II, Theaterstücke 20, Zwischenspiel. Komödie in drei Akten (Neue Ehe, Das leichte Leben, Cäcilie Adams, „Nicht mehr zu dir zu gehn …“, Adagio), Seite 407

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Ausschnitt aus:
16 12.190) Vossische Zeitung,
E vom
Theater und Musik.
Im Lessing=Theater wurde gestern abend Arthur Schnitzlers
Komödie „Zwischenspiel“ neu einstudiert und tein
setzt wieder herausgegeben. Die Schwächen dieser Salontragödie
mit komischen Einlagen, die eine stärkere Hand zur Einheit
eeiner Tragikomödie gezwungen hatte, lagen auch gestern bloß
wie vor zwei Jahren, aber das Stück hielt sich noch über¬
raschend gut, wenigstens durch die beiden ersten Akte,
wenn auch zuweilen durch eine mißverstehende Aufnahme,
die sich zum Lachen bereit zeigte, wenn nur ein Lächeln der
Wissenden gefordert wurde. Die Wissenden in diesem Fall sind die
Leute die eingesehen haben, daß die Ehe das komplizierteste
Verhältnis zwischen zwei Menschen bedeutet, auch wenn sie
Die Grenz¬
nicht gerade Künstler und Kunstlerin sind.
fälle dienen eben dazu, auch das Normale und Durch¬
schnittliche zu beleuchten. Es spricht sehr für die Rechtschaffenheit
unseres Publikums, daß es sich weniger von der geistreichen
Analyse des Wesens der Treue bestechen ließ, die aus lauter
Untreuen resultieren kann, als von den humoristischen Rand¬
etwas clownmäßig
hemerkungen eines Vertrauten, der sich
zwischen die Zuschauer und die beiden Gequälten stellt, um die
Wahrheit in der Lüge und die Lüge in der Wahrheit mit
seiner Peitsche zu treffen. So kam es, daß Herr Reicher, der
wieder den erklärenden Schriftsteller mit den saloppen Manieren fast
allzu wirksam gab, mit ungebührlicher Breite den Vordergrund aus¬
füllte. Damit verlor die Komödie der Dekadenten und Nervösen
viel von ihrer Delikatesse und gewann wenigstens für die Nicht¬
wissenden an einer Drastik, die ihre schwächliche theatralische Muskulatur
stärkte. Und sollte nicht gerade dieser Umstand für die Lebensfähigkeit
eines Werkes sprechen, daß es im vorletzten und im letzten Grunde,
auf verschiedene Weise verstanden werden kann, und sich auch auf
die falsche behauptet? Denn wenn wir auf die letzten Jahre
theatralischen Mißvergnügens zurückblicken, das „Zwischenspiel“
steht doch unter den wenigen Stücken, die uns über den Abend
hinaus beschäftigen können die mindestens aus der Zeitseele ein
denkendes und fühlendes Dasein empfangen haben. Die gestrige
Wiederaufnahme galt in erster Linie einem Gast Herrn Monard
aus München, der Bassermanns Kapellmeister übernahm, im ganzen
eine gesunde, vertrauenerweckende Erscheinung, körperlich etwa zwischen
Christians und Rittner, an den er auch mit dem Tonfall einiger Sätze
erinnerte. Sein Vorgänger stattete den Künstler mit allen Symptomen
moderner Hyperkultur und einer ungemein reizbaren Nervosität aus, um
etwas von der Jugendlichkeit und Naivetät schuldig zu bleiben, die
auch zur feinsten Art des Selbstbetrugs gehört. Herr Monard
faßte die Rolle gerade von dieser Seite; er machte den
dummen Jungen glaubhaft und brachte aus allen Feinheiten
der Selbstbeobachtung und Selbstverhüllung noch einen krenzbraven
Kerl heraus der gewiß vorhanden, aber nur auf recht ver¬
schlungenen Wegen ermittelt werden darf. Seine Figur war
gut im Material, aber nicht ziseliert genug, namentlich nicht neben
Frau Trieschs Caecilie in ihrer geradezu berückenden Kunstfertigkeit¬
der Ausführung. Darf man nach dieser Rolle, die so viel Raffinement
wie Natur fordert, einen neuen Mann überhaupt beurteilen, so wird
e Natur zugeben müssen, Einfachheit und
man ihm
Geradheit während es noch an einer gewissen Vibration des
Wesens fehlt, besonders an einer reicheren Nüancierung der
stummen Mitteilung. Die Gebärde bedarf noch einer Pflege zu
feinerer, vielseitigerer Beredtheit, wie auch das gesprochene
Wort allzu häufig demselben Satzton folgt, aber das Material
an Empfindung, an Starkem und Weichem, scheint vorhanden,“
und wenn der Gast in dieses Ensemble tritt, wird er ihm gewiß
##e entwicklungsfähige Kraft zuführen. Herr Grunwald¬
gab wieder den Fursten Lohsenstein in bescheidener, sicherer
Art, während die kleinen Franenrollen in neue Hände ge¬
kommen sind. Der unkomplizierten Schriftstellersfrau lieh Frau
Hofmann den rechten Herzenston. Wenn nur die Arme eist frei
würden! Die verführerische Gräfin und Opernsängerin ist zu
Fräulein Wüst übergegangen, die sich ihrer resoluten Art nach zu
offen als Kanaille ausgibt. Die gefährlichen Kanaillen, soweit ich¬
sie kenne, sehen immer wie die Engel aus. A. E.
Telephon 12801.
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QQuelienangabe ohne Gewahr.)
Ausschnift aus: INER TAGBLATT
E vom: 14 12.190)
f. I. Das Lessing=Theater hat SchnitzlerKomödie
„Zwischenspiel“, die eigentlich e#n
RPine is,
neu einstudieet. Gestern abend begegnete die allen stärkeren
äußeren Geschehnissen abholde Studie zur Anatomie der Ehe
wieder einem ähnlichen belevten Interesse wie vor zwei Jahren bei
der Uraufführung. Drei Partien waren diesmal neu besetzt. Heinz
Monnird, der Münchener Gast, den wir noch von seiner Tätigkeit
am Berliter Theater unter Lindaus Direktion in der Erinnerung haben,
gab den Kapellmeister, jenen experimentierenden Eheartisten, an dem 1#
ehemals Bassermann seine Kunst erschöpfte. Monnard stand
der Sensibilität der Figur nicht allzu nahe; er behauptete
anfangs ein strammes Naturburschentum, das mit Akzenten
und Gesten aus der höheren Verstragödie vermischt war. Die nervöse
Spannung, unter der die Psyche des merkwürdigen Lebensdilettanten
bibriert, ging damit verloren oder wurde da, wo sie angedeutet werden
sollte, unglaubwürdig. Im zweiten Akt gelang es dem Gast, ein
intimeres Verhältnis zu seiner Aufgabe zu gewinnen, und die Szene,
die den Triumph der Sinne über alle Probleme des Zusammen¬
lebens von Mann und Frau demonstrieren soll, ließ schließlich ein
starkes Interesse an dem Temperament des Darstellers aufkommen.
Hier war Echtheit. Aber zuletzt stand er wieder da, wo er am Anfang
gestanden hatte — beim „Gespielten“
Ida Wüst hatte als fingende Kokotte viel Verführerisches, sie war
aber diskret genug, in der Andeutung gutes Maß zu halten. Mit
der wesenlosen kleinen Dichtersfrau gab sich Grete Hofmann
redliche Mühe. Die übrige Besetzung (Triesch, Reicher,
Grunwald) war die alte; sie ist vor zwei Jahren ausführlich
gewürdigt worden.