II, Theaterstücke 20, Zwischenspiel. Komödie in drei Akten (Neue Ehe, Das leichte Leben, Cäcilie Adams, „Nicht mehr zu dir zu gehn …“, Adagio), Seite 278

20. Zuischensniel
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Die Zukunft.
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teuer dieser Nacht zurück. Warum hatte sie sich ihm nichtgeweigert? Weil ihr
Leib hungerte; weil sie mit dem Gedanken an eine vom Abgrund zupflückende
Wonne zu oft in diesen Wochen gespielt hat. Wars nicht Amadeus, so wärs
ein Anderer gewesen. Vielleicht; oder hätte dann die Gefahr, die Furcht, kompro¬
mittirt zu werden oder ihren Schoß befruchtet zu fühlen, sie noch einmal zurück¬
gehalten? Solche Feigheit wäre kläglich. Muß sie nun sich aber zutrauen. Nicht
nach Amadeus langte sie gestern: nur nach dem Mann. Im Arm des Ehegefähr¬
ten brach sie sich die Treue; brach sie auch ihm. Soerniedert ist sie. Mit ausge¬
breiteten Armen stand sie und harrte in Sehnsucht: und der Zufall wollte,
daß Diesen gerade, dem das Eherecht so lange schon lästige Pflicht schien, die
Lust anwandelte, sie wieder zu besitzen. Nie darf sichs wiederholen. Zwei Men¬
schen, die ihre Ehe nicht vor Unsauberkeit zu wahren, auch ihre Freundschaft
nicht rein zu erhalten vermochten, zwei solche Menschen müssen von einander
scheiden. Da der Schleier der Scham zerrissen ist, webt die Frau aus all den
großen Worten, die der Mann sie gelehrt hat, sich schnell einen anderen. „Das
unausbleibliche Ende sollte unserer Liebe würdig sein; mit einerletzten Selig¬
keit und in Schmerzen sollten wir von einander scheiden. Wir sind einander
so viel gewesen, daß wir uns die Erinnerung daran erhalten müssen“. Die
Schülerin hat den Kursus nicht ohne Nutzen durchgemacht und schwatzt mit
den eingelernten Phrasen sich nun aus dem natürlichen Empfinden, aus dem
Glück. Denn als Amadeus gegangen ist, sitzt die Frau am Flügel und weint.
Das, scheint mir, ist der Inhalt der Komoedie, die Herr Arthur Schnitz¬
ler „Zwischenspiel nennt und die das Lessingtheater aufgeführt hat. (Schlecht
aufgeführt. Caecilie brauchtallen Glanzreifer Weiblichkeit; und Frau Triesch,
die weder schön noch graziös ist, hat nur einen klug die Wirkung errechnenden
Verstand. Einen Regisseurverstand: sie weiß fast immer wie es gemacht werden
müßte, kanns selbst aber nicht machen. Kein Charme, kein Auge, kein Herz; nur
was sich erlernen ließ. Wenn sie aus der Gefahr, der Versuchung heimkehrt und
ihr Kindwiedersieht, ruft sie: „Mein Bub!“ So rufen kalte Spielerinnen, rief
nie eine Mutter. Herr Bassermann war als Amadeus unerträglich. Daß er
jede Rolleresolut als Mannheimer spielt, weiß man nachgerade; under findets
offenbar originell. Die Mischung von pfälzischem und wienerischem Dialekt
wirkt aber allzu widrig. Und die kranke Stimme, die im Affekt nur noch ein
heiseres Gebell leisten kann, und diesmal die aufdringliche Sucht, drollig zu
scheinen und durch Zappelei die Lachlust zu reizen: unerträglich. Dieses feine und
kluge Talent müßte viel vorsichtiger behandelt und nie mit Rollen belastet wer¬
den, die Kraft und Jugend fordern. Die Operngräfin und der Fürst werden