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20. Zuischenspiel
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L
in Cacilie nicht die Frau, die sich betrügen laßt und er nicht der Frieden seines Heims. Er erlebt sie gerade wie ein anderer, aber
Mann, der irgendetwas verbergen könnte. Sie soll ihm Freundin ohne Zeitverschwendung, ohne Unannehmlichkeiten, ohne Gefahr, und
enspiel“,
sein, er will ihr Freund sein, und sie wollen ihre Freiheit mit einer wenn er Phantasic hat, bringt ihm seine Gattin ohne daß sie es ahnt
tler (Lessing=Theater).
vollkommenen Offenheit gegen den Freund bezahlen: ihre Ehe soll lauter uneheliche Kinder zur Welt.“ Diese Weisheit haben sich
von der Wahrheit, die man sagen
Cäcilic und Amadäus durch ihr Freiheitsspiel endgültig verscherzt.
eine Kameradschaft werden. Er ist überaus glücklich über die Lösung
ig aber nur in der Erkenntnis, im
Sie haben mit einer falschen Freiheit gespielt, nun spielt die Frei¬
und bemerkt über seinem Glück nicht, wie in diesem Augenblick Cä¬
dabei, denn hier wird die Unmög¬
heit mit ihnen. Wenn es der Fürst nicht ist, und er war es wirt¬
cilie leidet. Schluß des ersten Aktes: sic verleben ihre Ferien das
oft fälschen oder verschweigen wir
lich nicht, so kann es doch ein andrer sein, sagt Cäcilie und geht
erste Mal nicht gemeinsam.
einzugestehen, nur damit sie der
wieder aus dem Haus. Da es die Gräfin nicht war, die mich mehr
Auch Cäcilie hatte ihm etwas zu gestehen, doch in der Hoff¬
tändnis befleckt. Die Diskretion
als meine Frau interessieren könnte, sagt sich Amadäus, so kann es
nung, daß Amadäus sie zurückhalten werde. Sie spielte mit dem
ffenheit, darum nicht minder mo¬
Gedanken, er aber bereits mit der Tat der Untreue. Sein hastiges vielleicht eine andere sein und geht ebenfalls aus dem Haus. Doch
n wir unsere Wünsche wie unsere
Zugreifen bringt das „Zwischenspiel“ in Gang. Nach ihrer Reise im Grunde ist es ja Cäcilie und im Grunde ist es ja Amadäus. Nur
Auch das ist eine Fälschung. Sie
dürfen sie es nicht wahr haben. Ihre eigne kleine Wahrheit hat die
isin unserer Ehre beleidigt fühlen,treffen sie sich wieder in ihrem Hause. Sie haben sich nichts vorzu¬
wirkliche Wahrheit vergewaltigt.
werfen, meinen sie, da sie sich ja alles geschrieben haben. Ja, kann
uns auf jene übertriebene Recht¬
Schnitzler hat diesen Stoff nicht ausgeschöpft, der eines wirk¬
man denn alles schreiben, was einem passiert? Im Grunde ist
sam macht. So tritt das Komische
lichen Dramas würdig ist, weil er eine Komödic daraus gemacht hat.
Amadäus längst geheilt und möchte sich Cäcilie wieder erobern, er
tschon bei einer Prüfung und Ver¬
Er hat uns Konversation gegeben, wo Menschen mit Scelen im Zorn
hat seine Freiheit bis zu Ende durchgekostet und der Gedanke, sie
iten. zu tage. Wer die eigne Wahr¬
aufwallen. „Hätten wir einander damals unseren Zorn, unsere Er¬
könnte es ähnlich getrieben haben, macht ihn fast rasend, ohne daß
nimmt, ladet leicht den Fluch der
bitterung, unsere Verzweiflung ins Gesicht geschrieen, statt den Ge¬
ser es sich doch eingestehen darf. Er leidet unter der zweierlei Mo¬
Dialoge — man hat ihn darin mit
faßten, den Ueberlegenen zu spielen, da Du mir Deine Leidenschaft
ral, wie jeder Philister, den er darum verachtet. „Zwischen mir und
rnehmlich so entstanden: Er zieht
für die Gräfin und ich Dir meine Neigung für Siegismund gestand,
Cäcilie ist doch alles in schönster Ordnung“ schreit er in die Welt
n Umlauf gesetzt werden, die Kon¬
dann wären wir wahr gewesen, Amabäus.“ Das schmeckt denn doch
hinaus. „Sag doch den Leuten bitte, daß wir uns nicht scheiden
it. Halbheiten aber haben immer
sehr nach Konstruktion. Einmal in diesen drei Akten, wenn sie das
lassen, daß wir uns aber auch nicht betrügen, wie in diesen Wischen
Leben darstellen sollen, hätte dieser Zorn wirklich die Lüge durch¬
zu lesen steht. Mach ihnen doch klar, daß von einem Betrug keine
ie sich um die vermeintliche Wahr¬
