II, Theaterstücke 20, Zwischenspiel. Komödie in drei Akten (Neue Ehe, Das leichte Leben, Cäcilie Adams, „Nicht mehr zu dir zu gehn …“, Adagio), Seite 478

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vom: # Bgoslauer Morgen Zeitung.
— Allerlei Neues.
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Lobe=Theater.
Donsierstag, 16. September. Gastspiel Harry Walden:
„Zwischenspiel“ von Arthur Schnitzler.
Im Lobetheater sahen wir gser
has Werk
seines Dichters! Keine Neuheit, die Komödie ist uns vielmehr
schon vor einigen Jahren, gelegentlich eines Gastspiels von Josef
Kainz, vorgeführt worden. Aber wie anders wirkte sie hier, in den
intimeren Röumen, die für den Fechtboben Schnitzlerscher Dialet###,
für das Atelier seiner feinen Seelenmalkunst wie geschaffen
scheinen. Es schien, als sei uns das Problem nicht nur räumlich,
neint auch menschlich näher gerückt. Und dieses Problem sind die
„Ehekrrungen“ zweier Künstlerseelen. Sie können wohl irren, aber
sie wollen einander nicht irreführen. Und so nimmt sie es hin,
daß er alle Freuden einer Liaison mit einer liebebedürftigen gräfliche
Sängerin auskostet, — er aber duldet mit lässiger Toleranz die
freilich nur platonischen Galanterien, die ein junger Fürst i
seiner Gattin erweist. Aber es kommt auch hier, wie es
kommt: das Wiedersehen nach einer längeren Trennung führt sie
wieder zusammen. Nur fühlen beide allzubald, daß die Triebfeder
die Sinnlichkeit, nicht die alles überwindende Liebe war. Vor
allem sie, die Frau, glaubt nicht mehr an die eigene Widerstands¬
kraft gegenüber den Wünschen und Begierden, die draußen in der
sie umschmeichelnden Welt auf dem Grund ihrer Seele erwacht sind.
Nach einer Liebesnacht verläßt sie den Gatten. Er aber zieht
hinaus, um dem Ideal zu leben, das auch jetzt noch beider Seelen
verkettet hält: der Kunst. Gewiß: die rein äußerliche Handlung
scheint von fast skelettartiger Dürstigkeit, aber mit welch zwingen¬
der Psychologie wird sie entwickelt und durchgeführt! Und zudem
hat Schnitzler den Prachtmantel seines Dialoges darüber gebreitet.
Das glitzert beständig von schlagfertigen Worten, von geistvollen
Einfällen.
Ein Feuerwerk auf dem Ackergrund eines Stücks
unverfälschten Künstlerlebens! Die Darstellung wurde ihm in allen
Teilen gerecht. Trotzdem hob sich die Leistung Harry Waldens
auch hier aus dem heimischen Ensemble heraus. Denn sie war von
einem so einheitlichen Guß, von einer so überzeugenden Lebenstreue
in der Wiedergabe aller dieser vielfältigen seelischen Regungen,
daß man dem Künstler eben — den Künstler glauben mußte. Das
war wohl der höchste aller von Walden gegebenen Werte,, daß er
in seinem Helden den genialen Zug zu treffen wußte. Nach dieser
Roll: begreift man, warum ihn die vornehmste deutsche Bühne z
ihrer Höhe emporgehoben hat. Eine treffliche Partnerin fand er
in Fräulein Holm. Auch aus ihrer Darstellung sprach das warme,
tiefinnerliche Gefühl. Nur im Anfang störte ein wenig ein ge¬
wisser stereotyper
Zug des Wehleids. Herr Rotmund gab den
Dichter Wall mit frischer, nur allzu robuster Natürlichkeit. In echt
Aeenn
lavaliermäßiger Haltung spielte Herr von Wolzogen
Fürsten Sigismund. Für die liebedürstende gräfliche Sängerin
and Frl. Habel=Reimers den echen Sirenenton.
Sym
athisch wirkte Frl. Wall als die Gattin des Dichters, und die
leine Annaliese Fränkel weckte durch ihr frisches, unge¬
zwungenes Geplauder aufs neue das Entzücken aller Damen. Kurz.
es war ein genußreicher Abend, der der neuen Spiellejang alle
Ehre macht. Das Haus war sehr gut besucht.
B) d.