II, Theaterstücke 20, Zwischenspiel. Komödie in drei Akten (Neue Ehe, Das leichte Leben, Cäcilie Adams, „Nicht mehr zu dir zu gehn …“, Adagio), Seite 476

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20. Zuischenshiel
das Einfache, Gradlinige, Ungeteilte, das sie bei Strind¬
berg, dem Monomomen des Triebes, hat: er gibt ihr ihre
Zwiespältiakeit zurück, verankert den Triel im Seelischen
und das Seelische im Triebe und findet das tragische
Moment. nicht im Wandel der Liebe zum Haß, in der
Einswerdung von Haß und Liebe — sondern im Dualis¬
mus von Seelengemeinschaft und Geschlechtsliebe, die in
jedem Liebesverhältnis vorhanden ist, bei der nie beide
Bestandteile zugleich verlöschen, sondern jeder zu einer
anderen Zeit und darum in Schmerzen und Qual. Und
all das, ein wenig svielerisch und ohne die anklägerische
Wucht und Erlehnisgewalt Strindbergs, steht in einer
Luftschicht von zartester Tönung, Worte und Sätze leuchten
in mattem Glanz und klingen lautlos aus in ein Ende,
dessen traurig lächelnde Melancholie Versunkenes zudeckt
Ausschmif
und die Schatten des Abends sinken läßt über einen einst
bsläder Canelal Anzeiver
strahlenden Tag. — Man müßte weit zurückdenken, wenn
man sich an einen künstlerisch gleich vollgültigen Abend
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vom:
im Lobetheater erinnern wollte, wie es der gestrige war.
zwelleitung des Herrn Rudolf Lenoir spürte der
Lobetheater.
verwehenden, hanchartigen Zartheit und abgeschliffenen
Feinbeit der Schnitzler=Weise bis in die geheimsten
„Zwischenlviel“.
(Zweites Gastspiel Harry
Schwingungen nach, Szene um Szeue, Akt um Akt glitten
[Walden). Vor kurzem hat an gleicher Stätte Strind¬
ineinander, unmerklich gestuft in Tempo, Rbythmus und
berg über das gleiche Problem gehandelt, zu dem gestern
der Harmonie des Zusammenspiels. Das Musikzimmer
Schnitzler das Wort erteilt war. Und die Kluft zwi¬
mit dem Blick über die Veranda in den Park zeigte stil¬
schenee
bewußten Geschmack, und die Stimmung des zweiten Aktes
gron, als die Entfernung weit ist zwi¬
schen Schweden und Wien, als der Unterschied im Klima,
mit der bleichschimmernden Mondnacht hinter den dunklen
im Athmosphärischen von Leben und Menschen klaffend
Fenstern gewann bannende Gewalt. Den Kapellmeister
gähnt zwischen Oesterreich und den nordischen Landen.
Amadens gab Harry Walden glühend in innerer Un¬
Beide, der Oesterreicher und der Schwede, handeln von
raft und in verblendeter, weltfremder Schwärmerei. Aus
Mann und Weib und ihren Beziebungen zueinander, beide
seinen weit aufgerissenen Augen sprühte die gespannteste
spüren den Untergründen und Abgründen nach, über die
geistige Willensenergie, und nur um seinen Mund huscht
alle Verhältnisse zwischen Mann und Weib, und deren
manchmal ein listiges Schlänglein, das — in dieser Roll¬
gewöhnlichstes, die Ehe vor allen, einen trügerischen
— nicht dahin gehört. Mit schlakenloser Kunst behandel
Schleier breiten, und beide sehen einander nicht. Wo
er den Dialog, setzt überraschende Lichter und deckt blitz
Strindberg in sanatischer Unerbittlichkeit das Elementare, jartig durch eine leise Schwebung, eine Betonung, verbor
Triebhafte, das Ur=Menschliche an jener seinen Grenz=genste Zusammenhänge auf. Zu ihrem Gipfel steilte sie
linie, die es mit dem Tierischen mehr verbindet als von seine Kunst in der meisterhaften Verführungsszene de
ihm trennt, herausmeißelt, feilt Schnitzler am Geistigen zweiten Aktes mit seiner Frau. Diese Frau gab Carl
und rückt die halb unbewußten Zwischenvorgänge, die des
[Holm, schlechthin ebenbürtig dem Gast. Sie trug vo
Physische mit dem Psychischen verbinden, aus ihrem ver=Anfang an eine schmerzliche Hingegebenheit in sich, d
borgenen Dämmer ans Licht. Wo der Schöpfer der manchmal brandend in Weh und Scham in ihr Antli
Nöte und
„Kameraden“
fluchbeladene f schlug. Ihre Seele schwang bebend und erschüttert i
Seligkeit alles Fleisches hinausschreit und sstöhnt,jedem Wort, und der Schluß geriet ihr zu lautlose
gibt der Dichter des „Zwischensviels“ Seelen¬
wundervoll verklingender Ergriffenheit. Herr Ro¬#
kämpfe, Seelenkrämpfe Er bildet seine Menschen,
mund gab den Dichter Albertus mit selbstironisch
nicht wie Strindberg durch den widerhakenden,
Ueberlegenheit und spielerisch verhülltem Ernst, Here vo
haßgeliebten Stachel des Fleisches, sondern durch die Ge=]Wolzogen war als Fürst Sigismund von zurückhe
meinschaft der Herzen, die einmal im gleichen Takt zu=Uiender Vornehmheit; Gertrud Wall als Frau May
sammenschlugen und eins wurden und nun nicht mehr kam nicht recht aus sich heraus und Käthe Habe
voneinander können. Er nimmt dem Problem der Liebel Reimers als Gräfin und Overnlängerin war von u
gezwungener Natürlichkeit und sang sehr hübsch. — Das
vollbesetzte Haus spendete begeisterten Beifall — und der
war diesmal wohlverdient.
W. R.