S
20. ZuIChensniel
box 25/2
Der Koland von Berlin.
1800
Zwischenspiel.
Dieses Zwischenspiel ist keine Komödie. Das macht: Schnitzler's
Humor ist kein Humor des Weitblickes. Es fehlt das Mitlachen. Dieser
Wiener Sceptiker bleibt ein Grübler; es ist Kurzsicht, von fröhlichem
Epikureertum zu reden. Seine Erotik hat nichts gemein mit des seligen
Otto Erich lachender Nacktheit. Er ist Melancholiker, aus Erkenntnis.
Er sucht die Komik des Scheins und findet die Tragik des Wesens. Um
dies Zwischenspiel zu nehmen: als diese Menschen sich in ihm formen
wollten, da wußte er die Torheit ihres Tuns. Da lächelte er über die
Aussichtslosigkeit, und dies Lächeln war weh und traurig. Was würde
dies Ganze denn sein? Ein Selbstbetrug. Blindekuhspielen mit dem
Sexualtrieb. Eine Komödie; wie immer ... Eine Komödie — der
Ausdruck blieb haften. Aber der Ausdruck psychologischer Erkenntnis
war dies. Die Resignation des Philosophen, der die tragikomische Ver¬
geblichkeit längst kannte von allem Verstandesringen, das sich freizu¬
ketten strebt von der Natur ewigen Gesetzen. So floß ein weher Bei¬
geschmack in das Wort Komödie. Vielleicht ein bitterer gar. Das müde
Lächeln der Selbsterkenntnis hat Schnitzler wie keiner. Da dachte er,
er müsse auch lachen können. Doch die Tragik des Geschehens übertönt
die Komik von Augenblicken. Die hineingeschmuggelte Possenfigur eines
Berufspoeten, der mit der liebenswürdigen Harmlosigkeit seines Stan¬
des immer dann sich einfindet, wenn er vonnöten ist, bleibt in ihrer
gesuchten Komik eine Dissonanz. Das rübe Zerbrechen, in das der
Psychologe Schnitzler sein Stück ausklingen läßt (über die Logik sei später
die Sprache), macht die Konstruktion von Schwankkarikaturen zur Krän¬
kung. Das Suchen nach komischen Effekten quält. Arthur Schnitzler
hat das müde Lächeln der Selbsterkenntnis wie keiner. Er hat den Hu¬
mor der Resignation. Er ist nicht der Dichter des Lachens; er ist der
Poet des Lächelns. Er hat nicht den befreienden Humor des Ueberwin¬
ders; darum ward es keine Komödie. Es ward vielleicht eine Tragi¬
komödie. Wenn es auch keine Toien gibt .
II.
Er schrieb keine Tragikomödie. Er schrieb drei Einakter. Er schrieb
einen liebenswürdigen Einakter, mit wehmütiger Schlußnote. Er schrieb
einen komischen Einakter, mit fröhlicher Schlußnote. Und er schrieb
einen miserablen Einakter, mit sentimentaler Schlußnote. Was die drei
Akte eint, ist die Zufälligkeit, daß s sich um dieselben Menschen han¬
delt. Er gibt drei Phasen einer Ehe; nicht aber deren Entwickelung.
20. ZuIChensniel
box 25/2
Der Koland von Berlin.
1800
Zwischenspiel.
Dieses Zwischenspiel ist keine Komödie. Das macht: Schnitzler's
Humor ist kein Humor des Weitblickes. Es fehlt das Mitlachen. Dieser
Wiener Sceptiker bleibt ein Grübler; es ist Kurzsicht, von fröhlichem
Epikureertum zu reden. Seine Erotik hat nichts gemein mit des seligen
Otto Erich lachender Nacktheit. Er ist Melancholiker, aus Erkenntnis.
Er sucht die Komik des Scheins und findet die Tragik des Wesens. Um
dies Zwischenspiel zu nehmen: als diese Menschen sich in ihm formen
wollten, da wußte er die Torheit ihres Tuns. Da lächelte er über die
Aussichtslosigkeit, und dies Lächeln war weh und traurig. Was würde
dies Ganze denn sein? Ein Selbstbetrug. Blindekuhspielen mit dem
Sexualtrieb. Eine Komödie; wie immer ... Eine Komödie — der
Ausdruck blieb haften. Aber der Ausdruck psychologischer Erkenntnis
war dies. Die Resignation des Philosophen, der die tragikomische Ver¬
geblichkeit längst kannte von allem Verstandesringen, das sich freizu¬
ketten strebt von der Natur ewigen Gesetzen. So floß ein weher Bei¬
geschmack in das Wort Komödie. Vielleicht ein bitterer gar. Das müde
Lächeln der Selbsterkenntnis hat Schnitzler wie keiner. Da dachte er,
er müsse auch lachen können. Doch die Tragik des Geschehens übertönt
die Komik von Augenblicken. Die hineingeschmuggelte Possenfigur eines
Berufspoeten, der mit der liebenswürdigen Harmlosigkeit seines Stan¬
des immer dann sich einfindet, wenn er vonnöten ist, bleibt in ihrer
gesuchten Komik eine Dissonanz. Das rübe Zerbrechen, in das der
Psychologe Schnitzler sein Stück ausklingen läßt (über die Logik sei später
die Sprache), macht die Konstruktion von Schwankkarikaturen zur Krän¬
kung. Das Suchen nach komischen Effekten quält. Arthur Schnitzler
hat das müde Lächeln der Selbsterkenntnis wie keiner. Er hat den Hu¬
mor der Resignation. Er ist nicht der Dichter des Lachens; er ist der
Poet des Lächelns. Er hat nicht den befreienden Humor des Ueberwin¬
ders; darum ward es keine Komödie. Es ward vielleicht eine Tragi¬
komödie. Wenn es auch keine Toien gibt .
II.
Er schrieb keine Tragikomödie. Er schrieb drei Einakter. Er schrieb
einen liebenswürdigen Einakter, mit wehmütiger Schlußnote. Er schrieb
einen komischen Einakter, mit fröhlicher Schlußnote. Und er schrieb
einen miserablen Einakter, mit sentimentaler Schlußnote. Was die drei
Akte eint, ist die Zufälligkeit, daß s sich um dieselben Menschen han¬
delt. Er gibt drei Phasen einer Ehe; nicht aber deren Entwickelung.