II, Theaterstücke 20, Zwischenspiel. Komödie in drei Akten (Neue Ehe, Das leichte Leben, Cäcilie Adams, „Nicht mehr zu dir zu gehn …“, Adagio), Seite 193

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20. Zwischenspiel
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Gatten um die hand seiner Frau. Der Dialog pointiert solche Wendungen geflissentlich,
wenn z. B. Fürst Sigismund nicht mehr weiß, wie er von Cäcilie reden soll: „Ihre —
meine — Frau Adams=Oltenburg.“ Er wird infolgedessen manchmal zum Epigramm.
Amadeus weiß nicht, ob er sie mehr als sie ihn verloren hätte; und ein anderes Mal
heißt es: „Darauf, ob man einander treu bleibt, was die Leute so nennen, kommt es wohl
am allerwenigsten an.“ Das Stück ist reich an solchen Perlen. Daß der Titel „Zwischen¬
spiel“ natürlich auch symbolisch zu verstehen und auf die ganze Ehe so gut wie auf das
Abenteuer und auf Amadeus' Seitensprung zu beziehen ist, versteht sich bei einem Mo¬
dernen von selbst.
So viel sich aber auch jeder bei den geistreichen Dialogen denken kann, so schwer ist
es, sich von den Personen, welche sie führen, eine sichere Vorstellung zu machen. Von
den hauptpersonen wenigstens; denn die Uebenfiguren, besonders die Episoden, sind viel
deutlicher herausgekommen. Am besten wohl der junge Fürst, eine echte österreichische
Aristokratenfigur, von einem Typus, den man auf der Bühne noch nicht gesehen hat;
abe auch die philinenhafte Gräfin hat Schnitzler mit ein paar Strichen sicher ge¬
zeichnet. Auch Albertus und seine Frau haben wirkliches Leben, er noch dazu einen
gesunden Humor. Die weibliche hauptrolle, Cäcilie, ist zwar von haus aus sicher in
Angriff genommen, verliert aber zuletzt den festen Boden unter ihren Füßen. Fräulein
Witt hat das mögliche für sie getan, sie anfangs kühler gehalten und die „Wandlung“
zur Leidenschaft dann stark zum Ausdruck gebracht; den letzten Akt glaubhaft zu machen,
ist auch ihr nicht gelungen. An den problematischen Kapellmeister hat Herr Kainz seinen
ganzen Fleiß und seine größte Kunst verwendet, ohne daß er mir indessen dadurch klarer
geworden wäre. Die moderne Schauspielkunst mit ihren zahllosen Details und den be¬
liebten ironischen Wendungen geht ja überhaupt mehr auf Reichtum und Fülle als auf
klare und sichere Linien aus. Eine Gestalt, die von Dichters Gnaden bereits feste Umrisse
hat, kann dadurch nur gewinnen. Wo aber der Dichter selber schon die dünnen Striche
gehäuft hat, da nützt der Schauspieler mehr, wenn er, wie etwa Baumeister, wenige dicke
Linien zieht. Die Aufführung war im ganzen ausgezeichnet. Frau häberle und herr
Treßler spielten das zweite Paar; Frau Kallina die Gräfin und herr Korff mit be¬
sonderem Glücke den Fürsten. Den Regisseur verschweigt der Zettel; er verdient An¬
erkennung, wer er auch sein mag.