II, Theaterstücke 19, Der Ruf des Lebens. Schauspiel in drei Akten (Vatermörderin), Seite 111

19. Der Ruf des Lebens
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daß der Alte auf ewig die Augen zumacht, nicht ohne der Tochterj den unreinen Geist eines
Den.= neshalungeliat.
in der vorhergehenden Szene verraten zu haben, daß gerade er es
von dem Standpunkte des
Der Ruf des Lebens.
gewesen sei, der vor dreißig Jahren als Rittmeister durch seine
trachtet. Schnitzler, der #
Feigheit die Flucht der blauen Kürassiere. verschuldet habe.
Im Lessing=Theater gelangte am vergangenen Sonnabend
zierkorps beleidigenden No##
Jetzt endlich ist Marie frei, und sie stürzt geradewegs in die
das dreiaktige Schauspiel von Artbur#
schnitler „Der Ruf des
arztes ehrengerichtlich abges
Kaserne, um sich ihrem Leutnant Max an den Hals zu werfen.
Lebens“ zur Erstaufführung. Der MenerSchriftsteller be¬
Fähigkeit, sich in das Empf
Der hat aber schon ein Liebesverhältnis mit der Gattin seines
handelt in seinem neuesten Opus das Problem des Lebens
zuversetzen, sonst würde
Obersten und wird gerade von diesem bei dem letzten Rendez¬
im Gegensatz zu dem des Todes, d. h. jenes Lebens, das für die
Rocke des Kaisers vorgeführt
vous mit der Ehebrecherin überrascht. Kurzer Hand schießt
Betätigung seiner Triebe keine Grenzen kennt, die Sitte und
welcher den Schandfleck de
der Oberst sein Weib nieder und geht dann verächtlich aus
Gesetz gezögen haben. Sich ausleben ohne Rücksicht auf die
nimmt, um es in den Unt
dem Zimmer, indem er den Leutnant seiner Reue überläßt.
Mitmenschen, das ist die Parole auch der beiden Freundinnen
falls als Held in den Tod
Schon ergreift der die Pistole, um sich eine Kugel durch den
Marie und Katharina, die uns der Autor vorführt, und unter
heit doch nur sterben will
Kopf zu jagen, da tritt Marie hinter einem Vorhang hervor
Ausleben verstehen sie nichts anderes als den schrankenlosen
mutete Untrege seiner jun
wo sie die ganze furchtbare Szene belauscht hat und bietet sich
Liebesgenuß.
der seinem von ihm schändlic
ihrem geliebten Max dar, der nicht lange zögert und sie für
todestrotzigen Soldaten vor
Die schwindsüchtige Katharina, welche die Hand des Todes
die paar letzten Stunden seines Lebens hinnimmt; rasch hüllt
im Angesichte der wegen
schon im Nacken fühlt, taumelt von Mann zu Mann, und ein
er sie in einen weißen Kürassiermantel ein und läuft mit ihr
Frau Oberst ein liebetolle
besonders perverses Vergnügen empfindet sie bei dem Schäfer¬
ab. Wie wir dann im letzten Akte erfahren, hat er Marie bei
um rasch vor dem Tode
stündchen, mit dem Leutnant von Albrecht bei den blauen
geauendem Morgen verlassen, um in die Kaserne zurückzukeh¬
befriedigen — ja, glaubt
Kürassieren, weil sie weiß, daß ihre Zärtlichkeiten die letzten sind,
ren, wo er an der Leiche seiner noch immer in der Stube lie¬
solcher moralischen Verlump
die dieser Offizier von einem Weibe genossen. Denn auf An¬
genden Frau Oberst durch Selbstmord endet. Sein Regiment
ten, für die Ehrenrettung
regung seines Obersten hat das Offizierkorps der blauen Kü¬
aber hält den Schwur und fällt bis auf den letzten Mann auf dem
zu gehen? Der Autor ist
rassiere den feierlichen Eid geleistet, bei dem bevorstehenden
Schlachtfelde. Katharina stirbt auch im letzten Akt und zwar
es war ihm vielmehr nur
Feldzuge mit dem ganzen Regimente bis auf den letzten Mann
an ihrer Krankheit; nur Marie, die vor einem freiwilligen
in den Tod zu gehen, um eine Schmach zu tilgen, die seiner
Vaterland und Heldentod zu
Ende zurückscheut, lebt ihr freudloses Dasein weiter, wobei es
denen Stellen des Dialogs d
Fahne dadurch zugefügt wurde, daß die Oesterreicher vor dreißig
sie am meisten kränkt, daß sie ihrem Leutnant Max nichts
er es mit Religion und Mo
Jahren infolge der feigen Flucht dieses Regiments eine Schlacht
weiter gewesen ist, als eine Dirne für eine Nacht! Zum Glück
österreichischen Kavallerieobe
verloren. Marie dagegen, des alten Mosers Tochter, führt
aber ist der Doktor wieder da, der fortwährend salbungsvolle
bei ihrem schwer kranken, unerträglich zänkischem Vater das
wie: „Es gibt ja auch Len
Reden hält, aber dabei Ansichten zum Besten gibt, die ihn mit
glauben“, oder „geben Sie
freudlose Dasein mechanischer, ihr bis in den Tod verhaßter
dem Staatsanwalt in Konflikt bringen müssen. Er kennt alles,
bei einer Liebschäft
Pflichterfüllung. Wohl erklang auch ihr einmal der Ruf des
was Marie auf dem Gewissen hat, aber da er das Recht des
kum des Lessingthea
Lebens, als sie auf einem Balle mit dem blauen Kürassier¬
Lebens predigt, so findet er weder an dem Vatermord noch an
leutnant Max die Nacht durchtanzte, allein seiner Bitte um ein
selbst, aber aufn
der abenteuerlichen Liebesnacht etwas besonders Verabscheuungs¬
muß ein Schr
Stelldichein gab sie aus Feigheit keine Folge, trotz jäh erwachter
würdiges; das Mädchen folgt eben dem Rufe des Lebens,
den abgegriffens
Leidenschaft zu ihrem flotten Tänzer. Tag und Nacht ver¬
das Vergangene ist auf ewig vergangen, und vielleicht, wer weiß,
in Volisversamml
zehrt sie sich nun nach ihm, bis die blauen Kürassiere in den
war alles nur ein Traum
freisinnigen Redn
Krieg ziehen, vorbei an den Fenstern ihrer Wohnung, und
Es würde zu weit führen, dem Autor in das Labyrinth
diesen Offiziersk
der Hausarzt, der eine hoffnungslose Liebe zu Marie im Herzen
seiner mystischen Andeutungen und philosophischen Geheimnis¬
gen Weiber,
trägt, ihr das Evangelium des Egoismus predigt, wobei er
me
tuerei zu folgen. Die Sentenzen und Betrachtungen der han¬
an Nymphome
ihr dringend rät, nur an sich und ihr Glück zu denken. Das
delnden Personen bleiben ja immer nur schmückendes Beiwerk;
Gleich He¬
schlägt Mariens letzte Bedenken nieder und das von Leidenschaft
Jahr,
die Hauptsache eines Stückes sind Handlung und Charakter¬
usw. hat auch
zerwühlte Weib zögert denn auch nicht länger, ihrem Vater
hnitzler in
zeichnung, mit (einen
Wort, der Totaleindruck. Nun, dieser
gewirtschaftet, weil die Wie
von den Schlaftropfen so reichlich ins Wasserglas zu gießen, war so unerquicklich wie nur möglich; denn man empfandI seiner Stücke nachgerade sat