II, Theaterstücke 20, Zwischenspiel. Komödie in drei Akten (Neue Ehe, Das leichte Leben, Cäcilie Adams, „Nicht mehr zu dir zu gehn …“, Adagio), Seite 381

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20. Zuischensniel
P Sctelt. Senoral. Konz. unternehmen für Zeitungs-Ausschnitte
Wien, I., Concordiaplatz 4.
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in Berlin, Budapest, Chicago, Christiania, Genf, Kopenhagen,
London, Madrid, Mailand, Minneapolis, New-York, Paris, Rom,
San Francisco, Stockholm, St. Petersburg.
(Quellenangabe ohne Gewähr.)
Ausschnitt aus:
Uinzer Tageepost
vom:
m 1
(Grazer Theater.) Aus Graz wird uns geschrieben:
In unseren ziemlich einförmigen Spielplan der Schauspielkunst
brachte das seit mehreren Jahren übliche Gastspiel einzelner Mit¬
glieder des Wiener Burgtheaters einige Abwechslung. Aber es
ist nicht zu verstehen, daß die Direktion und die Intendanz un¬
serer Hofbühne es gestatten, daß diese Gastspiele unter der Flagge
#
eines „Burgtheater=Ensembles“ stattfinden; mit Ausnahme von
zwei oder drei Mitwirkenden mimen nur Leute der vierten oder
funften Garnitur des Burgtheaters, die dort kaum melden dür¬
fen, „daß der Wagen vorgefahren ist". Und hier spielten sie erste
Rollen! Schauspielkunst war wenig zu bewundern;
„haT
manche Rollen wären von einh##nischen Kräften jedenfalls besser
dargestellt worden. Doch immerhin: Graz lernte drei neue Stücke
kennen: Schönherrs „Familic“, Schui#####sZwi¬
schenspiel" und Prevosts „Das schwache Ge¬
schlecht". Und unser Publikum erbrachte wieder einmal einen
vollen Unbefähigungsnachweis. Es wandte sich unwillig ab von
der trotz aller Kraßheit künftlerisch doch bedeutsamen „Familie",
es blieb gänzlich verständnislos gegenüber den wunderbaren
psychologischen Feinheiten und dem ganz und gar verinnerlichten
Drama des „Zwischenspiels“ und es ergötzte sich an der plumven
Mache „Das schwache Geschsecht“. Einen Milderungsumstand für
die traurige Tatsache einer derartigen Verteilung des Erfolges
muß man in der Güte der Aufführungen suchen: „Das schwache
Geschlecht“ wurde am besten gespielt; und in diesem Stück allein
hatte Korff, der erklärte Liebling unseres Publikums, eine
große Rolle. Leider war gerade die Aufführung des „Zwischen¬
Wer diese Komödie im
sviels“ eine außerordentlich schwache.
Burgtheater mit Kainz und Witt in den Hauptpartien gesehen
hatte, der war angesichts dieser Leistungen geradezu entsetzt.
Frank bot eine Karikatur von einem Kainz und auch Frau
Medelsky, die so Verehrenswerte, und deren Leistungen auch dies¬
mal an den übrigen zwei Abenden hoch über allen anderen stan¬
den, versagte beinahe ganz in dieser Rolle. „Die tiefe Unsicherheit
aller irdischen Beziehungen zwischen Mann und Weib“ ist das
mit zersetzender Gefühlschemie durchgeführte Thema dieser grüb¬
lerischen Reflexion. — Im Schauspiel hatten wir sonst nichts Be¬
merkenswertes zu erleben. Einige Gastspiele auf Engagement,
von denen das des Herrn Ehmann zu einem Ziele führte, so¬
wie die zweier jugendlicher Helden, Kraus und Platen, auch
Wittenbauers „Filia hospitalis, für die die Zensur durch ein

zuerst verhängtes und dann wieder zurückgenommenes Auffuh¬
rungsverbot mächtig Reklame schlug, wurden uns beschert. Wir
hoffen noch auf einige schöne Abende: wir sollen noch Wedelinds
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„Erdgeist und d'Annunzios „Gioconda“ hören. Auch in betreff

