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20. Zuischenspiel
New-Porkr, Aro, Kom, Cul. Wallersco, Gtochlel.—
burg, Toronto.
(Quellenangabe ohne Gewähr,) I CSUN•
Ausschnitt aus: S16122
vom:
70
Theater, Kunst und Wissenschaft.
Mähr.=Ostrau. (Stadttheater.) Am 14. d. M.
ging Artur Schuitzlers geistvolle Komödie „Zwischen¬
spiele“ zum erstenmäk in Szene, über die Entstehung
dieses Werkes sind zahlreiche Versionen im Umlauf. Die¬
jenige, welche der Wahrheit am nächsten kommt, behaup¬
tet, daß Schnitzler in der Person des Schriftstellers „Al¬
bertus“ sich selbst gezeichnet hat, während die anderen
Figuren bekannte Persönlichkeiten der Wiener Gesellschaft“
bedeuten, deren Namen wohl bekannt, aber aus nahen
liegenden Gründen hier nicht genannt werden dürfen.
dieser Komödie, die viel eher eine geistvolle Plauderei
genannt werden kann, führt Schnitzler den Beweis, daß
zwischen jugendlichen Personen beiderlei Geschlechts auf
die Dauer ein bloßes Freundschaftsverhältnis nicht stand¬
hält. Liebe oder Haß, eines von beiden, doch Freund¬
schaft allein wird mit der Zeit zur Lüge oder Heuchelei.
Die Aufführung war glänzend inszeniert und gebührt hie¬
für dem Spielleiter alle Anerkennung. Gespielt wurde
dagegen nicht ganz einwandfrei. Herr Werner=Eigen
litt unter einer augenscheinlichen Indisposition. Seine
Stimme klang heiser und versagte in den Affektstellen
nahezu ganz. Dadurch klangen auch seine Gefühlsaus¬
brüche unwahrscheinlich. Daß er trotzdem seine Rolle
mit viel schauspielerischer Gewandtheit zu Ende führte,
ist voll und ganz anzuerkennen. Frl. Vera Petero,
die die Rolle der Sängerin „Cäcilie“ gab, hat ihre Partie
falsch aufgefaßt. Sie ist eine liebenswürdige Künstlerin,
voll Anmut und Talent, erfaßte jedoch im vorliegenden
Falle ihre Rolle nicht vollständig. Eine Opernsängerin,
deren Chic und Temperament den „Fürsten Siegis¬
tmund“ bezaubert, darf nicht drei Akte hindurch wie eine
Trauerweide herumlaufen und ständig Kopfschmerz mar¬
kieren. Sie muß mit den Gefühlen ihres Mannes spie¬
len. Sie muß ihn ständig reizen und abstoßen zugleich,
so daß es begreiflich wird, wenn der Gatte dem Wahn¬
sinne nahe ist. Schelmerei, Pikanterie, Falschheit und
Liebe zugleich diktieren ihre Rolle und nicht ständiger
Weltschmerz. Am Schlusse, wo sie den Gatten durch
ihr Komödienspiel zur Verzweiflung kreibt, da muß ein
Gefühlsausbruch von elementarer Gewalt erfolgen, statt
dessen scheidet sie von demselben, den sie doch in Wiek¬
lichkeit liebt, mit Worten, die sie im gleichen Tonfall
bringt, wie wenn ein Diener meldet: „Die Pferde sind
gesattelt.“ Frl. Petero vergaß eben, daß sie eine
Overnsängerin, eine Künstlerin voll Pikanterie spielen
soll und nicht die Gattin eines hausbackenen Gelehrten.
Wir sind überzeugt, daß Frl. Petero voll und ganz in
der Lage ist, die Rolle so zu spielen, wie sie sein soll.
Frl. v. Effner fand sich voll und ganz in die Partie
der „Gräfin Mosheim“ zurecht, desgleichen Herr Mahr
in seiner kleinen Rolle als „Fürst Siegismund“. Herr
Schneider als Schriftsteller „Albertus“ ist eine Kraft,
die nie versagt. Er fand auch im vorliegenden Fall die
richtigen Töne für die Wiedergabe seiner Rolle. Das
kleine „Peterl“, gespielt von Mitzi Popp, war aller¬
liebst. Was ein Häkchen werden will, krümmt sich bei
Zeiten. Frl. v. Sonnenthal als „Frau Marie“
fügte sich dem Ensemble verdienstlich ein. Das Publi¬
kum, das den geistvollen Dialogen atemlos folgte, spen¬
dete am Schlusse reichen Beifall.
