II, Theaterstücke 20, Zwischenspiel. Komödie in drei Akten (Neue Ehe, Das leichte Leben, Cäcilie Adams, „Nicht mehr zu dir zu gehn …“, Adagio), Seite 93

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20. Zuischensniel
anken

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mählten Philine gelockt. Und er läuft der leichtfertigen Kleinen
Offenbarung jauchzend mit Cäcilie wiederum die volle alte meistermäßige Ausführung seine
allzu rasch ins Netz; vielleicht, weil er äußerlich gleichmütig,
Levensgemeinschaft anheben: sie aber weist ihn, wie esldeus), Lotte Witt (Cäcilie),
innerlich desto ungeduldiger zu merken glaubt, daß seine von
scheint, dauernd von sich mit Klugreden, die Nachsichtige mitSchnitzler wurde nach den ersten
aller Welt umschwärmte Frau einen jungen Musikenthusia¬
Noras, Boshaftere mit Griseldis' Abschiedsworten vergleichen! Schluß mit aller ihm persönlich
sten, den Fürsten Lohsenstein, ein bißchen bevorzugt. Ama¬
mögen. Ein Abschluß voll Unnatur, der selbst die schnitzler=gerufen. Ein Treffer war der A
deus bekennt Cäcilie, wie viel es bei ihm geschlagen. Er wird
freundliche kompakte Majorität der gestrigen Uraufführung
das Burgtheater.
die Ferien zu einem Ausflug in das italienische Grafenschloß
im BBurgtheater stutzig machte.
Philenens benützen. Cäcilie gibt ihm scheinbar vollkommen
Capriccio doloroso nennt Amadeus das „Zwischen¬
freie Hand. Im übrigen soll alles beim Alten, Hauswirt¬
spiel“ seiner neuen Symphonie, dessen Werdegang uns durch
schaft und Kunstkameradschaft ungeteilt bleiben.
die drei Akte der Komödie begleitet. Ein schmerzenreiches
Amadeus bekommt Philine noch vor Schluß der Ferien
Spiel der Laune ist denn auch in der Tat für die Freunde
satt. Cäcilie singt und siegt nach ihrem in Tirol verbrachten
von Schnitzlers Talent sein jüngstes dramatisches Intermezzo.
Urlaub in der Berliner Oper mit seltenem Glück. Fürst Loh¬
Zu Beginn glaubt man, die beiden angeblich in Freiheit von
senstein ist dort ihr ständiger Begleiter auf allen Ausgängen,
herkömmlichen Vorurteilen des Ehebandes dressierten, ver¬
auch in die vornehmste Gesellschaft. Ihr Vertrauter in Wien
meintlich durch Treubruch und Eifersucht unbeirrbaren Gatten
bleibt gleichwohl Amadens, dem sie tagtäglich 8 bis 12 Sei¬
würden tragisch oder komisch die Wahrheit des Satzes zu er¬
ten schreibt. „Acht Seiten eng und zierlich,“ heißt es bei
weisen haben: es sind nicht alle frei, die ihrer Ketten spotten.
Heine, „ein kleines Blmnuskript, man schreibt nicht so aus¬
Im zweiten Akt nach dem kuriosen Ehebruch, den das Ehe¬
führlich, wenn man den Abschied gibt.“ Aehnliches scheint
paar miteinander begeht, kann man sich einbilden, die Natur¬
Amadeus zu vermuten: als Cärilie von Berlin zurückkommt,
gewalt der Leidenschaft werde die beiden in neuer Neigung
bestürmt er sie dermaßen mit Ausbrüchen fesselloser Liebes¬
verbinden oder in dauerndem Haß auseinanderführen. Zwei
raserei, daß die anfangs von Ekel und Grauen geschüttelte
Lösungen, gleicherweise denkbar nach dem Naturell der Gat¬
Frau sich ihm schließlich nicht versagen kann. Als Cäcilie
ten, nach Art und Kunst eines elementaren Dramatikers.
am andern Morgen erwacht, scheint ihr, mit den Wahlver¬
Schnitzlers völlig unerwarteter Ausgang verblüfft durch eine
wandtschaften zu reden, die Sonne ein Verbrechen zu be=Liebeskascistik, die gegen ungesunde Sinnlichkeit wennmög¬
leuchten. Das hindert sie aber nicht, sofort zu Philinen zu lich noch ungesundere Spitzfindigkeit ausspielt. Es mag ja
eilen, um von ihr Amadens' Abschiedsbrief zu erbitten: sie denkbar sein, daß der Roman dieses „Zwischenspiels“ irgend¬
besorgt, daß Philinens Gatte sonst möglicherweise hinter
wo (schwerlich in der Wiener Gegenwart) analoge Urbilder
Amadeus' Fantaisie kommen und ihn zur Rechenschaft ziehen
und in dem heutigen Kunstwirrwarr hysterische Anhänger
könnte. Sie liebt ihren Amadens somit noch immer. Ama¬
findet. Wenn Unsereiner die Wahl hat zwischen Schnitzlers
deus dagegen hat nach der neuen Brautnacht nichts Eiligeres ausgeklügelter Musikerehe und der Wirklichkeit, greift er zu
zu tun, als dem Fürsten Lohsenstein seine Zeugen zu schicken:
seinem Troste nach Mozarts herrlichem Brief an Constanze
im Wahn, daß für seine Untreue Cäcilie Gleiches mit Glei¬
über das Strumpfbandmessen oder zu dem Briefwechsel zwi¬
chem vergolten habe. In einem meisterhaft geführten Ge¬
schen Richard Wagner und Mathilde Wesendonck. Ein Blatt,
spräch mit dem Fürsten erfährt er indessen zu seiner Be¬
das von Liebeslust und Liebesleid dieser Großen zeugt, taugt
schämung, daß Cäcilie ein fleckenloser Tugendspiegel; sie hat
mehr als die ganze Partitur von Amadeus Adams Inter¬
sogar die Hand des Fürsten ausgeschlagen, der durch päpst¬
mezzo.
lichen Dispens oder durch magyarisch=siebenbürgische Rechts¬
Gegen das heillose Grundmotiv von Schnitzlers „Zwi¬
anwälte das österreichische Ehehindernis des Katholizismus schenspiel“ kam die reiche Kunst seiner Technik, der Witz und
auszuschalten imstande wäre. Amadeus will nach dieser! Tiefsinn einzelner Seitenmotive so wenig auf, wie die