II, Theaterstücke 20, Zwischenspiel. Komödie in drei Akten (Neue Ehe, Das leichte Leben, Cäcilie Adams, „Nicht mehr zu dir zu gehn …“, Adagio), Seite 258

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20. Zuischensniel
Arthur Schnitzler, welcher lange Zeit von der Hofbühne ferngehalten
Ein Theaterstück war es nicht. Es war eben viel mehr. Es war
wurde, ist heute wieder mit einem neuen Stück dort erschienen, einer
eine jener feinsten Wahrheiten, bei denen es ganz gleich ist, ob sie in
„Komödie“ in drei Akten: „Zwischenspiel“. Sie behandelt das alte
lyrischer, evischer oder dramatischer Form gesagt werden; eine jener aller¬
Thema von der schiffbrüchigen Ehe in einer eigenartigen, aber halsbreche
geheimsten Wahrheiten, die man sich selbst nur mit Zögern eingesteht, und
risch gewagten Weise. Die Ehegatten trennen sich im ersten Akt — „ein¬
Der Beifall zwang Schnitzler nach
meist — wenn es zu spät ist...
verständlich“ wie die Juristen sagen — doch indem sie auseinandergehen,
jedem Akt, vor die Rampe zu treten.
„Berliner Neueste Nachrichten“.
bleiben sie erst recht beieinander. Der gemeinschaftliche Haushalt wird
fortgeführt, nur soll jeder Teil vollkommene Bewegungsfreiheit genießen.
Der Mann macht von diesem Rechte ausgiebig Gebrauch, die Frau nur
Es ist ein stilles, nachdenkliches Stück, dieses „Zwischenspiel“, das
scheinbar, und am Ende des zweiten Akts, in einem Augenblick der wieder¬
Arthur Schnitzler diesmal geschrieben hat. Für das Laute. Polternde,
aufflammenden Liebe, kommen beide wieder ehelich zusammen. Es ist
Leidenschaftliche hat er nie die Neigung gehabt und nie den Ausdruck
sozusagen ihre zweite Hochzeit. Und nachdem sie sich also wiedergefunden,
gefunden.
trennen sie sich abermals im dritten Akt. Der Scheidungsgrund bleibt
Der Erfolg der Komödie war der im „Lessing=Theater“ übliche. Am
zum Teil das Geheimnis des Dichters. Man errät nur, daß die Frau
Schlusse heftig wogender Kampf zwischen denen, die sich mehr als drei geist¬
sich entschieden weigert, mit dem Manne, dem sie sich soeben hingegeben,
reiche Dialoge über Künstlerehen und Zwischenspiele erwartet hatten, und den
weiterzuleben. Es war nur ein Zwischenspiel gewesen, ihre ganze Ehe
anderen, die den klugen Planderer mit all seinem weichen Wienertum, seiner
nur ein Intermezzo. Kaum ist jedoch der Gatte endgiltig fortgegangen.
heimlichen Sentimentalität und seiner ein bißchen koketten Ironie auch in
so bricht die Frau weinend zusammen, ohne Zweifel, weil sie ihn sich
diesem etwas sophistisch konstruierten Problem dankbar wiederfanden.
zurückwünscht.
Nach dem zweiten Akt aber hatte Schnitzler mehrfach, ohne Widerspruch
Der Dichter hat ungemein viel Kunst an dieses Bauwerk verschwendet.
„Die Post“, Berlin.
zu wecken, an der Rampe erscheinen dürfen.
darunter allerfeinste Kunst. Er bleibt durchwegs interessant, und sein
Dialog blitzt von Geist. Schon nach dem ersten Akt konnte der Regisseur
Im „Lessing=Theater“ wurde gestern Arthur Schnitzlers „Zwischen¬
erscheinen, um den „Dank Arthur Schnitzlers“ auszusprechen, und dieser
spiel“ mit lebhaftem, erst zum Schluß bestrittenem Beifall begrüßt..
selbst wurde im Verlaufe des Abends vielfach hervorgerufen.
