II, Theaterstücke 20, Zwischenspiel. Komödie in drei Akten (Neue Ehe, Das leichte Leben, Cäcilie Adams, „Nicht mehr zu dir zu gehn …“, Adagio), Seite 395

lich


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20. Zuischensp1e—
Leute, die im Innern Musikanten wären, auch wenn
eine Schicksalslaune den Mann zum Kassenrevisor
eater und Musik.
und die Frau zur Zahnärztin gemacht hätte. Zwei
Menschen mit subtilen, auf die leifeste Reizung leb¬
Cerc#
haft reagierenden Nerven. Nicht die Liebe allein hat
eutsches Schauspielhaus.
sie zusammengeführt, sondern auch die Betätigung auf
ger hat die wertlosen Karten, die er in
demselben Gebiet der Kunst. Und darum ist ihre Ehe
zu Anfang der Spielzeit fortgegeben
keine reine Liebesehe, die eins im andern aufgehen
n Schlag auf Schlag mit seinen hohen
läßt und aus zwei getrennten Wesen eins macht.
aus. Nach Shaws paradoxem Tendenz¬
Ider von beiden weiß, daß er als Künstler nur etwas
uns Sensationsstück. Und danach gestern
sein kann, wenn er seine besondere Individualität,
Und weil
nstzlers seine psychologische Studie
streng wahrt.
seine Persönlichkeit
igler nennt seine Dichtung
jeder von ihnen
hat
das wissen,
beide
sch altem schlechten Brauch darf eine
auch eine heilige Ehrfurcht vor der In¬
gg nicht für sich stehen, sondern muß in
dividualität, der Persönlichkeit des andern. Sie unter¬
sezwängt werden, auch wenn sie nicht
scheiden dabei nicht zwischen dem allgemein Menschlichen
das „Zwischenspiel“ paßt nicht in die
und dem besonderen Künstlerischen. Und so machen sie
die. Auch nicht in die benachbarte:
sich's zum Gesetz, daß jeder seinen Weg gehen, seinen
Es will sich überhaupt in keine der
Empfindungen und Eindrücken sich hingeben darf. Aber
Rubriken fügen. Wenn man seine Art
nicht heimlich vor dem andern, nicht im Gefühl, dem
pill, muß man schon zu Bildern und
andern Unrecht zu tun. Wahrheit soll zwischen ihnen
sein und Offenheit. Gute Kameraden wollen sie sein,
keifen. Es ist so gar nichts handfestes
die nichts vor einander verbergen. Der Mann hat den
gar nichts bekanntes und traditionelles
Gedanken gefaßt, dem die Frau zustimmt. Der über¬
rk. Es ist alles so fein und zart, als
sinnlich=sinnliche Schwärmer hat dabei nur übersehen,
Karienfäden gewoben, so dämmerig glän¬
daß die Liebe ihr Gesetz in sich selbst trägt und sich kein
es im Netz silberner Mondenstrahlen,
anderes vorschreiben läßt. Und so muß er's erleben,
den Gesprächen und Vorgängen auf
daß seine Frau sich von ihm abwendet und ihren Le¬
lgt, meint man, einen von jenen exo¬
bensweg von dem seinen für immer trennt, just da, als
n zu sehen, die mehr einer Blume
ihm selber klar wird, daß das Gefühl, das er für sie
inem Tier. Oder eine jener wunder¬
hegt, stärker ist als alle Theorie, daß auch der Künstler
en, die eher ein Lebewesen scheinen als
nur ein Mensch ist. Er wollte aus seinem Leben, sei¬
Oder eines jener irisierenden gläsernen
ner Ehe ein Capriccio machen: nun wird wider seinen
ein verträumter Muraneser Künstler
Willen daraus ein Capriccio doloroso.