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20. Zuischenspiel
New-Porkr, Aro, Kom, Cul. Wallersco, Gtochlel.—
burg, Toronto.
(Quellenangabe ohne Gewähr,) I CSUN•
Ausschnitt aus: S16122
vom:
70
Theater, Kunst und Wissenschaft.
Mähr.=Ostrau. (Stadttheater.) Am 14. d. M.
ging Artur Schuitzlers geistvolle Komödie „Zwischen¬
spiele“ zum erstenmäk in Szene, über die Entstehung
dieses Werkes sind zahlreiche Versionen im Umlauf. Die¬
jenige, welche der Wahrheit am nächsten kommt, behaup¬
tet, daß Schnitzler in der Person des Schriftstellers „Al¬
bertus“ sich selbst gezeichnet hat, während die anderen
Figuren bekannte Persönlichkeiten der Wiener Gesellschaft“
bedeuten, deren Namen wohl bekannt, aber aus nahen
liegenden Gründen hier nicht genannt werden dürfen.
dieser Komödie, die viel eher eine geistvolle Plauderei
genannt werden kann, führt Schnitzler den Beweis, daß
zwischen jugendlichen Personen beiderlei Geschlechts auf
die Dauer ein bloßes Freundschaftsverhältnis nicht stand¬
hält. Liebe oder Haß, eines von beiden, doch Freund¬
schaft allein wird mit der Zeit zur Lüge oder Heuchelei.
Die Aufführung war glänzend inszeniert und gebührt hie¬
für dem Spielleiter alle Anerkennung. Gespielt wurde
dagegen nicht ganz einwandfrei. Herr Werner=Eigen
litt unter einer augenscheinlichen Indisposition. Seine
Stimme klang heiser und versagte in den Affektstellen
nahezu ganz. Dadurch klangen auch seine Gefühlsaus¬
brüche unwahrscheinlich. Daß er trotzdem seine Rolle
mit viel schauspielerischer Gewandtheit zu Ende führte,
ist voll und ganz anzuerkennen. Frl. Vera Petero,
die die Rolle der Sängerin „Cäcilie“ gab, hat ihre Partie
falsch aufgefaßt. Sie ist eine liebenswürdige Künstlerin,
voll Anmut und Talent, erfaßte jedoch im vorliegenden
Falle ihre Rolle nicht vollständig. Eine Opernsängerin,
deren Chic und Temperament den „Fürsten Siegis¬
tmund“ bezaubert, darf nicht drei Akte hindurch wie eine
Trauerweide herumlaufen und ständig Kopfschmerz mar¬
kieren. Sie muß mit den Gefühlen ihres Mannes spie¬
len. Sie muß ihn ständig reizen und abstoßen zugleich,
so daß es begreiflich wird, wenn der Gatte dem Wahn¬
sinne nahe ist. Schelmerei, Pikanterie, Falschheit und
Liebe zugleich diktieren ihre Rolle und nicht ständiger
Weltschmerz. Am Schlusse, wo sie den Gatten durch
ihr Komödienspiel zur Verzweiflung kreibt, da muß ein
Gefühlsausbruch von elementarer Gewalt erfolgen, statt
dessen scheidet sie von demselben, den sie doch in Wiek¬
lichkeit liebt, mit Worten, die sie im gleichen Tonfall
bringt, wie wenn ein Diener meldet: „Die Pferde sind
gesattelt.“ Frl. Petero vergaß eben, daß sie eine
Overnsängerin, eine Künstlerin voll Pikanterie spielen
soll und nicht die Gattin eines hausbackenen Gelehrten.
Wir sind überzeugt, daß Frl. Petero voll und ganz in
der Lage ist, die Rolle so zu spielen, wie sie sein soll.
Frl. v. Effner fand sich voll und ganz in die Partie
der „Gräfin Mosheim“ zurecht, desgleichen Herr Mahr
in seiner kleinen Rolle als „Fürst Siegismund“. Herr
Schneider als Schriftsteller „Albertus“ ist eine Kraft,
die nie versagt. Er fand auch im vorliegenden Fall die
richtigen Töne für die Wiedergabe seiner Rolle. Das
kleine „Peterl“, gespielt von Mitzi Popp, war aller¬
liebst. Was ein Häkchen werden will, krümmt sich bei
Zeiten. Frl. v. Sonnenthal als „Frau Marie“
fügte sich dem Ensemble verdienstlich ein. Das Publi¬
kum, das den geistvollen Dialogen atemlos folgte, spen¬
dete am Schlusse reichen Beifall.
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