brechen müssen, dann hätte uns der Dichter selbst gezeigt, was er
Rede sein kann, wo es keine Lügo gibt.“ Der Aermste, innerlich
zentliche Leben der Seele ab, ihre
jetzt eine seiner Personen aussprechen läßt, aus dem Zwischenspiel
zittert bei dem Gedanken, daß Cäcilie ihm in ihren täglich acht Seiten
gungen, welche die Musik besser zu
wäre ein Spiel geworden, aus dem Mittelstück ein Stück. Es heißt
langen Briefen etwas verschwiegen haben könnte. Er selbst hatte
Der geniale Musiker Amadäus
die Flauheit des Salons auf die Bühne bringen, wenn so alle
ja die Freiheit ausgenutzt, für sie steht er auf dem Standpunkt Leon¬
n seinem Capriccio sich ein Schmerz
hards: „Darüber kann kein Mann hinweg.“ Das ist die Lüge, das ist Tragik vermieden wird bei einem wirklichen tragischen Vorgang. Es
ieses Zwischenspiel der Musik daher
mehr, ist die Posse im Drama. Cäcilie war in der Tat aufrichtig, ist, wie Schnitzler selbst sagt, das Symptom der Uebergangszeiten,
men Capriccio doloroso bezeichnet,
ja aufrichtiger als er, sie hat die Freiheit nicht mißbraucht, denn sie daß die Menschen an Zukunftswahrheiten zu Grunde gehen, aber der
ils Mensch nicht dem blauen Dunst
Dichter soll ihnen darin nicht folgen. Halbheiten darstellen und
liebt Amadaus auf echte Frauenart, ganz. Aber sie hat von der
fallen. Und Frau Cäcilie Adams¬
Halbheiten begehen ist zweierlei. Wir verdanken dem Stück eine
Freiheit gekostet. Auch in ihr ist jetzt etwas neues erwacht: die Lust
gerin sagt ziemlich im Anfang des
Reihe prächtige Aussprüche, die viel zu denken geben, als Kunstwerk
zu leben. Sie will ihre Arme ausbreiten und in der Zukunft steht
ist Du nicht, Amadäus, daß manche
kann es am wenigsten unter den Schnitzlerschen Dramen bestehen.
sie für nichts.
adurch, daß man versucht sie auszu
Die feine Analyse eines modernen Menschen mit seinen Schwächen
Während Amadäus zur alten guten Moral reumütig zurück¬
in der Figur des Amadäus Adams ist allein dramatisch. Alberius.
kehrt, ja sogar den Fürsten Sigismund fordern läßt, nur auf einen
von dem Zwischenspiel ihrer Seele
Rhon, der Freund und Dichter des Musikers, ist nichts als ein Kau¬
Verdacht hin, gibt Cäcilie ihre Freiheit, die sie mit Schmerzen emp¬
# liebt seine Frau, nur möchte er
##ur der französischen Komödie oder ein Sprecher im primitiven
ewegungsfreiheit bewahren. Er ist fing, nicht wieder her. Sie nimmt einen Ruf nach Berlin an. Sie
Drama. Ohne ihn könnte man die Absichten des Autors vollkommen
hat inzwischen den Mann als Geliebten kennen gelernt, sie hat den
önheiten und Schmeicheleien seiner
mißverstehen. Er begleitet die Musit mit seinen Erklärungen, wie
Verlockungen des Lebens ins Auge geschaut und will ihnen jetzt nicht
n schönen „Namen“ dafür, daß es
der Sänger an der Hobelbank seine Knüttelverse hersagt. W. M.
mehr aus dem Wege gehen. Eine Nacht im Hause ihres Gatten hat
künstlerischen Entdeckungen hinlockt.
In, der einzig und allein in seiners sie gelehrt, was Amadäus als Mann schon längst gewußt, daß auch
Ueber Heurik Ibsens Gesundheitszustand lauten die neuesien
jacht er sich seine eigne Philosophie] Ehegatten verführerisch sein können wie verbotene Liebe. Der Dich¬
in zurecht. Der Hauptreiz seinerter Albertus hatte das schon im ersten Akt gesagt: „Den, der zu Nachrichten weniger besorgniserregend. „Verdens
atsache seines Verheiratetseins. Doch erleben weiß, erwarten alle Abenteuer, nach denen ihm gelüstet, im Gang“ sagt, der Zustand Henrik Ibsens sei nicht unmittelbar be¬
20. Zuischenspiel
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in Cacilie nicht die Frau, die sich betrügen laßt und er nicht der Frieden seines Heims. Er erlebt sie gerade wie ein anderer, aber
Mann, der irgendetwas verbergen könnte. Sie soll ihm Freundin ohne Zeitverschwendung, ohne Unannehmlichkeiten, ohne Gefahr, und
enspiel“,
sein, er will ihr Freund sein, und sie wollen ihre Freiheit mit einer wenn er Phantasic hat, bringt ihm seine Gattin ohne daß sie es ahnt
tler (Lessing=Theater).
