II, Theaterstücke 19, Der Ruf des Lebens. Schauspiel in drei Akten (Vatermörderin), Seite 6

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Lebe
19. Der Ruf des nadens
Ahlenz gesordert
J
werden, deshalb arbeite ich in den mir gezogenen engen Grenzen
s nicht als Vertagung der
auf dieses Ziel nach Möglichkeit hin. Die Beratungen nehmen
Bessere Aussichten.
it aufzufassen sei. Diese Aus¬
d vielmehr auch von französischer London, 26. Februar. (Eig. Drahtber.) In der Stim= einen ruhigen, sachlichen Verlauf. Bis heute haben sich die Gegen¬
Ehen, daß das der Konferenz vormung über die Marokko=Konferenz ist eine Wendung zum sätze nicht verringert. Sollte die Konferenz Algeciras resultatlos
hergab. Der zweite Akt ist nichts als eine Neuauflage der „Liebelei“
des Wiener Walzers hinaus eröffnet werden soll. Hören die Braven, die
mit verdoppelter Schießerei. Dort Duell, hier Mord und Selbst¬
da für Kaiser und Vaterland hinausziehen im Trompetengeschmetter,
eton.
mord, und das junge Mädchen, nur vom Süßen ins Herbe über¬
Säbelrasseln und Pferdetrappeln den Ruf des Lebens nicht mehr sind
setzt, um zehn Jahre älter und bitterei gemacht, betrauert gleicher¬
Theater.
sie nnn wirklich Helden oder bloß Narren? Ein Bernhard Shaw,
weise den Geliebten, der mit ihr gemeinsam nicht leben konnte
der Schnitzler unversehens angeregt haben mag, wäre um die Ant¬
m 1. Male: „Der Ruf des
und nicht sterben wollte. Giftbecher und Pistole sind nichts für
wort nicht verlegen gewesen. Der weiche Wiener Dichter und feine
n von Arthur Schnitzler.
Schnitzlers zarte Hände. Er kann uns unterhalten, rühren, nach¬
Raisonneur, gewohnt, jedem Recht zu geben und die Relativität
ich bereits erzählt, eine tiefere
denklich machen wie kaum einer, aber er soll uns mit solchem
der Dinge zu genießen, hat nicht Eigensinn genug, um sich zu be¬
st Schnitzler immer gedankt haben,
Teufelszeug vom Leibe bleiben und uns nicht tückisch in die Ohren
schränken und zu entscheiden. Er brennt wie häufig das Licht an
och übrig, sich die künstlerischen
knallen, besonders nicht, wenn wir noch hinterher die leise schwe¬
beiden Enden an und sagt, daß einige sich selbst betrügen, andere
ser dramatischen Mißbildung das
benden Walzerklänge einer Lebensphilosophie an der schönen blauen
betrogen werden, und die meisten je nach der Beleuchtung wohl
ichtern ist die Naivetät, die den
Donau erlauschen sollen. Entweder grob oder fein — beides zu¬
Helden oder Narren scheinen mögen. Ein Betrüger, der Helden¬
nden gekommen. Schnitzler wollte
sammen geht nicht, wenigstens nicht für ihn. Und wenn er ein¬
ruhm erschleichen möchte, ist der Oberst, der die Legende von dem
hat etwas erfunden, was gar
mal, bis sein Feld nach vielleicht notwendiger Brache, wieder grünt,
durch die Schuld des Regiments verlorenen Feldzug in
estens den ersten Akt interessant
sich auf dem der anderen zu grober Arbeit verdingt, dann mag
die Welt und zugleich sich in den Kopf gesetzt hat, bei
haben sich geschworen, datz keiner
er wenigstens das Handwerk lernen. Da er mühselig konstruiert,
dem allgemeinen Selbstmord das Leben und die Hörner,
e zurückkehren soll, um die Ehre
mechan zusammensetzt, kann man auch von Fehlern sprechen,
mit denen ihn seine Frau begabt hat, auf dem Felde der
n, das dreißig Jahre vorher von
vonnen ich ihm unter vielen gleich mehrere nachweisen will.