es Trinkgefäßes gab, die aber fast zu
Zergliedern wir das nicht im einzelnen! Versuchen
Berührung sind, geschweige denn, daß
wir nicht, trocken nachzuerzählen, wie es sich vor uns ab¬
lung mit einem Getränk — und wäre
spielt, vor uns auslebt. Der Reiz des Werkes liegt
— füllen dürfte. Ein Seltsames, ein
nicht in der Handlung, die sich im knappen Rahmen
ediese köstlichen Dinge, ist auch Schnitz¬
einer Anekdote berichten ließe. Bei diesem Musikan¬
kspiel“. Etwas, dem man nicht mit dem
tenstück ist es der Ton, der die Musik macht. Schnitzler
dern nur mit dem Gesühl gerecht wer¬
zergliedert die Seelen seiner Personen mit einer psy¬
das man entweder auf den ersten Blick
chologischen Schärfe, die er von Ibsen gelernt hat.
nie sich zu eigen macht.
Aber dieser Schärfe ist eine lässige Grazie, eine ver¬
er führt uns in sein heimatliches Wien.
träumte Weichheit beigemischt, wie Ibsen sie nie besessen
eine typische Wiener Familie, sondern
hat, wie sie nur unter dem heitren Himmel Wiens ge¬
lerheim. Ein Musikantenheim. Der
deihen konnte. Und in dieser eigentümlichen Mischung
apellmeister und Komponist, die Frau
liegt der eigentliche Zauber des Werkes, zu dem die
Beide Größen in ihrem Fach. Und
in ihrer scheinbaren Sorglosigkeit kunstvoll geschliffene
cht bloß eine vom Autor ihnen überge¬
Sprache, die durch das Ganze wie Diamantenschnüre
ppe, unter der triviale Alltagsmenschen
gezogenen seinen Bemerkungen und Paradoxe nur rei¬
vialere Phrasenhelden stecken. Schnitz¬
cher schmückende Zutaten sind.
wirkliche Künstler auf die Bühne. Zwei
4e mont det Pan Mel.
Die Aufführung tat alles, um denen, die Verständ¬
nis für das Werk hatten, einen vollkommenen Genuß
zu bereiten. Herr von Berger, der die Regie führte,
stellte seines Landsmannes Schöpfung ins goldenste
Licht. Er hatte vor allem feinsinnig dafür gesorgt,
durch häufigen Stellungswechsel der Darsteller die bei
den langen Zwiegesprächen naheliegende Gefahr der
Monotonie zu beseitigen. Unübertrefflich war Frl.
Hönigsvald als Caccilie. Da war nicht eine Spur
von Theaterspiel, da war alles blühendes, quellendes
Leben: eine Meisterschöpfung hors concours! Sie fand
einen würdigen Partner in Herrn Wagner. Schade
nur, daß er — wohl aus Besorgnis, zu schwer zu wir¬
ken — gelegentlich allzu beweglich und unruhig war.
Davon abgesehen, war auch sein Amadeus von ein¬
drucksvollster Wahrheit. Herr Keller=Nebri gab
sehr verständig den Schriftsteller Albertus, aus dem,
wie in den Buchdramen der Romantiker, der Dichter;
selbst spricht, sein Stück glossierend und die Einwände
der Kritiker vorweg nehmend. Um die übrigen mehr
episodischen Aufgaben machten sich die Damen West¬
hoven und Kühnert und vor allem Herr Geb¬
hardt wohlverdient. Die schwierige Aufgabe, die die
Rolle des Fürsten stellt, löste der letztgenannte junge
Künstler in ganz ausgezeichneter Weise.
Und die Aufnahme der Dichtung beim Publikum?
Nicht jeder weiß exotische Falter, bunte Orchideen und
Muraneser Kelche zu würdigen. Was Wunder also,
wenn man auch dem Schnitzlerschen Werke zum Teil
ablehnend gegenüberstand, wenn während der Akte lau¬
tes Gemurmel, zum Schluß entrüstetes Zischen hörbar
wurde. Deshalb bleibt die Aufnahme dieses seinen.
Stückes in den Spielplan des Schauspielhauses doch eine
dankenswerte Tat. Das erkannte auch die Majoritöt
der Premièrebesucher voll an, indem sie zum Schluß
mit den Darstellern Herrn von Berger wiederholt stür¬
C. M.=R.
misch vor die Rampe rief.