II, Theaterstücke 20, Zwischenspiel. Komödie in drei Akten (Neue Ehe, Das leichte Leben, Cäcilie Adams, „Nicht mehr zu dir zu gehn …“, Adagio), Seite 72

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20. Zuischenspiel

dagewesen wäre“. Was ihren Satten sich wiederfanden, um sich alsbald wieder zu trennen —
oft die platte Alltäglichkeit, was von ihm au
auch sie gesucht zu haben, den Ehe= alle Mittelstufen und Uebergänge, alle Brücken zwischen
gebracht wurde, aber umgewandelt in erles
ie erlaubte Sünde, vor welcher die
dem sinnlichen und dem sittlichen Menschen konnte er
spielkunst. Nur eine Nuancc ließ er sich ent
nen müssen. So ließ sie eben ihre
elektrisch beleuchten, das Wechselspiel der Sinne und der
Dichter wünscht und schreibt ausdrücklich
gehen, auf dem ihnen ihr Herz nicht
Seele aufdecken, diese ganze Enharmonik der Empfindun¬
Amadeus zuweilen „mit der linken Hand“ 1
Ihr Herz noch eher vielleicht als
gen und Gefühle den Leser Ton für Ton durchwanvern
zurückschlage und festhalte. Davon haben wir
ukunft liegt ja ganz klar vor ihren
lassen. Er konnte es, wenn er nämlich etwas konnte.
merkt. Oder sollte der Künstler dieses char
sie dem Gatten die Treue gehalten,
Doch einem an sich undramatischen Vorwurf muß der
Manöver, dessen Zweckmäßigkeit freilich nicht :
e Lebensgeister in ihr erwacht sind
beste Bühnendichter hilflos gegenüberstehen.
leuchtet, etwa gar mit der rechten Hand
sie durchglühen, weiß sie auch,
haben?
Es ist wirklich bewundernswert, daß Arthur
Abend bevorsteht, und so will sie
Schnitzler aus diesem Novellenstoff gleichwohl ein auf¬
Fräulein Witt als Cäcilie stand Herrn
lusse drängen, damit das ganze nicht
führbares, trotz aller Dunkelheit interessantes, beim Lesen
bürtig zur Seite, doch lößt sich nicht verschwei
nehme. Sie verlangt, mit
zumal höchst anregendes Stück zu bilden vermochte, doch
es an Innerlichkeit ein wenig fehlen ließ. Die
die prophylaktische Scheidung.
muß man es zugleich schmerzlich bedauern, daß dieses
langt einige Gemütstiefe, hie und da einen
ung ihrer künstigen Untreue
echteste, ehrlichste, dabei am meisten wienerische unserer
Leidenschaft, sie ist keine von jenen, in welch
ugen, zerreißt sie das eheliche Band.
jüngeren Talente sein reiches Können solchen müh¬
Witt ihren Geist blitzen lassen kann. Da abe
eeine Kunstreise antritt, schleicht sich
sam erklügelten, auf der Spitze einer Nadel tanzenden
eine Könnerin ersten Ranges ist,
obewälti
und auch sie sinkt weinend auf den
Sophismen zuwendet. Die Schwerverständlichkeit ist der
Ende jede Aufgabe. Sehr hübsch spielte Frau
t uns, was ihre Tränen bedeuten?
geringste Fehler des neuen Stückes. Peinlicher wirkt es,
die Gräfin Friederike, und Herr Korff war
verlorenes Glück, das, ach, pur ein
daß Amadeus, der uns sympathisch sein soll, uns nur
Sigismund eine sympathische Acistokratenfigur.
k, wie vielleicht alles im Leben, oder
widerwärtig ist und daß Frau Cäcilie, dieser Ausbund
er sich nicht vom Dichter die Erlaubnis erbai
er nicht trotzdem dageblieben? In
feiner Weiblichkeit, als überspanntes Frauenzimmer er¬
tiefer ins Humoristische einzutauchen. Gerade e
dernsten Schema präparierten Frauen¬
scheint, das immer, statt gradaus, links um die Ecke
aufs beste getroffen, und das Ernste wäre
sich auszukennen. Im ersten Akt liebt
denkt. Selbst der schauspielerische Kommentar, sonst der
ernster, das Rührende um so rührender heraus
sehnt sich in seire Arme zurück, im
beredtsamste von allen vermochte die beiden Figuren im
Dem seltsamen Ehepaar des Stückes steh
ogel glücklich eingefangen, und im
Grunde nicht annehmbarer zu machen. Und doch gehörte
Dichter Albertus und seiner Frau Maria
r auf und davon, denn sie hat „Nora“
die Darstellung zum Allerbesten, was das Burgtheater,
bürgerliche, sturmfreie Ehe gegenüber. Frau H#
sich einen ähnlichen Abgang. Den
was die deutsche Bühne zu bieten im stande ist. Herr
und Herr Treßler brachten diesen Unterschie
sch zu begründen, konnte dem Dichter
Kainz als Amadeus leistete ein Meisterstück. Wir hätten
zum Ausdruck. Der letztere bewies wieder einmal
hat er sich in die Dialektik geflüchtet.
nimmermehr geglaubt, daß diesem Wechselbalg so viel
der Mann jeglicher Heiterkeit ist und selbst den
Frau setzt es erdlose Dialoge, will
Menschlichkeit beizubringen wäre. Erläuterung tat hier not,
gleichgiltigen Stellen noch ein Tröpfchen Komik
ker Atem nicht ausgehen, aber schmack¬
dies fühlte der Künstler, und es war erstaunlich, wie er mit
pressen weiß. In dem Stück hat er einen drat
kunbewußte Gemeinheit des Mannes,
allen Mitteln und Mittelchen der Bühne, mit Blick, Gebärde,
Dichter darzustellen, und als ihm Freund Amaden.
Logik der Frau. Um wievkel besser Betonung, Gesichtsausdruck, Tempowechsel, mit Sprechen
nicht sehr durchsichtigen Eheroman erzählt, ist er
ler, der Romandichter gehabt! Er und Schweigen den Dolmetsch seiner Rolle spielte, ganz
bereit, ein Stück daraus zu machen, um den F
s auf ihre Blöße vor uns entkleiden, unauffällig wohlgemerkt und absichtslos, alle Detailarbeit,
Leuten besser zu erklären. „Dann werden sie ohn
die letzte Faser zerzupfen, ihr Ge= alles Feilen und Bosseln geschickt verschleiernd, daß man
diese neue Art von Ehe begreifen — wenigst
den äußersten Winkel erhellen, konnte den Eindruck gewann, als hätte er nie so einfach,
halb acht bis zehn.“ Das mag ja sein, allein wirf
e Eheleutchen in der Gewohnheit, natürlich einfach gespielt, überhaupt nicht gespielt, sondern
so ganz sicher ist es nicht, und Herr Albertus tr¬
heit einander sich entfremdeten, wie eigenstes Schicksal uns vorgelebt. Diesen Gipfel wird ihm leicht doch seiner Kunst etwas mehr zu, als sie#
eheimsten psychologischen Schleichwegen heute kein anderer Schauspieler streitig machen. Es war im stande ist.