II, Theaterstücke 20, Zwischenspiel. Komödie in drei Akten (Neue Ehe, Das leichte Leben, Cäcilie Adams, „Nicht mehr zu dir zu gehn …“, Adagio), Seite 187

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20. Zuischenspiel
kaum etwas Zwingendes und Beweisbares. Ein
ineigung
Künstler, der sich ausschließlich auf seine Psychologie
schenspiel“
verläßt, setzt sich hierdurch fortwährendem Widerspruch
cht zu er¬
oder Unglauben aus. Gewiß vermag er es, unsere
an jener
Gemütskräfte durch sanfte Überredungen und kluge
eine ganz
Einflüsterungen so zu lenken, daß wir geneigt sind,
lerfeinster
ihm momentweise auch Ungewohntes zu glauben, ja
eele, wie
uns daran zu erfreuen. Aber plötzlich bei irgend einer
aus, die
Wendung schnellen wir gewappnet wider ihn auf. Wir
ter zu er¬
versagen ihm plötzlich die Gefolgschaft. Wir möchten
hinstellen,
dazwischen werfen: „Nein, das müßte ganz anders
mit den
kommen!“ So ging es manchem schon im ersten
tönungen
Akt vom „Zwischenspiel“, als der Ehemann, nachdem
Wider¬
er mit seiner Frau soeben erst eine gegenseitige
alerei zu
Trennung vereinbart hat, unmittelbar darauf schon
s ist ihm
wieder anbändelt und ein gemeinsames musikalisches
Dach hat
Arbeiten verabreden will. Schnitzler wird uns
ancierung
gewiß darüber belehren können, daß dieses möglich
nd stets
und im Charakter und in der Situation begründet
und
in¬
sei. Trotzdem glauben wir es ihm nicht, weil unsere
mals das
Instinkte rebellieren. Wir verlangen (als Publikum)
ls duftige
möglichste Reinlichkeit und Ganzheit der Tatsachen,
fgebauten,
weil uns aller Mischmasch irritiert. Von der Mög¬
Schnitzler
lichkeit einer etwaigen Wiederannäherung, wenn auch
vielfach
in noch so verkappter Form, wollen wir in jenem
hierdurch
Fall durchaus nichts hören. Davon frühestens ein
fesseln
halbes Jahr später, das heißt im nächsten Akt! Im
cktem Ohr
nächsten Akt will aber der Dichter schon viel weiter
graziös
sein. Folglich wendet er seine ganze respektable und
lt sich Er¬
einschmeichelnde Kunst auf, um diese im Moment
Unsicher¬
recht unglaubhafte Wendung schon im ersten Akt bei¬
hen Seele
zubringen. Das spüren wir, und darum murren
UInmöglich¬
auch hier wir.
Dies war ein Beispiel für viele. Es möge uns
zeigen, warum Schnitzlers neues Stück, als ein
Musterexemplar von der rein=psychologischen Gaitung,
so wenig Gewalt ausübt. Nicht die Tatsachen
sprechen, sondern die Empfindungen. Und diese
Empfindungen schlingen sich mit der ganzen Fülle
ihrer Möglichkeiten und Widersprüche derartig
durcheinander, daß der Zuschauer oft völlig den festen
Boden verliert. Diese Menschen kennen nichts
anderes mehr als ihr Gefühlsleben und ihre Sen¬
sibilitäten. Diese ziehen sie auseinander, zerzupfen
und zerpflücken sie, schieben sie sich gegenseitig zu,
ziehen sie wieder zurück, verkapseln sie, umhüllen sie
und schleudern sie plötzlich wieder heraus. In diesem
Wirrwarr kennt der arme naive Zuschauer sich kaum
mehr aus und wird darum unlustig. Wenn daher die
beiden Eheleute, nachdem sie sich drei Akte darüber
unterhalten haben, ob sie sich lieben oder nicht,
schließlich zu der Erkenntnis kommen, daß sie sich
nicht (oder nicht mehr) lieben, dann sagt der Zu¬
schauer mit einem Aufseufzen: „Natürlich! Sie haben
sich ihre Liebe gegenseitig totgeredet!“
Die innere Unzulänglichkeit des psychologischen
Dramas als Gattung ist mir bei Schnitzlers „Zwischen¬
spiel“ mehr als jemals früher klar geworden. Mehr
noch als bei Shaws „Candida“ und bei Sven
Langes „Stillen Stuben“ Alle drei sind ja Leistungen
von so hervorstechenden, literarischen Vorzügen, daß
es einem wehe tut, ihre gattungsmäßige Unzuläng¬
lichkeit zu konstatieren. Aber dies ändert nichts daran,
daß unser Drama andere Wege wird gehen müssen.
Es soll gewiß an psychologischem Reichtum möglichst
wenig opfern. Aber die gebrechliche Pflanze der
Psych
Stan
wird
das
Pub