Die subtile, psychologische Feinheit, die Arthur Schnitzler in die erste
Neue Freie Presse, Wien.
Reihe der deutschen Poeten stellt, feiert auch hier ihre Triumphe. Geist¬
reiche Worte und Wendungen über Frauentreue und Männerwankelmut,
Ein genußreicher Abend. Es gelangte Schnitzlers dreiaktige Komödie
über Freundschaft und Duell blitzen auf. Ein reifer kluger Kenner be¬
„Zwischenspiel“ zur ersten Aufführung. Ein reizendes Stück, das nur
leuchtet in einem entzückend pointierten Dialog den Krieg zwischen Adam
am Schlusse schlechterdings nicht weiß, wo es hinaus will. Eine
„Berliner Tageblatt“.
und Eva, der so alt wie die Welt ist.
feingesponnene Sache, die dann nicht recht an die Sonnen kommt. Der
große Erfolg des Abends, der nach dem zweiten Akte in vielen Hervor¬
Nun hat aber Arthur Schnitzler so viel Geist und Geschmack, daß
rufen des Dichters gipfelte, schlug zuletzt in Widerspruch um.
er sein Thema, abgesehen von seiner grotesken Unwahrscheinlichkeit, nicht
Fremdenblatt, Wien.
nur konsequent und folgerichtig entwickelt, sondern ihm auch eine Fülle
von amüsanten Variationen abgewinnt.
Arthur Schnitzler ist wieder burgtheaterfähig. Er mußte dafür
„Die Zeit am Montag“, Berlin.
einige Bemerkungen über Gott und den deutschen Kaiser opfern. Die
sind ihm nämlich aus seiner neuesten Komödie „Zwischenspiel“ von der
Der Beifall war wohlverdient, wenn man die Komödie reinlitera¬
Hauszensur gestrichen worden. Das Stück wurde gestern zum ersten
risch und nicht durch die Kassiererbrille des Zugstückjägers betrachtet. ..
Male gespielt. Das Publikum rief den Dichter nach allen Aktschlüssen.
Vor allem aber fesselt uns das sichere Gefühl, hier von der Hand eines
Illustriertes Wiener Extrablatt.
vornehmen Künstlers auf so absonderliche Nebenpfade der Dramatik ge¬
leitet zu werden, eines Künstlers, der jedes Mittel alter Routine, jeden
ausgetretenen Pfad, jeden abgenutzten Steg, jeden Überrumpelungsversuch
Hier wandeln Menschen am äußersten, fernsten Gelände der Wirk¬
unserer Empfindung nach plumper Sudermannsart — stolz verschmäht
lichkeit; abseits am Saum des Lebensgebietes, wohin nur selten einer sich
Wir waren in guter Gesellschaft.
„Tägl. Rundschau“, Berlin.
verirrt; einsam, weit draußen am schmalen Rand feinster, haardünner
Möglichkeiten, wo ein Fuß im Seiltänzerschritt vor den andern gesetzt
werden muß, wo ein Fehltritt den Absturz ins bodenlos Groteske zur Folge
Es ist einem Deutschen oder vielmehr einem Österreicher, der wenig¬
hätte. Und dort balanciert Arthur Schnitzler seine Gestalten, ohne daß
stens mit seinen modernen Krisenstücken immer näher an Bauernfeld her¬
man ein einziges Mal nur empfinden würde: sie gleiten ab. Zwar spürt
anrückt, gelungen, ein Konservationsstück zu schreiben, ein stilles elegantes
man den Hauch, der aus der Tiefe kommt, spürt diese Menschen, diese
Salondrama, dem so viel Geist mitgegeben ist, daß es auf den Witz ver¬
Worte, von dem Wehen des Grotesken umwittert, aber man bleibt sicher
„Vossische Zeitung“, Berlin.
zichten kann.
Die Zeit, Wien.
im Gefühl: es kann nichts passieren.
Richard Beer-hofmann: der Graf von Charolais.
Repertoirestück der wichtigsten Bühnen.
Repertoirestück der wichtigsten Bühnen.
Trauerspiel in fünf Akten.