vollkommenen Offenheit gegen den Freund bezahlen: ihre Ehe soll lauter uneheliche Kinder zur Welt.“ Diese Weisheit haben sich
von der Wahrheit, die man sagen
Cäcilic und Amadäus durch ihr Freiheitsspiel endgültig verscherzt.
eine Kameradschaft werden. Er ist überaus glücklich über die Lösung
ig aber nur in der Erkenntnis, im
Sie haben mit einer falschen Freiheit gespielt, nun spielt die Frei¬
und bemerkt über seinem Glück nicht, wie in diesem Augenblick Cä¬
dabei, denn hier wird die Unmög¬
heit mit ihnen. Wenn es der Fürst nicht ist, und er war es wirt¬
cilie leidet. Schluß des ersten Aktes: sic verleben ihre Ferien das
oft fälschen oder verschweigen wir
lich nicht, so kann es doch ein andrer sein, sagt Cäcilie und geht
erste Mal nicht gemeinsam.
einzugestehen, nur damit sie der
wieder aus dem Haus. Da es die Gräfin nicht war, die mich mehr
Auch Cäcilie hatte ihm etwas zu gestehen, doch in der Hoff¬
tändnis befleckt. Die Diskretion
als meine Frau interessieren könnte, sagt sich Amadäus, so kann es
nung, daß Amadäus sie zurückhalten werde. Sie spielte mit dem
ffenheit, darum nicht minder mo¬
Gedanken, er aber bereits mit der Tat der Untreue. Sein hastiges vielleicht eine andere sein und geht ebenfalls aus dem Haus. Doch
n wir unsere Wünsche wie unsere
Zugreifen bringt das „Zwischenspiel“ in Gang. Nach ihrer Reise im Grunde ist es ja Cäcilie und im Grunde ist es ja Amadäus. Nur
Auch das ist eine Fälschung. Sie
dürfen sie es nicht wahr haben. Ihre eigne kleine Wahrheit hat die
isin unserer Ehre beleidigt fühlen,treffen sie sich wieder in ihrem Hause. Sie haben sich nichts vorzu¬
wirkliche Wahrheit vergewaltigt.
werfen, meinen sie, da sie sich ja alles geschrieben haben. Ja, kann
uns auf jene übertriebene Recht¬
Schnitzler hat diesen Stoff nicht ausgeschöpft, der eines wirk¬
man denn alles schreiben, was einem passiert? Im Grunde ist
sam macht. So tritt das Komische
lichen Dramas würdig ist, weil er eine Komödic daraus gemacht hat.
Amadäus längst geheilt und möchte sich Cäcilie wieder erobern, er
tschon bei einer Prüfung und Ver¬
Er hat uns Konversation gegeben, wo Menschen mit Scelen im Zorn
hat seine Freiheit bis zu Ende durchgekostet und der Gedanke, sie
iten. zu tage. Wer die eigne Wahr¬
aufwallen. „Hätten wir einander damals unseren Zorn, unsere Er¬
könnte es ähnlich getrieben haben, macht ihn fast rasend, ohne daß
nimmt, ladet leicht den Fluch der
bitterung, unsere Verzweiflung ins Gesicht geschrieen, statt den Ge¬
ser es sich doch eingestehen darf. Er leidet unter der zweierlei Mo¬
Dialoge — man hat ihn darin mit
faßten, den Ueberlegenen zu spielen, da Du mir Deine Leidenschaft
ral, wie jeder Philister, den er darum verachtet. „Zwischen mir und
rnehmlich so entstanden: Er zieht
für die Gräfin und ich Dir meine Neigung für Siegismund gestand,
Cäcilie ist doch alles in schönster Ordnung“ schreit er in die Welt
n Umlauf gesetzt werden, die Kon¬
dann wären wir wahr gewesen, Amabäus.“ Das schmeckt denn doch
hinaus. „Sag doch den Leuten bitte, daß wir uns nicht scheiden
it. Halbheiten aber haben immer
sehr nach Konstruktion. Einmal in diesen drei Akten, wenn sie das
lassen, daß wir uns aber auch nicht betrügen, wie in diesen Wischen
Leben darstellen sollen, hätte dieser Zorn wirklich die Lüge durch¬
zu lesen steht. Mach ihnen doch klar, daß von einem Betrug keine
ie sich um die vermeintliche Wahr¬
brechen müssen, dann hätte uns der Dichter selbst gezeigt, was er
