II, Theaterstücke 19, Der Ruf des Lebens. Schauspiel in drei Akten (Vatermörderin), Seite 110

19. Der Ruf des Lebens
box 24/2
Fen
Laper, Here mit dem 1 Kar, 2- Dyt als Obeit, mit Paten
vom 7. März 1900 in der Schutzkruppe für Südwestafrika
angestellt., 1


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* Lessing=Theater. Zum ersten Male: „Der
(Ruf des Jebenß“, Schauspiel in 3 Akten von
Artur Schtsitzler Der Antimilitarismus ist jetzt
modern. Er Bendet sich hauptsächlich gegen den alten
Horazischen Spruch, daß es süß und ehrenvoll ist, für
das Vaterland zu sterben. Dieses antimilitaristische
Thema erörtert Schnitzler in seinem neuesten Stück.
Mit den einer egoistischen Lebensanschauung und
rein materialistischer Denkweise entnommenen Beweis¬
gründen plaudert er geistreich über die Fragen, ob
man nach dem Tode noch von vorher vollbrachten
Heldentaten etwas habe, und ob es den Toten nicht
absolut gleichgültig sein könne, was nach seinem Scheiden
hier auf Erden geschehe. Der Heldenschatten des
Achilles in der Unterwelt beneidet ja den letzten der
Menschen, der noch im rosigen Licht wandel. Der
Ruf des Lebens pocht mächtig an die Brust der Männer,
die lebenskräftig sich den tödlichen Kugeln und Schwertern
der Feinde entgegenwersen. Der zäh am Leben hängende,
nahezu 80jährige alte Rittmeister Moser hat einst¬
mals, dem Ruf des Lebens nachgebend, sein Schlacht¬
roß zur Flucht gewendet und damals die Ehre seines
Regiments preisgegeben und, wie man behauptel, den
Ausgang der Schlacht zuungunsten seines Landes ent¬
schieden. Er bezweiselt noch jetzt diesen ursächlichen
Zusammenhang und wertet die Begriffe der militärischen
Ehre und Pflicht sehr gering. Jetzt, nach 30 jähriger
Friedenszeit, will das in seinem Personalbestande er¬
neuerte Regiment die alte Schmach von seiner Fahne
abwaschen. Der Oberst desselben hat den Kaiser ge¬
beten, es dorthin im Kampse zu stellen, wo sicher der
Tod die Kämpfenden erwartet. Da tönt wiederum der
Ruf des Lebens in der Brust der Todgeweihten. Die
alten Argumente des Rittmeisters Moser kehren wieder
in den jungen Offizieren, ihre Skeptik gegen die reinen
Beweggründe ihres Obersten. Der Ruf des Lebens
erlönt ihnen aus dem Munde lockender, liebender und
schöner Frauen. Auch an diese ergeht der Ruf des
Lehens. Aus der beeugenden Fessel harter väterlicher
Zucht, aus den Banden liebeloser, unglücklicher Ehe
will sie das Leben zur Freiheit führen, dorthin,
nicht mehr die blühenden Leiber ungenossen
welhen, die sehnenden Herzen verkümmern. Mit
diesen Problemen verknüpft der Dichter das¬
jenige, welches wir türzlich an anderer Stelle be¬
hanhelten, ob das Leben des dem sicheren Tode Ver¬
fallenen geopfert werden dürse, ob der Ruf des Lebens
das Recht zu Töten gebe an dem Unrettbaren. Die
Tochter tötet den unheilbar Kranken, dem Tode nahen
tyrannischen Vater, um für eine Nacht in die Arme
ihres Geliebten zu eilen. Einstmals tat Doktor Fausts
Gretchen dasselbe mit ihrer Mutter. Die Lösung der
widerstreitenden Meinungen bringt Schnitzler in die
abstrakte philosophische Formel: Wer nur an sich
selbst denkt, stirbt immer, wer aber die Zusammen¬
hänge begreist, lebt nach dem Tode sort. So gelstreich
und in der Form scharf geschliffen die Diskussionen auf
der Bühne über das interessante Thema auch sind, an
dramatischer Kraft und fortschreitender Handlung läßt?
die Rovität alles zu wünschen übrig. Scheinbar zwar ge¬
schieht auf der Bühne viel. Ein Vater wird von seiner
Tochter vergiftet, eine ehebrecherische Frau von ihrem
Manne erschossen. Aber die Handlung steht in leinem
inneren Zusammenhang mit dem Dialog.
Sie
ist
Was
ungeschickt und unwahrscheinlich.
ein
Schlastrunk für eine Nacht bewirken lönnte, wird
zur Morphiumvergistung aufgebauscht. Während die
begünstigte Nebenbuhlerin von ihrem hintergangenen
Ehemanne erschossen wird, bleibi die verliebte Vater¬
mörderin ruhig lauschend hinter einem Schranke des¬
selben Zimmers. Sie muß eiserne Nerven haben. Das
neue Stück Schnitzlers, von des Gedankens Blässe an¬
gekränkelt, hätte nicht einmal den schwachen Erfolg ge¬
habt, der ihm jetzt zuteil wurde, wenn nicht das
plächtige Spiel der Darsteller seine großen Schwächen
soweit als irgend möglich verdeckt hätte. Besonders
trefflich waren Hans Marr als der alte Moser und
Irene Triesch als seine Tochter, ferner Elife
Lehmann als seine Schwägerin und Rudolf
Rittner als Forstadjunkt. Nur Alberi Basser¬
mann verletzte das Ohr mit seinem breiten Mannheimer
R.
Dialekt als österreichischer Oberst.