzer, . .. jetzt! Problem versicht, durch die zarten, dustigen Farben,
fühle ich sie über meinen Leib, über meine Seele gleiten,
welche er aufträgt, durch den, wenn auch mitunter
und sie machen mich beben und glühen. Die Erde scheint
maechiavellistischen Geist zu blenden, zu interessieren!
mir voll Abenteuern, der Himmel wie von Flammen
und zu fesseln. Und das ist ja schließlich eine Haupt¬
strahlend, und mir ist, als sähe ich mich selbst, wie ich mit
sache. Für den feinen Humor, ja auch für manch
ausgebreiteten Armen dastehe und warte.
Amadeus (wie einer Entfliehenden nachrufend) lätzend=satirisches Element sorgt die Nebenfigur eines
Cäcilie!
räsonnierenden Freundes des Komponisten, des
Cäcilie: Was ist dir?
Theaterdichters Albertus Rhon, der
Amadeus: Es ist nichts . .. Was du da sprichst, limmer nach einem passenden Schluß für den dritten
kann mich ja nicht befremden nach allem, was ich schonfAkt seines Dramas sucht und ihn dann in der Wirk¬
weiß. Aber deine Stimme hat einen Beiklang, den ich heutelichkeit des Lebens von Amadeus und Cäcilie findet.
zum ersten Male höre. Und auch diesen Glanz deine“ Den Titel des Stückes selbst entnimmt der Antor]
Augen habe ich bis heute nicht gekannt!
dem Zwischenspiel einer Symphonie, an welcher
Cäcilie: Das glaubst du nur, Amadens. Wäre es
Amadens arbeitet, seiner vierten, wie wiederholt ver¬
wirklich so, dann müßte es mir mit dir geradeso ergehen.
kündet wird. Und es ist ein nicht übler Witz, daß er
Und ich merke keinen Unterschied an dir. Ich kann mir
den Schlußpunkt zu dieser Vierten findet, nachdem
auch nicht vorstellen, daß du mir je verändert erscheinen
könntest. Bei anderen Frauen magst du Bösewicht — oder
er seine Zweite, ämlich Friederike, verloren hat,
dummer Junge sein — was gewiß auch manchmal vor¬
und seine Erste, Cäcilie, wiedergefunden zu haben
kommen wird —: für mich wirst du immer derselbe bleiben;
S. L.
glaubt.
und ich fühle, daß dem Amadeus, den ich meine, überhaupt
Ueber die Aufnahme, welche das Werk bei seiner
nichts geschehen kann.
gestrigen Erstaufführung im Burgtheater gefunden
Amadeus: Könnte ich das nur auch — für dich
hat, berichtet uns eine Depesche unseres Korrespon¬
fühlen! Aber diese Sicherheit habe ich nicht: die Un¬
denten:
bedenklichkeit, die Lust, mit der du in eine unbekannte Welt
Schnitzlers „Zwischenspiel“ hat infolge
hineinschreitest, erfüllt mich geradezu mit Angst um dich.
Der Gedanke, daß Menschen herumgehen, von denen du,
seiner in der Darstellung verschärft hervortretenden
die von deiner Existenz noch nicht wissend denen du
logischen Unklarheit und der wiederholten ver¬
gehören wirst -
blüffenden Wendungen das Publikum nur teilweise
... ich bin
Cäcilie: Gehören werde ich niemand¬
befriedigt. Cäcilie blieb in doppeltem Sinne eine
frei
unverstandene Frau. Nach dem Anfangsakt danktel
Amadeus-
Die zu deinem Schicksal und zu
Regisseur Brandt, nach dem zweiten Aufzug Schnitzler
deren Schicksal du doch schon bestimmt bist, dies ist nür
unheimlich. Und du bist auch nicht die Cäcilie, die ich ge=Ipersönlich. Der Schlußakt wurde flau aufgenommen.
liebt habe — nein! Du bist nur sehr ähnlich einer, die mit teilweisem Zischen, welches jedoch ein etwas
mir sehr lieb war, aber doch ganz anders als die. Nein,demonstrativer Applans übertönte. Die bedenkliche
d
nicht die, die jahrelang meine Frau war; Fürstenszene rief stellenweise die Absichten des
das habe ich in dem Augenblick empfunden, als du heremn=Dichters schädigende unbeabsichtigte Heiterkeit hervor.#
tratest. — Nur ein geheimnisvoller Zusammenhang besteht [Kainz' Amadeus war voll vibrierender Nervosität,
zwischen dem jungen Mädchen, das vor sieben Jahren
eines Abends in meine Arme sank, und der die heute aus von feinster Transparenz, voll geistreicher, packender
Lotte Witt brachte das Seelenleben
der Fremde in diesem Hause für kurze Zeit eingekehrt ist. Züge;
Aber diese sieben Jahre habe ich mit einer anderen ver= Cäciliens bewundernswert zum Ausdruck, vielleicht
lebt, — mit einer stillen, gütigen Frau, mit einer Art von
sogar etwas zu vornehm. Den Fürsten gab Korffs
Engel vielleicht, der nun entschwunden ist. Die, die heute
mit vollendeter Noblesse.
kam, hat eine Stimme, die ich nie gehört, Blicke, die mir
fremd sind, eine Schönheit, die ich nicht kenne,
keine
bessere, glaub ich, als jene andere, eher eine grausamere —
und doch eins, glaub' ich, die mehr geschaffen ist zu be¬
glücken.“
Halb sträubt sich Cäcilie, halb willigt sie ein, der
jüngsten Liebeswerbung Amadens Gehör zu schenken,
Wanip
wieder einmal, nicht nur dem Namen nach seine
Gattin zu sein. Amadens glaubt min, seine Gattin
sich wieder zurückerobert zu haben, doch ihr stolzer
Charakter, der freilich an Widersprüchen nicht arm ist,
ist ein eiserner Panzer, an welchem alle Vorschläge
Amadens abprallen. Und als er sie an die jüngste
selige Stunde gemahnt, höhnt sie ihm krivol entgegen:
„War ich denn wirklich dein?“ Ich war es nicht,
oder bist du so bescheiden geworden, mit einem mal,
daß dir ein Glück genügte, das zur selben Stund¬
vielleicht auch ein anderer hätte holen
können, wenn er nur dagewesen wäre ...“
Das Gerücht dringt an Amadens' Ohr, daß seine
Gattin die Scheidung einleiten will, um Fürstin
Siaismund zu werden. In einer allerdings etwas
verspäteten edlen Auswallung sendet Amadeus dem
Fürsten seine Zeugen, trotzdem diese ihn davon
zurückhalten wollen unter Hinweis auf des Fürsten: