box 25/4
20. Zuischensniel
Telephon 12801.
91
„ODSEAVER
I. österr. behördl. konz. Unternehmen für Zeitungs-Ausschnitte
Wien, I., Concordiaplatz 4.
Vertretungen
in Berlin, Budapest, Chicago, Christiania, Genf, Kopenhagen.
London, Madrid, Mailand, Minneapolis, New-Vork, Paris, Rom.
San Francisco, Stockholm, St. Petersburg.
(Quellenangabe ohne Gewähr.)—
S J. Ser
VGt—P T
Ta#e
2
Theater und Musik.
Verein von Liebhabern dramatischer Literatur. Ein
Stück wie das Schnitzlersche „Zwischenspiel“ zur Geltung zu
springen ist eine schwere Aufgabe, selbst für ein erstklassiges
nsemble. Unser rühriger Dramatischer Verein hat es dennoch
fübernommen, war aber leider, bei allem anerkennenswerten
sguten Willen, der Aufgabe doch nicht ganz gewachsen. Dieses
Stück, das der äußeren Handlung fast vollkommen entbehrt, in
dem die Konflikte nur in der Seele zweier künstlerisch und
geistig hochstehender Ausnahmemenschen sich abspielen, dieses
Stück, steht und fällt mit der Fähigkeit der Schauspieler den
feinpointierten geistreichen Dialog zu sprechen und zur Geltung
zu bringen. Es mag ja zum Teil an der schlechten Akustik des
Saales liegen, auch ist vielleicht das Buch in der Hand störend,
aber es ging durch undeutliches Sprechen unendlich viel vom
Stück verloren. Kapellmeister Amadeus Adams wurde lebendig
und voller Verve gespielt, etwas zu jugendlich vielleicht, und
dann — diese nervöse hastige Sprache, die allerdings nicht
deklamatorisch, sondern natürlich wirkt, dafür aber bei den
Zuschauern eine große Sehnsucht nach einem Hörrohr
wachruft. Die Darstellerin der Cäcilie hat eine schöne
Diktion, es fehlte ihrem Spiel aber an Leichtigkeit. Am
besten gelang die letzte Szene des zweiten Akts. Von den
übrigen Darstellern ist wenig zu sagen. Es gab einen Raison¬
neur, der seiner Aufgabe durch undeutliches Sprechen nicht ge¬
recht werden konnte, dann noch einige Nebenpersonen, die den
Anforderungen genügten. Dem Stück ging, wie schon öfters
vor markanteren Aufführungen, ein erläuternder Vortrag vor¬
aus, der auf dem Programm jedoch nicht vermerkt stehl, also
wohl anonym zu bleiben hat.
Fnehmen für Zeitungs-Ausschnltte
oncordiaplatz 4.
Vertretungen
pest, Chicago, Christiania, Genf, Kopenhagen,
zurid, Mailand, Minneapolis, New-York, Paris, Rom,
San Francisco, Stockholm, St. Petersburg.
(Quellenangabe ohne Gewähr.)
Ausschnitt aus:
RAZER TAGBLAT‘
19. 5
vom:
Bchnitler Artur.“ Zwischenspiel.
Komödie in drei Alten. Berlin. S. Fischer. Eine freie
Ehe, die ihren Halt, ihre Würde durch die Aufrichtigkeit
bekommen sollte, mit der man sich im Augenblicke, wo
man die Liebe aus ihr schwinden sieht, dies anvertrauen
würde, um mit starkem Herzen auseinanderzugehen.
Aber Ebbe und Flut der Liebe kommt nach einigen
Jahren nicht gleichzeitig für beide Teile. Man gibt sich
gegenseitig frei. Ein Teil aber muß dabei in ver¬
schmähter Liebe unwahr werden. übrig bleibt der reine
Freundschaftsbund, der durch die plötzlich aufflammende
Liebe des anderen Teiles dann ebenso unwahr wird,
wie es die Eheliebe gewesen. Man war für eine treue
Liebe nicht stark genug und kann es dann auch für
überzeugend
eine reine Freundschaft nicht sein.
wahres Leben hat Schnitzler den Trägern dieser „neuen
Ehe“ einem Tondichter und einer berühmten Sängerin,
nicht geben können. Wäre es nicht überhaupt besser für
solche Intimitäten, beim Romane zu bleiben, insonder¬
heit, wenn die Sache so wenig dramatischen Atem hat.
Man würde wenigstens ganze und überzeugendere Ge¬
bl.
stalten schaffen können.
. Lenu.
#r Zeitungs-Ausschnitte
Wien, I., Concorciaplatz 4.
Vertretungen
in Berlin, Budapest, Chicago, Christiania, Genf, Kopenhagen,
London, Madrid, Mailand, Minneapolis, New-York, Paris, Rom,
San Francisco, Stockholm, St. Petersburg.
(Quellenangabe ohne Gewähr.)
Ausschnitt aus ewMund M#¬
vom:
—
Zwischenspiel. Komödie in drei Akten vogwe
thur Schnitzler. (Berlin, 1906. S. Fischeis Verlag.)
D## frei sind, die ihrer Kelten spotten“
wird in Schnitzlers neuestem Theaterstück nicht am reli¬
giösen Problem, sondern an dem der freien Liebe gezeigt.
In einer modernen Künstlerehe glauben Mann und
Frau sich stark genug, einander Seitenwege, Extratouren
mit andern Personen gestatten zu können, ohne ihre
Ehe deshalb aufheben zu müssen, die sich ja — so denken
sie — während solcher amoroser Zwischenspiele in gute
Kameradschaft verwandeln könne, in so gule sogar, daß
sie einander aufrichtig erzählen wollen, was jedes von
ihnen auf solchen Seitenpfaden erlebt und genießt. Aber
sie irren sich. Denn da wahre leidenschaftliche Liebe ihren
Ehebund begründet hatte, dem gemeinschaftliches Kunft¬
leben auf demselben Gebiet (er Kapellmeister, sie Sän¬
gerin) besondere Weihe gab, so leiden sie beide unter
ihren gegenseitigen Koufidenzen unsäglich, beharren aber
dennoch aus Stolz und wohl auch in einem gewissen
pedantischen Fanatismus für die Theorie in diesem wun¬
derlichen Verhältnisse, worüber denn endlich ihre Ehe
zerbricht wie ein schönes Glas, mit dem man am Fest¬
mahl des Lebens zu keck nach links und rechts ange¬
stoßen hat. Da beide Leutchen sympathisch gehalten sind,
tut es dem wohlwollenden Leser oder Zuschauer leid,
daß sie auseinandergehen. Und eigentlich hätte der Dich¬
ter einen anderen Schluß leicht zur Hand gehabt: es ist
ein Peterl da, ein herziges Bübchen. Da müßten die
Eliern sich doch wahrhaftig besinnen, sich selbst mit ihren
Phantasien wichtiger zu nehmen als ihr leibhaftiges
Kind. Aber Schnitzler fürchtete wohl den Vorwurf der
Sentimentalität, wenn er eine Versöhnung im Kinde
herbeiführte. Und was das Theaierstück so an Wärme
hätte gewinnen können, würde es an Beweiskraft für
die Gefährlichkeit derartiger Zwischenspiele eingebüßt
haben. Lassen wir uns also das im Dialog höchst geist¬
reiche Stück so gefallen, wie es ist. Neben dem Ehepaar
ist namentlich der Freund des Kapellmeisters, der Dich¬
ter Albertus Rhon, eine meisterlich gezeichnete Figur,
das Gegenstück zum Carlos in Goethes „Clavigo“, näm¬
lich ein ebenso famoser Berater des Freundes nur vom
entgegengesetzten ethischen Standpunkt aus. Vorzüglich
ist auch im Schlußakt die Szene zwischen dem Kapell¬
meister und dem jungen Fürsten Sigismund. „Komödie“
kann das Stück allerdings nur insofern heißen, als es
Einblick in die allgemeine ecomédie humainon gewährt;
eigentlich komische Momente sind selten, diese Menschen
gehen im Grunde alle in der Halbtrauerlivree der ver¬
wirrenden Leidenschaft.
G
20. Zuischensniel
Telephon 12801.
91
„ODSEAVER
I. österr. behördl. konz. Unternehmen für Zeitungs-Ausschnitte
Wien, I., Concordiaplatz 4.
Vertretungen
in Berlin, Budapest, Chicago, Christiania, Genf, Kopenhagen.
London, Madrid, Mailand, Minneapolis, New-Vork, Paris, Rom.
San Francisco, Stockholm, St. Petersburg.
(Quellenangabe ohne Gewähr.)—
S J. Ser
VGt—P T
Ta#e
2
Theater und Musik.
Verein von Liebhabern dramatischer Literatur. Ein
Stück wie das Schnitzlersche „Zwischenspiel“ zur Geltung zu
springen ist eine schwere Aufgabe, selbst für ein erstklassiges
nsemble. Unser rühriger Dramatischer Verein hat es dennoch
fübernommen, war aber leider, bei allem anerkennenswerten
sguten Willen, der Aufgabe doch nicht ganz gewachsen. Dieses
Stück, das der äußeren Handlung fast vollkommen entbehrt, in
dem die Konflikte nur in der Seele zweier künstlerisch und
geistig hochstehender Ausnahmemenschen sich abspielen, dieses
Stück, steht und fällt mit der Fähigkeit der Schauspieler den
feinpointierten geistreichen Dialog zu sprechen und zur Geltung
zu bringen. Es mag ja zum Teil an der schlechten Akustik des
Saales liegen, auch ist vielleicht das Buch in der Hand störend,
aber es ging durch undeutliches Sprechen unendlich viel vom
Stück verloren. Kapellmeister Amadeus Adams wurde lebendig
und voller Verve gespielt, etwas zu jugendlich vielleicht, und
dann — diese nervöse hastige Sprache, die allerdings nicht
deklamatorisch, sondern natürlich wirkt, dafür aber bei den
Zuschauern eine große Sehnsucht nach einem Hörrohr
wachruft. Die Darstellerin der Cäcilie hat eine schöne
Diktion, es fehlte ihrem Spiel aber an Leichtigkeit. Am
besten gelang die letzte Szene des zweiten Akts. Von den
übrigen Darstellern ist wenig zu sagen. Es gab einen Raison¬
neur, der seiner Aufgabe durch undeutliches Sprechen nicht ge¬
recht werden konnte, dann noch einige Nebenpersonen, die den
Anforderungen genügten. Dem Stück ging, wie schon öfters
vor markanteren Aufführungen, ein erläuternder Vortrag vor¬
aus, der auf dem Programm jedoch nicht vermerkt stehl, also
wohl anonym zu bleiben hat.
Fnehmen für Zeitungs-Ausschnltte
oncordiaplatz 4.
Vertretungen
pest, Chicago, Christiania, Genf, Kopenhagen,
zurid, Mailand, Minneapolis, New-York, Paris, Rom,
San Francisco, Stockholm, St. Petersburg.
(Quellenangabe ohne Gewähr.)
Ausschnitt aus:
RAZER TAGBLAT‘
19. 5
vom:
Bchnitler Artur.“ Zwischenspiel.
Komödie in drei Alten. Berlin. S. Fischer. Eine freie
Ehe, die ihren Halt, ihre Würde durch die Aufrichtigkeit
bekommen sollte, mit der man sich im Augenblicke, wo
man die Liebe aus ihr schwinden sieht, dies anvertrauen
würde, um mit starkem Herzen auseinanderzugehen.
Aber Ebbe und Flut der Liebe kommt nach einigen
Jahren nicht gleichzeitig für beide Teile. Man gibt sich
gegenseitig frei. Ein Teil aber muß dabei in ver¬
schmähter Liebe unwahr werden. übrig bleibt der reine
Freundschaftsbund, der durch die plötzlich aufflammende
Liebe des anderen Teiles dann ebenso unwahr wird,
wie es die Eheliebe gewesen. Man war für eine treue
Liebe nicht stark genug und kann es dann auch für
überzeugend
eine reine Freundschaft nicht sein.
wahres Leben hat Schnitzler den Trägern dieser „neuen
Ehe“ einem Tondichter und einer berühmten Sängerin,
nicht geben können. Wäre es nicht überhaupt besser für
solche Intimitäten, beim Romane zu bleiben, insonder¬
heit, wenn die Sache so wenig dramatischen Atem hat.
Man würde wenigstens ganze und überzeugendere Ge¬
bl.
stalten schaffen können.
. Lenu.
#r Zeitungs-Ausschnitte
Wien, I., Concorciaplatz 4.
Vertretungen
in Berlin, Budapest, Chicago, Christiania, Genf, Kopenhagen,
London, Madrid, Mailand, Minneapolis, New-York, Paris, Rom,
San Francisco, Stockholm, St. Petersburg.
(Quellenangabe ohne Gewähr.)
Ausschnitt aus ewMund M#¬
vom:
—
Zwischenspiel. Komödie in drei Akten vogwe
thur Schnitzler. (Berlin, 1906. S. Fischeis Verlag.)
D## frei sind, die ihrer Kelten spotten“
wird in Schnitzlers neuestem Theaterstück nicht am reli¬
giösen Problem, sondern an dem der freien Liebe gezeigt.
In einer modernen Künstlerehe glauben Mann und
Frau sich stark genug, einander Seitenwege, Extratouren
mit andern Personen gestatten zu können, ohne ihre
Ehe deshalb aufheben zu müssen, die sich ja — so denken
sie — während solcher amoroser Zwischenspiele in gute
Kameradschaft verwandeln könne, in so gule sogar, daß
sie einander aufrichtig erzählen wollen, was jedes von
ihnen auf solchen Seitenpfaden erlebt und genießt. Aber
sie irren sich. Denn da wahre leidenschaftliche Liebe ihren
Ehebund begründet hatte, dem gemeinschaftliches Kunft¬
leben auf demselben Gebiet (er Kapellmeister, sie Sän¬
gerin) besondere Weihe gab, so leiden sie beide unter
ihren gegenseitigen Koufidenzen unsäglich, beharren aber
dennoch aus Stolz und wohl auch in einem gewissen
pedantischen Fanatismus für die Theorie in diesem wun¬
derlichen Verhältnisse, worüber denn endlich ihre Ehe
zerbricht wie ein schönes Glas, mit dem man am Fest¬
mahl des Lebens zu keck nach links und rechts ange¬
stoßen hat. Da beide Leutchen sympathisch gehalten sind,
tut es dem wohlwollenden Leser oder Zuschauer leid,
daß sie auseinandergehen. Und eigentlich hätte der Dich¬
ter einen anderen Schluß leicht zur Hand gehabt: es ist
ein Peterl da, ein herziges Bübchen. Da müßten die
Eliern sich doch wahrhaftig besinnen, sich selbst mit ihren
Phantasien wichtiger zu nehmen als ihr leibhaftiges
Kind. Aber Schnitzler fürchtete wohl den Vorwurf der
Sentimentalität, wenn er eine Versöhnung im Kinde
herbeiführte. Und was das Theaierstück so an Wärme
hätte gewinnen können, würde es an Beweiskraft für
die Gefährlichkeit derartiger Zwischenspiele eingebüßt
haben. Lassen wir uns also das im Dialog höchst geist¬
reiche Stück so gefallen, wie es ist. Neben dem Ehepaar
ist namentlich der Freund des Kapellmeisters, der Dich¬
ter Albertus Rhon, eine meisterlich gezeichnete Figur,
das Gegenstück zum Carlos in Goethes „Clavigo“, näm¬
lich ein ebenso famoser Berater des Freundes nur vom
entgegengesetzten ethischen Standpunkt aus. Vorzüglich
ist auch im Schlußakt die Szene zwischen dem Kapell¬
meister und dem jungen Fürsten Sigismund. „Komödie“
kann das Stück allerdings nur insofern heißen, als es
Einblick in die allgemeine ecomédie humainon gewährt;
eigentlich komische Momente sind selten, diese Menschen
gehen im Grunde alle in der Halbtrauerlivree der ver¬
wirrenden Leidenschaft.
G