der Oper befinden wir uns im Zustand der Hoffnung. Nachste
Woche wird d'Alberis „Flautosolo" und Schuberts „Häuslicher
Krieg“ aufgeführt und im Mai soll die große Tat geschehen:
„Salome von Richard Strauß. Das Orchester wird 90 Mann
zählen, alle Partien sind doppelt besetzt. Strauß wird die drei
ersten Aufführungen selbst dirigieren. Graz wartet mit Span¬
nung darauf, und auf allen Klavieren hört man Versuche, den
Klavierauszug zu spielen, scheitern. In der Operette unterbrach
die Aufführung von Lehars reizender „Lustiger Witwe“ die
gewöhnlichen Attentate auf Geschmack undVerstand, die unter dem
Namen der modernen Operette verübt werden; insbesondere die
Instrummentation ist ganz reizend. Das gewöhnliche Niveau der
modernen Operette überragt auch turmhoch „Jungdietrichs
Brautfahrt“ von Oskar Strauß, die mit Fräulein Kar¬
tousch in der Hauptpartic — sie ist wundernett in dieser Rolle“
— und von Staackmann geleitet, vor einigen Tagen in Szene
ging. Nun kommen noch massenhafte Gastspiele auf Engagement.
W.(R.
da fast unser ganzes Künstlerpersonal uns verläßt.
Murie —##„
Telephion 12801.
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Ausschnitt aus
24 Miener Leben
vom:
Zweiter Abend: „Zwischenspiel“ Ko¬
lödie von Artur Schnitzler. Ein tiefsinniges
Verk, das sortiefsinmg ist, daß es eigentlich
ar kein Schauspiel genannt werden kann,
ondern nur ein sorgfältig ausgefeilter, äußerst
zeistvoller Dialog, in dem die klugen Gedanken
und witzigen Einfälle gleich Leuchtkugeln in
lie Luft fliegen. Das Eheproblem, das dabei
aufgerollt wird, ist neu, originell und sehr
eigenartig. aber viel zu lang ausgesponnen,
um drei Akte zu füllen. Wenn dieses merk¬
würdi, e Ehepaar Adams, das sich liebt und
doch auseinander gehen will, fortwährend bei¬
nander sitzt und sich gegenseitig psychologische
Rätsel zu lösen gibt, so findet der Zuhörer
das anfangs interessant, wird dessen aber
bald müde.
Auch die Darstellung befriedigte nichtt
ganz. Als Kapellmeister Amadeus, der in Wien
vom „großen Kainz“ gemeistert wird, flackerte
Herr Frank auf der Bühne hin und her.
Seine Nervosität wirkt zerfahren, der Akzent
des Schmerzes am Schlusse versagt. Ueber
Frau Medelskys Cäcilie traut man sich
eigentlieh nicht viel zu sagen. Sie ist ja die
gefeierte Künstlerin, der alles zu Füßen liegt,
jeder Zweifel an ihr fällt als Hohn auf den
zurück, der ihn auszusprechen wagt. Und doch
und doch! So denke ich mir diese Opern¬
sängerin nicht. Viel energischer, zielbewußter,
ein Vollweib, dessen Augen bhitzen und dessent
Hände sich ballen. Aber Lotte Medelsky hatt
kein imponierendes Auftreten, sie ist ein Tränen-
krüglein ohne Ende, und zerfließt immer in
Leid und Rührung. Dazu kommt ihr merk¬
swürdig gebrochenes Organ, ihre eigentümlich,
dialektisch gefärbte Aussprache des Deutschen.
Sie kann gewiß unendlich viel, aber sie kann
#doch auch keine Rolle geben, die ihrer Natur
Inicht entspricht. Auch Korff, sonst ein er¬
klärter Liebling der Grazer, ist nicht ganz zu
loben. Seinen Fürsten Sigismund charakteri¬
sierte er zwar fein, gewiß ist seine Auffassung
berechtigt. Aber leider — man verstand ihn
nicht! War’s die ungewohnte Akustik des
Hauses, daß alle seine Worte in einem un¬
deutlichen Gemurmel erstickten? Sonderbar.
Wirklich gut war diesmal nur Herr Muratori
als der geistvolle Berater Albertus. Eine starke
Persönlichkeit, die ich gerne in einer führenden
Rolle hören möchte. — Das Publikum schien!
anfangs abwartend, später nicht sonderlich
Pentzückt, und langweilte sich schließlich ganz
aufrichtig. Daher war der Beifall mäßig.
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