Ehre zu lassen. Die ganze Legende ist ein Witz dieses geistreichen
getrieben, eine Schlacht und einen
Der Schuß des Obersten, der die Frau trifft geht dramatisch ge¬
Herrn, aber wie der kluge Arzt bemerkt, der alles versteht, es
kntschieden hatte. Von den früheren
nommen ins Blaue, nichts als ein unangenehmer Knall, weil wir
könnte auch etwas daran sein, und man soll nicht fragen, woher
Maries Vater; an jenem Tage
auf die Sache seelisch nicht vorbereitet sind. Die ganze Liaison
das Große kommt. Ehre, Ruhm, Vaterland mögen nur Worte
den zum Feigling geworden, ei
des Leutnants mit der Oberstenfrau, Schnitzler zwingt
k#r ist es nun eigentlich, der diese sein, aber sie klingen schön. Und Verrat, Buhlerei, Mord, was
Schulausdrücken, mußte in die Exposition
zu
uns jetzt
alles sein Liebling Marie nicht ohne sein Mitwissen begangen hat,
od schickt. Dafür hat er sein
nicht allein als Andeutung, sondern als an¬
kommen,
sind häßlich klingende Worte, aber es braucht nichts dahinter zu
die für Marie schon eine Rolle
tombe, die da für Ehre, Ruhm,
geschaute Drohung,
sein, und wir kommen auch darüber wie über alles hinweg, wenn
ich gefräßig wie an einem Blut¬
gespielt haben muß. Sie darf nicht mit dem Zuschauer auf etwas
wir nur am Leben bleiben, was Vergessen bedeutet. Wenn der Mann
Jahre seines elenden, qualvollen
ganz Fremdes, Unerwartetes stoßen, Zufälliges, weil nicht als Be¬
noch weiter redete würde er bei der alten Schnitzlerschen Weisheit
n da oben zu erkaufen meint.
dingung mit den anderen vorbereitet, sonst dürfte sie mit dem¬
enden, daß es am schönsten ist, melancholisch in der Abendsonne zu sitzen
Voraussetzung ist aus militärischen
selben Theaterrecht eine andere Situation vorfinden, daß z. B. der
und dabei von fernher die wehmütig süßen Klänge eines Wiener
man muß gegen Voraussetzungen
Leutnant in der letzten Nacht mit einem Paar Kameraden Tarock
Walzers zu hören. Schnitzler hat sich also um eine Erfindung be¬
h zu ihrem todgeweihten Leutnant
spielt. Man kann ferner nicht für zwei Akte einen ganz parallelen
müht, die ihn selbst überwältigte, um fortzeugend Scheußliches zu
Vater, den Mörder ihres Glücks,
Ausgang nehmen. Im ersten sieht man Marie aus ihrem Zimmer
gebären, hat einen Vater durch die Tochter, eine Frau durch ihren
hädlich gemacht hat, so wird diese
fortlaufen, im zweiten das Liebespaar aus der Kammer des
Mann, einen Liebhaber durch sich selbst und dazu ein ganzes Re¬
private Herzenssache vor einen
Offiziers. Beide Male heißt es: Fort! Dem Zuschauer mißfällt
giment umbringen lassen, nur um sich einmal um sich selbst zu
estellt, der auf Heroismus weist,
das ohne zu wissen warum, dem Kritiker wird es bewußt, und
drehen, um wieder dieselbe Philosophie des Quietismus zu belehren,
uns das Leben verachten heißen.
er bittet den Dramatiker, es nicht wieder so zu machen. Hoffent¬
die sonst seine Anatoles mit bedächtig geformten Ringeln des
„Ruf des Lebens“ das bis dahin
lich findet sich für Schnitzler keine Gelegenheit, solche Rechnungen
Zigarettenrauchs von sich bliefen. Vielleicht hat er so viel erfinden
emännern, zwischen süßen kleinen
zu verbessern, und wir wünschen, den Dichter wiederzusehen, der
müssen, so weit über die ihm vertraute Welt melancholisch eitlen
uen in klugen sanften, müden
Selbstgenusses hinausspringen wollen, weil ihm nichts einfiel, weil bisher noch reich genug war, um nicht sich selbst mit den Mitteln
nweiteres Echo finden in der
se Vorstellung über die Philosophie das verbrauchte Feld, das immerhin sein eigenes war, nichts mehr der anderen, der Rechner und Macher, nachahmen zu müssen. A. E.