Rede sein kann, wo es keine Lügo gibt.“ Der Aermste, innerlich
zentliche Leben der Seele ab, ihre
jetzt eine seiner Personen aussprechen läßt, aus dem Zwischenspiel
zittert bei dem Gedanken, daß Cäcilie ihm in ihren täglich acht Seiten
gungen, welche die Musik besser zu
wäre ein Spiel geworden, aus dem Mittelstück ein Stück. Es heißt
langen Briefen etwas verschwiegen haben könnte. Er selbst hatte
Der geniale Musiker Amadäus
die Flauheit des Salons auf die Bühne bringen, wenn so alle
ja die Freiheit ausgenutzt, für sie steht er auf dem Standpunkt Leon¬
n seinem Capriccio sich ein Schmerz
hards: „Darüber kann kein Mann hinweg.“ Das ist die Lüge, das ist Tragik vermieden wird bei einem wirklichen tragischen Vorgang. Es
ieses Zwischenspiel der Musik daher
mehr, ist die Posse im Drama. Cäcilie war in der Tat aufrichtig, ist, wie Schnitzler selbst sagt, das Symptom der Uebergangszeiten,
men Capriccio doloroso bezeichnet,
ja aufrichtiger als er, sie hat die Freiheit nicht mißbraucht, denn sie daß die Menschen an Zukunftswahrheiten zu Grunde gehen, aber der
ils Mensch nicht dem blauen Dunst
Dichter soll ihnen darin nicht folgen. Halbheiten darstellen und
liebt Amadaus auf echte Frauenart, ganz. Aber sie hat von der
fallen. Und Frau Cäcilie Adams¬
Halbheiten begehen ist zweierlei. Wir verdanken dem Stück eine
Freiheit gekostet. Auch in ihr ist jetzt etwas neues erwacht: die Lust
gerin sagt ziemlich im Anfang des
Reihe prächtige Aussprüche, die viel zu denken geben, als Kunstwerk
zu leben. Sie will ihre Arme ausbreiten und in der Zukunft steht
ist Du nicht, Amadäus, daß manche
kann es am wenigsten unter den Schnitzlerschen Dramen bestehen.
sie für nichts.
adurch, daß man versucht sie auszu
Die feine Analyse eines modernen Menschen mit seinen Schwächen
Während Amadäus zur alten guten Moral reumütig zurück¬
in der Figur des Amadäus Adams ist allein dramatisch. Alberius.
kehrt, ja sogar den Fürsten Sigismund fordern läßt, nur auf einen
von dem Zwischenspiel ihrer Seele
Rhon, der Freund und Dichter des Musikers, ist nichts als ein Kau¬
Verdacht hin, gibt Cäcilie ihre Freiheit, die sie mit Schmerzen emp¬
# liebt seine Frau, nur möchte er
##ur der französischen Komödie oder ein Sprecher im primitiven
ewegungsfreiheit bewahren. Er ist fing, nicht wieder her. Sie nimmt einen Ruf nach Berlin an. Sie
Drama. Ohne ihn könnte man die Absichten des Autors vollkommen
hat inzwischen den Mann als Geliebten kennen gelernt, sie hat den
önheiten und Schmeicheleien seiner
mißverstehen. Er begleitet die Musit mit seinen Erklärungen, wie
Verlockungen des Lebens ins Auge geschaut und will ihnen jetzt nicht
n schönen „Namen“ dafür, daß es
der Sänger an der Hobelbank seine Knüttelverse hersagt. W. M.
mehr aus dem Wege gehen. Eine Nacht im Hause ihres Gatten hat
künstlerischen Entdeckungen hinlockt.
In, der einzig und allein in seiners sie gelehrt, was Amadäus als Mann schon längst gewußt, daß auch
Ueber Heurik Ibsens Gesundheitszustand lauten die neuesien
jacht er sich seine eigne Philosophie] Ehegatten verführerisch sein können wie verbotene Liebe. Der Dich¬
in zurecht. Der Hauptreiz seinerter Albertus hatte das schon im ersten Akt gesagt: „Den, der zu Nachrichten weniger besorgniserregend. „Verdens
atsache seines Verheiratetseins. Doch erleben weiß, erwarten alle Abenteuer, nach denen ihm gelüstet, im Gang“ sagt, der Zustand Henrik Ibsens sei nicht unmittelbar be¬