II, Theaterstücke 20, Zwischenspiel. Komödie in drei Akten (Neue Ehe, Das leichte Leben, Cäcilie Adams, „Nicht mehr zu dir zu gehn …“, Adagio), Seite 279

hen
20. Zuiahler
box 25/2
Theater.
375
in Magdeburg gewiß nicht schlimmer gespielt als in diesem gerühmten Haus.
Herr Reicher ist als Albertusgescheit und bescheiden; und wurde als Einziger
drum von vielen Rezensenten getadelt.) So, sagteich, scheint mir der Inhalt. Viel¬
leicht sieht ein Anderer ihn anders. Was ich gab, ist Interpretation ; die der Dichter
mit Fug zurückweisen dürfte. Mir schien sie in diesem heiklen Fall nützlicher
als „Kritik“. Ich schätze Schnitzlers Kunst sehr hoch, kann sein „Zwischen¬
spiel"aber nicht lieben. Zu viel Literatur und zu wenig Natur. Alles zuspitzig,
zu überklügelt; wie in feiner, mit ihrer Feinheit sich brüstender Gesellschaft,
die alle Gefühle immer nur im Sonntagsstaat zeigt und stolz darauf ist, daß
sie mit der Durchschnittsmenschheit nichts gemein hat. Meine Hoffnung ist,
daß es so sein sollte; deshalb trieb michs zu dem Versuch einer Deutung, die das
Paarinsfahle Licht der Satire rückt. Beide fürchten sich, wie ihr Freund Albertus,
stets vor der Banalität und finden, der Herrgott habe mit grober Faust nur
für das Gewimmel der Plumpen gesorgt; der Kulturadel müsse sich selbst erst
eine bewohnbare Welt schaffen. Das Leben ist freilich banal (sonennen wir, was
Alltagserfahrung uns tausendfach bestätigt hat); doch wer immer vor dem
Schein philistrischen Wesens zittert, ist der ärgste Philister. Wars so ge¬
meint? Herr Schnitzler kommt von dem Thema der „Lebendigen Stun¬
den“ nicht los; von dem etwas geckigen Artistenvolk, dem Alles zum „Stoff“
wird, zur lehrreichen Sensation und das, auch wenn essich mit seiner Wahr¬
haftigkeit spreizt, von der Fabulirgewohnheit in Lug und Trug gelockt wird.
Dichter und Maler, Komoedianten und Musikanten. Die kennen wir nun.
Ihre Unfruchtbarkeit erkannten wir hinter dem „Schleier der Beatrice.“ „Der
einsame Weg“ zeigte uns, wie traurig sie, ohne wärmende Sonne, altern.
Dieses Schauspiel war mehr Novellenbündel als Drama, im Dialog aber
und in der Einheitlichkeit des melancholischen Grundtones das Beste, was
dem wiener Skeptiker bisher gelang.) Da waren auch schon die Männer, die
„einander die Stichworte so geschickt bringen“ und sich deshalb durch Freund¬
schaft verbunden wähnen; war die Frau, die eine andere Welt ersehnt und doch
fürchtet. Istsnun nicht genug ? Nicht Zeit, die Fenster zu öffnen und in die lange
verriegelte Welt den Strom frischer Luft einzulassen?Psychologenkunst kannzur
Schwäche werden, wenn nur der absonderlichste Fall sie noch reizt. In Schnitzlers
Raritätenkabineten stockt dem schlichten Menschen der Athem. Weihrauch,
Balsam, allerlei theure Parfums; der Wienerwaldboden riechtkräftiger. Was
soll der Einfalt (die nicht dumm, nicht einmal ungebildet zu sein braucht)
das „Zwischenspiel“ bedeuten? Sicher kein Abbild des Lebens. Sah man je
solches Paar? Der Mann ein geiler Narr, der nie würdig war, Vater zu wer¬