II, Theaterstücke 20, Zwischenspiel. Komödie in drei Akten (Neue Ehe, Das leichte Leben, Cäcilie Adams, „Nicht mehr zu dir zu gehn …“, Adagio), Seite 224

20. Zuischensniel
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schen Werth keinen Anspruch erheben kann, an Bühnen¬
wirtsumkeit ist es ganz gewiß arm, deshalb
G—h.
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lers „Zwischenspiel“ das schon in
Wienwikde, hat uns gestern in unserem
Lessing=Theater beglückt. In Wien ist das Stück (8a4
jusgepsissen worden, was wieder einmal Zeugniß
ablegt für den munteren Sinn und gesunden
Menschenverstand des Wiener Publicums in Berlin #### %
hat man sich die langweiligste Komödie, die je ge¬
schrieben wurde, zwei Acte lang verständnißinnig
sangehört; dann wurde auch diesen Wohlwollenden
des einfältigen Geschwätzes zu viel und man zischte
dentlich.
Natürlich ist die Geschichte wieder einmal ein Seelen¬
gemälde. Endlos stehen zwei Personen sich gegenüber
sehr selten drei oder mehr — und sagen sich etwas.
Und wenn sie sich nichts mehr zu sagen haben, ist das
Stück aus und fällt der Vorhang.
Amadens Adams ist seit sieben Jahren mit seiner
Frau Cäcilie vermählt und hat von ihr ein Kindlein,
das Bub genannt wird und für die nothwendige
Rührung bei zweifelhaften Actschlüssen zu sorgen hat.
Amadens ist Capellmeister, seine Frau ausübende
musikalische Künstlerin. Und sie erfüllen ihren musi¬
kalischen Beruf jeder so ganz, daß bei beiden das
Interesse für die eheliche Gemeinschaft zu schwinden beginnt.
Sie sind Kameraden, einfach Kameraden, und wissen
nichts mit einander anzufangen. Nur zu sagen haben
sie sich gegenseitig etwas, immer nur zu sagen.
Daß man trotz aller geistigen Kameradschaft immer
noch einen Körper mit sich herumschleppt, ist be¬
ein alter Fluch, den eine spiri¬
dauerlich,
tualistische Religion „Erbsünde“ genannt hat. Dieser
Körper macht sich auch bei Amadeus und Cäcilie
bemerklich, da er aber in ihr eigenes Verhältniß nicht
mit hineinreden darf, sucht er sich eine andere Erregung
und eine andere Bethätigung. Amadeus scharwenzelt
mit der pikanten Opernsängerin Mosheim herum,
Cäcilie aber geht mit dem Fürsten Siegismund auf
Reisen.
Im ersten Act müssen wir — kopfschüttelnd — sehen,
wie Amadeus gegen diese fürstenbegleitete Abreise seiner
Frau nichts Anderes hat, als ironische Worte. Im
zweiten Act kehrt Cäcilie, um manche Erfahrung be¬
reichert, zu ihrem Manne zurück, der unterdessen im
Verkehr mit der Opernsängerin ebenfalls etwas mobiler
geworden ist, nicht mehr der langweilige Peter von
Kamerad sein will. Sinnlich angeregt wirbt er um
die Liebe seiner Frau, um die wirkliche reelle Liebe, wird
und der Vorhang fällt,
erhört und ..
Der dritte Act bringt den Katzenjammer. Das (in
den Zwischenact gelegte) Zwischenspiel, diese allzu reale
und brutale Annäherung war den feinen Leutchen zu
viel. Der Mann glüht zwar noch etwas nach, sie aber
sagt über diese heftige Liebe allerlei Kiuges und
Langweiliges und voll Resignation trennt man sich. Der
gebildete Zuschauer aber citirt in seinem Innern einen
berühmten Spruch des Aristoteles, den man leider nicht
wiedergeben kann, nicht einmal bei Besprechung dieses
Werkes.
Nach der Inhaltsangabe mag der Leser entscheiden,
ob der Vorgang des Stückes ihm sympathisch sein kann
oder nicht. Beträchtlich ist er gewiß nicht, dieser Vor¬
gang, diese entsetzlich langwierige Erörterung darüber, auf
welche Art Amadeus seine Cäcilie lieb haben wird und
auf welche nicht. Ausblicke in größere Allgemeingiltig¬
keiten bietet dieser Zweikampf nicht, und man freut sich
höchstens des eleganten Spieles dieser Apercus und
Repliken, die sich kreuzen und schlagen, elegant und
blitzend, wie die Klingen Französischer Florette. Schnitz¬
ler ist unzweifelhaft der beste Causeur unserer
Bühnen und auch ein Lustspieltaleutchen fehlt ihm
nicht
Episode — aber noch mie ist es ihm gelungen,
uns zu ergreifen, uns an die Nieren zu.
gehen, wie der Berliner sagt, oder uns für längere
Stunden nachdenklich zu stimmen. Die wirkliche Welt
ist leider gar nicht so parfümirt, wie des glücklichen
Herrn Schnitzlers Welt, und schon auf der Straße
draußen beim ersten Schritt weht uns Gottes reiner
Wind die Erinnerung an diesen Salonduft hinweg,
an diese Spitzfindigkeiten und Geistreicheleien, an diese
verdammt unechte, gezierte Erotik, an diese — sagen
wir es heraus — erbärmliche Kleinlichkeit der Welt¬
anschauung.
Bassermann spielte den Capellmeister und war
wieder einmal zu zapplig und zu hastig. Diesen
Zweifler und Grübler, der in den intimsten Scenen
des Lebens nach Spitzfindigkeiten und Nuancen sucht,
diesen Wiener Decadenten hätte man eleganter, leiser,
müder spielen müssen, wenn er hätte glaubhaft werden
sollen. Dem Hitzkopf, den Bassermann da hinstellte, der
mit den Armen herumsuchtelte und auf den Tisch schlug,